Nach jahrelangem Stillstand im Konflikt um die Rechte der
Kurden war in diesem Jahr die Rede von der „Demokratischen
Öffnung“. Die liberaleren Medien transportieren große
Hoffnungen und wagen sich weit vor. So wurde die Ankunft einer
unbewaffneten PKK-Friedensgruppe aus dem Nordirak am 19.
Oktober 2009 von der nationalistischen türkischen
Tageszeitung Hürriyet mit der Schlagzeile „Hört auf diese
Stimmen“ begrüßt. Journalisten konnten zeitweilig ungestraft
Interviews mit Vertretern der PKK in den Guerilla-Camps im
Nordirak führen. Anfang des Jahres hatte immerhin der türkische
Präsident Abdullah Gül erstmals die kurdische Frage als
wichtigste nationale Angelegenheit definiert. Nach
jahrelanger militärischer Auseinandersetzung,
Vertreibung, Folter, Morden und Negation der kurdischen
Bevölkerung könnte dies als erstes Zeichen zur Konfliktlösung
gewertet werden.
Gleichzeitig geht jedoch die systematische Repression und der schmutzige Krieg weiter. Bei Verhaftungen und Verbot ziviler kurdischer Organisationen, parlamentarisch abgesegneter Luftangriffe im Südosten der Türkei bis hin zu extralegalen Erschießungen durch die Polizei erscheint dies als Lippenbekenntnis, und weckt bei der drangsalierten Bevölkerung Erinnerungen an düstere Zeiten der Folter und des staatlichen Terrors der 80er und 90er Jahre. Insbesondere da seitens der kurdischen Guerilla in den Bergen seit Jahren einseitig ein Waffenstillstand gehalten wird und bereits in den 90gern die Forderung nach einem eigenen Kurdenstaat fallen gelassen wurde. Die Vorschläge zur Demokratisierung und für einen Friedensprozess fanden bisher kein Gehör.
Dass es vielseitige Bestrebungen in der Region gibt und neben der PKK zahlreiche Bewegungen der kurdischen Zivilgesellschaft aktiv sind, zeigte sich beim 1. Mesopotamischen Sozialforum, welches vom 26. bis 30. September 2009 in Diyarbarkir/Amed stattfand. Über 2.000 Menschen aus der ganzen Welt, insbesondere aus Nahost, trafen zusammen um sich zu Themen wie Menschenrechte, Wasserprivatisierung, alternatives Regieren, Frauenrechte und -kämpfe, Kooperativen, Frieden im Nahost, Zugang zu Ressourcen und natürlich auch zur „kurdischen Frage“ auszutauschen. Parallel dazu wurde das Amed Camp von europäischen Graswurzlern und der lokalen Frauen- und Jugendbewegung organisiert. Auch hier fanden reger Austausch, Begegnungen, Workshops und Diskussionen statt.
Mit unserer Veranstaltung möchten wir über das 1. Mesopotamische Sozialforum und über die tagesaktuelle politische Situation informieren. Die Referenten haben am Sozialforum teilgenommen und waren Anfang Oktober mit einer Delegation des Komitees für Demokratie und Grundrechte im Konfliktgebiet unterwegs. Sie haben die Stimmen der Zivilbevölkerung und engagierter Menschen, wie Rechtsanwälte, AktivistInnen, Stadträte und Vertretern des Menschenrechtsvereins IHD aufgefangen und berichten von ihren Erfahrungen.
Samstag | 19.12.2009 | 20:00 Uhr | SUSI-Café Freiburg-Vauban
Die Veranstaltung wird von Caracol Freiburg und der Antifaschistischen Linken Freiburg organisiert. Der Eintritt ist natürlich wie immer frei.
Weitere Infos:
www.antifaschistische-linke.de
Mehr lesen:
Website des 1. Mesopotamischen Sozialforums
Website des Amed Camps
Informationsstelle Kurdistan
Kurdistan Report
Azadi Rechtshilfefonds e.V. für Kurdinnen und Kurden
Texte von Nick Brauns
Kurdistan-Solidaritätskomitee Berlin