Versuchter Totschlag an türkischem Imbissbetreiber: Nach Verurteilungen nun auch Freisprüche von fünf Angeklagten rechtskräftig

Erstveröffentlicht: 
02.07.2015

Das Landgericht Magdeburg hat vier Angeklagte unter anderem wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung eines türkischstämmigen Imbissbetreibers zu Freiheitsstrafen zwischen fünf Jahren und acht Jahren und zwei Monaten verurteilt. Fünf weitere Angeklagte hat es – wegen nicht ausschließbar gerechtfertigten Handelns – freigesprochen. Alle gehörten der rechtsextremen Szene an.

 

Die vier Verurteilungen sind bereits aufgrund der Beschlüsse des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 15. April 2015 rechtskräftig geworden. Mit Urteil vom 2. Juli 2015 hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr auch die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen die Freisprüche der weiteren fünf Angeklagten als unbegründet verworfen, heißt es in einer Mitteilung, die den Deutsch Türkischen Nachrichten vorliegt.

 

Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen getroffen: 


„Die insgesamt neun Angeklagten, die der ‘rechtsextremen Szene’ angehörten, feierten am 21. September 2013 den ‘Junggesellenabschied’ eines Mitangeklagten. Am Abend dieses Tages trafen sie in erheblich alkoholisiertem Zustand im Bahnhof von Bernburg (Sachsen-Anhalt) auf den aus der Türkei stammenden Nebenkläger, der dort einen Imbiss betrieb, und dessen Lebensgefährtin. Nachdem einer der verurteilten Angeklagten die Lebensgefährtin des Nebenklägers beleidigt hatte und zudem mit dieser in Streit geraten war, versuchte der Nebenkläger diesen Angeklagten zu vertreiben, wobei er vor ihm mit einem herbeigeholten Stock schlagende Bewegungen in der Luft machte.“

 

Der (verurteilte) Angeklagte habe eine Bierflasche gegen den Kopf des Nebenklägers geworfen, der diesem daraufhin nachsetzte, um ihn wegen des Flaschenwurfs zur Rechenschaft zu ziehen. Um ihn von Schlägen mit dem Stock abzuhalten, hätten nunmehr alle Angeklagten den Nebenkläger getreten, geschlagen und entwaffnet, wodurch er keine lebensbedrohlichen Verletzungen erlitt habe. Daraufhin hätten sich die fünf freigesprochenen Angeklagten vom Tatgeschehen abgewandt. „Als der Nebenkläger entwaffnet zu Boden gestürzt war und liegen blieb, schlugen und traten (nur) die vier verurteilten Angeklagten mit Tötungsvorsatz auf den Kopf und den Körper des Nebenklägers ein. Durch diese Schläge und Tritte sowie durch den vorausgegangenen Flaschenwurf erlitt der Nebenkläger lebensbedrohliche Verletzungen“, heißt es weiter.

 

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen die Freisprüche der fünf Angeklagten blieben jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht habe sich auf tragfähiger Grundlage – insbesondere aufgrund der Aussagen von zwei unbeteiligten Zeugen und der Lebensgefährtin des Nebenklägers – nicht davon überzeugen können, dass auch diese Angeklagten an der nach der Entwaffnung des Nebenklägers erfolgten Gewaltanwendung beteiligt waren, so die Mitteilung. Auch die Überprüfung der rechtlichen Bewertung des festgestellten Verhaltens der  Angeklagten im Zusammenhang mit der Entwaffnung des Nebenklägers als Notwehr habe keine Rechtsfehler ergeben. Nach den Feststellungen seien sie berechtigt gewesen, im Wege der Notwehrhilfe den Angriff des einen Stock mit sich führenden Nebenklägers auf einen der verurteilten Mitangeklagten zu unterbinden. Dass sie dabei das Maß des zur Abwehr Erforderlichen überschritten, habe das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.