Abschiebung in Erfurt gestoppt - Kinder geben Anstoß für erfolgreiche Blockade gegen Abschiebung in Erfurt.

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Abschiebung in Erfurt gestoppt  - Kinder geben Anstoß für erfolgreiche Blockade gegen Abschiebung in Erfurt

Nachdem ein Kind ihren Eltern, die in der Initiative Roma Thüringen aktiv sind, von der Abschiebung einer Schulfreundin erzählt hat, organisierten sich spontan Menschen, um Widerstand zu leisten. Ca. 150 Menschen fanden sich daraufhin am Montag, den 23.02.2015, gegen 21.00 Uhr vor dem Lager in der Stauffenbergallee 25 ein, um die Abschiebung der Familie K. zu verhindern.

 

Die Abschiebung wurde abgebrochen, nachdem der Einsatzleiter der Polizei, Thomas Ziegler gegen 22:30 Uhr erklärte, seine Beamten würden heute keine Abschiebung durchsetzen. Die Aktion war ein deutliches Signal, dass Menschen in Erfurt zusammenhalten und zusammen leben wollen. Von den Balkonen aus konnten Geflüchtete seit langer Zeit eine Menschenansammlung beobachten, die nicht sich nicht in feindlicher Absicht zusammengefunden hatte. Dafür gab es Tee, Applaus und lächelnde Gesichter für die Menge vor dem Haus. Viele Geflüchtete solidarisierten sich und nahmen an der Blockade teil. Schon letze Woche Dienstag, den 10.02.2015, fand eine Kundgebung der Kampagne „Memedovich bleiben – Alle Bleiben!“ vor der Ausländerbehörde in Erfurt statt, die sich klar für ein Bleiberecht aller ausgesprochen hatte.

 

Familie K. war 2014 aus Kambodscha bis nach Deutschland geflohen. Die dreiköpfige Familie sollte nach Tschechien abgeschoben werden, wo sie zum ersten Mal das Gebiet der Europäischen Union betreten hatte. Grund dafür ist die Dublin-III Verordnung, die vorsieht, dass Geflüchtete dort ein Asylverfahren zu durchlaufen haben, wo sie zum ersten Mal EU-Territorium betreten haben. Unmittelbar vor der angekündigten Abschiebung nach Tschechien äußerte die Mutter der Kinder ihrem Freundeskreis in Erfurt, warum sie nicht nach Tschechien könne: „Ich habe Angst, dass meine Kinder in Tschechien nicht zur Schule gehen können.“ Tatsächlich ist über die Bedingungen für Asylsuchende im östlichen Nachbarland wenig bekannt. Die zunehmende Überlastung in den EU-Grenzstaaten, wie in Italien, Griechenland oder Bulgarien lässt keinen Raum für Zuversicht. „Ich weiß nicht, ob wir genug zum Leben haben, wenn wir dort leben müssen“, so Chhun K. weiter. „Ich möchte, dass meine Kinder hier zur Schule gehen können und ich möche selbst die deutsche Sprache lernen und hier Arbeit finden.“

„Die mit der Dublin-III Verordnung verlagerte Verantwortung für Schutzsuchende in die EU-Grenzstaaten bedeutet zunehmend katastrophale Bedingungen, wie Obdachlosigkeit und Armut, von denen ganze Familien mit kleinen Kindern betroffen sind“, erläutert Alexandra Hoffmann des Freundeskreises der Familie K. aus Erfurt.

 

Die neue Thüringer Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Prüfung der Abschiebepraxis vereinbart. In der Öffentlichkeit haben sie sich mit dem in Thüringen offiziell erlassenen Winterabschiebestopp ein menschenfreundliches Image zugelegt. Gleichzeitig finden aber weiter Abschiebungen statt. „Der Winterabschiebestopp ist an sich schon nur eine temporäre Einrichtung und ab April kann offiziell wieder abgeschoben werden. Aber selbst jetzt werden Asylsuchende von der Polizei abgeholt und weggeschafft, nur weil es amtsdeutsch Überstellung genannt wird. Abschiebungen sind immer ein gewaltsamer Eingriff in das Leben von Menschen und mit einem selbstbestimmten Leben nicht vereinbar“, beklagt Alexandra Hoffmann.

 

Presseberichte:
MDR.de, 24.02.2015
Thüringer Allgemeine online, 24.02.2015
Infoladen Sabotnik, 24.02.2015

https://www.facebook.com/roma.thuringen