Nachdem schon im Juni die Bundespolizei bei zeitlich begrenzten Grenzkontrollen auf Grund der G7-Gipfel an den deutschen Außengrenzen rund 360.000 Menschen kontrollierte, sprach nun auch der CDU-Landtagsabgeordnete und innenpolitische Sprecher seiner Fraktion, Christian Hartmann, in einem Interview mit dem MDR von der Notwendigkeit, über das Schengener Abkommen zu diskutieren. Seiner Ansicht würden die aktuellen Entwicklungen an den EU-Außengrenzen den Eindruck vermitteln, dass einige der Staaten nicht mehr in der Lage sind, eine “unerlaubte Einreise” von Menschen zu verhindern.
Aus diesem Grund forderte er die Landesregierung dazu auf, den “Druck” auf die Europäische Union so lange zu verstärken, bis an den Außengrenzen Regelungen gegen eine “illegale Einreise” geschaffen wurden. Als Übergangslösung schlug er die Einrichtung von “Kontrollstellen […] sowohl im unmittelbaren Grenzumfeld als auch im Grenzeinzugsbereich” vor. Unterstützung für seine Forderung kam von der Alternative für Deutschland (AfD). Die AfD hatte sich ebenso wie die NPD in der Vergangenheit immer wieder für eine Wiederaufnahme von festen Grenzkontrollen ausgesprochen. Erst am vergangenen Wochenende waren an der ehemaligen deutsch-tschechischen Grenze rund 150 Menschen für Grenzkontrollen auf die Straße gegangen.
Bereits im Juni hatte sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) dafür eingesetzt, die schon bestehenden Ausnahmeregelungen zu erweitern. Obwohl die Kontrollen im Juni ursprünglich nur dazu gedacht waren, gewalttätige Demonstrantinnen und Demonstranten an der Einreise nach Deutschland zu hindern, war die Bundespolizei bei ihren Kontrollen gezielt gegen nach Deutschland geflüchtete Menschen vorgegangen und hatte dabei nach eigenen Angaben neben 135 Haftbefehlen insgesamt 10.555 “Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz” festgestellt. Wieviel potentiell gewalttätige Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Protesten durch die befristeten Kontrollen festgestellt werden konnten, blieb im Nachgang ungeklärt. Stattdessen hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Gunst der Stunde genutzt und von einem “sehr ernsten Sicherheitsproblem” gesprochen, während sein Parteikollege Andreas Scheuer den Verantwortlichen in der EU vorwarf “sich selbst zu Komplizen von Schleusern, Menschenhändlern und anderen Straftätern” zu machen.
Kritik an den Forderungen kam ausgerechnet vom Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Im Handelsblatt warnte er vor einer Anbiederung der CDU an Forderungen der AfD: “Wenn die AfD von Grenzposten träumt, an denen sich die Europäer stauen und ihre Kofferräume öffnen, sollte sich die CDU als Europapartei an solchen Träumen nicht beteiligen.” Zuvor hatte Wendt allerdings in der Passauer Neuen Presse Kontrollen nicht ausgeschlossen: “Polizeilich gesehen wäre ein Zurück zu Grenzkontrollen die beste aller Maßnahmen.” Der sächsische Grünen-Politiker Valentin Lippmann wies die Forderungen aus den Reihen der sächsischen CDU als “kleingeistig” zurück. “Derartige Forderungen sind ein Angriff auf die europäische Idee, dem es entschieden entgegenzutreten gilt.” Seiner Ansicht nach sei dies letztlich nur der Versuch, “vom Versagen der eigenen Politik abzulenken”. Es sei zudem eine “Illusion” anzunehmen, dass durch eine Wiederaufnahme von Grenzkontrollen die Einreise von Flüchtlingen verhindern könne.
Dass Hartmann und Ulbig mit ihrer Meinung in der Partei nicht alleine stehen, zeigt ein Kommentar von Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, der sich positiv über die Bestrebungen Ungarns äußerte die Grenze zu Serbien mit Stacheldraht zu befestigen. Seiner Auffassung nach seien Zäune ein geeignetes Mittel um geflüchtete Menschen zu lenken und besser zu registrieren. “Viele Länder brechen die Verträge, indem sie Flüchtlinge nicht registrieren und sie einfach weiter nach Europa schicken”, sorgt sich Kretschmer, welcher wiederum mit keinem Wort den Einsatz von Strafgefangen für das Errichten der Zäune kritisiert.
In eine ganz ähnliche Richtung schlug der deutsche Innenminister Thomas de Maizière am Donnerstag im ZDF heute journal, als er eine Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen für Asylsuchende forderte. Ob Sondereinheiten für straffällig gewordene Asylsuchende, menschenunwürdige Formen der Unterbringung oder eine Wiederaufnahme von Grenzkontrollen, eines wird aus den genannten Vorschlägen sächsischer CDU-Politiker aus der jüngeren Vergangenheit deutlich: Es geht ihnen längst nicht mehr darum, Asylsuchenden elementare Grundrechte anzuerkennen, sondern diese möglichst gar nicht erst ins Land zu lassen und damit eine zentrale Forderung von PEGIDA auf die eigene politische Agenda zu setzen.