Bund plant eigene Aufnahmezentren

Erstveröffentlicht: 
21.08.2015

Regierung rechnet mit mehr Arbeitslosen, wenn Flüchtlinge bleiben - und sieht die "schwarze Null" in Gefahr

Von Dieter Wonka

 

Berlin. Mit einem Paket von Sondermaßnahmen will die Bundesregierung das Gespräch mit Ländern und Kommunen auf dem Flüchtlingsgipfel am 24. September voranbringen. Die fachlich Zuständigen und die Verantwortungsträger in der Bundesregierung sprechen von einer "für Deutschland so nicht gekannten Herausforderung". Der Bund stellt sich auf Milliardenzahlungen ein. Jetzt schon zeichnet sich ein Maßnahmenbündel für den Flüchtlingsgipfel im September ab.


Nach Informationen dieser Zeitung denkt die Bundesregierung an die Errichtung einiger großer und zentraler Erstaufnahmezentren. Diese könnten unter Umständen auch vom Bund direkt betrieben und für die Länder verwaltet werden. In solchen Einrichtungen ließen sich die Asylanträge schnell und mit möglichst geringem Bürokratieaufwand abarbeiten, heißt es zur Begründung. Infrage kommen dafür große ehemalige Bundeswehrkasernen. Voraussetzung ist aber, dass sich einige Kommunen von eigenen Plänen für diese Leerstandsimmobilien verabschieden. Diese Erstaufnahmezentren sollen aber keine Dauereinrichtung werden.


Um unbürokratisch winterfeste Unterkünfte in ausreichender Zahl zu organisieren, auch mit verändertem EU-Vergaberecht, sollen klassische Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Dies werde vom Brandschutz über die Bebauungsordnung bis zu Ausschreibepflichten für Aufträge reichen. Darüber hinaus will man dem Medizinermangel bei der Gesundheitsuntersuchung von Flüchtlingen begegnen, indem bereits pensionierte Mediziner attraktive Zeitarbeitsangebote erhalten sollen.

 

Außerdem könnte der Gesundheitscheck mit Blick auf ansteckende Krankheiten für Fachärzte wie Augen- oder Hautärzte geöffnet werden. "Die Lage übersteigt alles, was wir gedacht haben", lautet die Begründung. Deutschland werde zum Schwerpunktland der Flüchtlinge. Aber niemand solle sich daran beteiligen, Deutschland in eine Katastrophe hineinzureden. Darin seien sich CDU, CSU und SPD bei Verabredungen der Parteispitzen einig gewesen, bestätigen Parteikreise. Es wäre aber auch nicht redlich, den Bürgern in der Bundesrepublik verlässlich klingende Prognosen über die Flüchtlingszahlen in den nächsten Jahren zu nennen. Erwartet werden wegen der instabilen Verhältnisse sehr viel mehr Flüchtlinge aus Afghanistan - während man für Balkan-Flüchtlinge mit abnehmenden Zahlen rechnet.


Sorge bereiten der Bundesregierung die möglichen Auswirkungen der Flüchtlingsbewegung auf den Arbeitsmarkt. Nach Abschluss der Asylverfahren werden die Zuwanderer Teil der Arbeitsmarkt- und Sozialstatistik. So wird im Arbeitsministerium bereits mit einem Negativtrend bei den Arbeitslosenzahlen auch für das Wahljahr 2017 gerechnet. Es gibt bereits erste Hinweise auf geschätzt 100000 zusätzliche Arbeitslose in den kommenden Monaten.


Auf den Bundeshaushalt kämen dadurch mehr als eine Milliarde Euro an Kosten zu, auch im Rahmen von Hartz IV. Im Finanzministerium wird darauf verwiesen, dass die verabredete "schwarze Null" im Bundeshaushalt in Gefahr geraten dürfte. Folglich müssten alle nicht abgeflossenen und freien Mittel, darunter eventuell auch die eigentlich für das gekippte Betreuungsgeld ausgewiesenen Gelder, der einen großen Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung zugeführt werden.


Schon jetzt werden für den laufenden Haushalt 290 Millionen Euro Zusatzkosten aufgrund der Flüchtlingssituation veranschlagt, für die noch keine Deckungsvorschläge vorliegen.