[RZ] Linskrock für antifaschistische Perspektiven im Kreis Hzgt. Lauenburg

Linksrock fürn Euro

Zum siebten Mal in Folge lädt das «Linksrock fürn Euro» nun zu Politik und Party in Büchen: Treibender Ska, wütender Punk und gekonnter Electro sorgen fürs musikalische Wohlbefinden - Infostände bieten Gelegenheit zum politischen Austausch. Unser Konzertabend hat eine politische Botschaft: Er richtet sich klar gegen extrem rechte Strukturen und Rassismus.

 

Die rechte Szene im Herzogtum Lauenburg ist mittlerweile nicht mehr am Schrumpfen, sondern im Aufwind: Büchen und Schwarzenbek sind die neuen Zentren von aktiven rechten Gruppen. Neben den etablierten Parteikadern der NPD im Kreis Herzogtum Lauenburg, wie etwa der Kreisverbandsvorsitzende Simon Haltenhof aus Labenz, und der Jugendorganisation der NPD, der JN, deren Mitglied der Mitbegründer der mittlerweile aufgelösten Kameradschaft „Nationale Sozialisten/Nationale Offensive Lauenburg“ Dominic Rösch aus Ziethen, tummeln sich im Kreis noch immer aktive Kameradschaftler, wie Tim Jessen aus Hornbek oder Norman Krüger aus Mölln. Hinzu kommen in den letzten Jahren vermehrt Jugendliche, die sich für die rechte Gesinnung empfänglich zeigen.

 

Neben den sogenannten „Koberger Jungs“, die sich primär auf Musik, Alkohol und Fußball konzentrieren, vermischen sich im südlichen Kreis Herzogtum Lauenburg rechtsoffene Jugendliche, Fußballfans und organisierte Neonazis. Vor einigen Monaten tauchten vermehrt rechte Graffiti, Aufkleber und Plakate auf. In Büchen und Schwarzenbek betranken sich rechte Jugendliche und zogen Parolen gröhlend durch die Straßen. Im April hing in Büchen ein Transparent des „Nationalen Widerstands Schleswig-Holstein“.

Auch wenn es momentan recht ruhig scheint, sind die Neonazis nicht verschwunden. Regelmäßig tauchen Neonazis zu den Infoständen der „Anarchistischen Gruppe Schwarzenbek“ in Schwarzenbek auf und versuchen diese einzuschüchtern. Es kam auch schon zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Die anarchistische Gruppe freut sich daher immer über Unterstützung während ihrer Infotische. Die Zeiten könnt ihr ihrer Seite entnehmen.

Damit nicht genug: Bundesweit in die Schlagzeilen geriet der Landkreis durch einen rassistischen Brandanschlag. Nachdem NachbarInnen gegen die Unterbringung von sechs Geflüchteten in Escheburg protestiert hatten, machte Kim-Alexander Müller deren Unterkunft mit einem Brandsatz unbewohnbar. Die Tat ging nicht auf das Konto von Nazis – der Täter war gewöhnlicher Deutscher, der in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt. Es sind also nicht nur organisierte Neonazis in Kameradschaften, Parteien und Organisationen, oder rechte Jugendliche, die ihren Rassismus und Faschismus mitunter gewalttätig propagieren, sondern ebenfalls die bürgerliche Mitte, die gegen Asylsuchende und Flüchtlinge hetzt und ihre Unterkünfte anzündet. „Extremismus“-Vorwürfe helfen gegen solchen Rassismus nicht – so fällt unter den Tisch, dass Rassismus seinen Ausgangspunkt im Nationalismus von weiten Teilen der „Mitte“ hat: Demnach sei man DeutscheR nicht durch einen bloßen Eintrag im Pass, sondern durch eine moralische Eigenschaft, die einen pflichtbewusst zu Deutschland stehen lasse und wesenhaft von anderen unterscheide. Daher sei die Nation eine harmonische Gemeinschaft. Diese nationalistische Vorstellung hat allerdings einen Haken: Die Realität.

In der bestehenden Gesellschaft prallen lauter prinzipiell gegensätzliche Interessen aufeinander: MieterInnen gegen VermieterInnen, UnternehmerInnen gegen ArbeiterInnen, VerkäuferInnen gegen KäuferInnen. Diese Interessengegensätze lassen nirgendwo eine harmonische Gemeinschaft entstehen, im Alltag ist jedeR gezwungen, sein eigenes Interesse zu verfolgen. Wer bei all diesen ungemütlichen Gegensätzen am falschen Bild einer harmonischen Gemeinschaft aller Deutschen festhalten will, muss Schuldige für all das Gegeneinander finden. Regelmäßig trifft es all jene, die zwar hier leben, aus der Gemeinschaft der Deutschen aber herausdefiniert werden: „Ausländer“.

Einen anderen Pass zu haben oder Eltern mit anderem Geburtsland, reicht dazu aus, zu einem wesenhaft anderen Menschentypus abgestempelt zu werden: „Ausländer“ könnten Deutschland angeblich gar nicht dienen wollen, seien vollkommen anders. Deshalb wird ihnen Schuld gegeben an Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Drogen und vielem mehr. Das nationalistische Weltbild ist letztlich der Grund, wieso gewöhnliche EscheburgerInnen Rassismus gegen Flüchtlinge zeigen – und auch der Grund, wieso einer von ihnen zum Brandanschlag schritt. Es ist deshalb nicht damit getan, sich gegen Nazis und deren Rassismus zu positionieren – die Ursachen für Rassismus und Faschismus müssen ins Blickfeld geraten. Wenn «Linksrock fürn Euro» eine linke Gesellschaftskritik in diesem Sinne sichtbar machen kann, ist das ein Erfolg.

Antifa Herzogtum Lauenburg [AHL]