Suhl: Fünfter SÜGIDA-Marsch in Folge begleitet von Gegenprotesten

Suhl: Fünfter SÜGIDA-Marsch in Folge begleitet von Gegenprotesten

Nunmehr zum fünften Mal in Folge zog am Montag, dem 09. Februar, ein Mob aus Neonazis und anderen Rassisten unter dem Label SÜGIDA durch Suhl. Der Aufmarsch war wie immer begleitet von Gegenprotesten. Am kommenden Montag findet kein Naziaufmarsch statt. SÜGIDA lädt stattdessen zu einer Saalveranstaltung.

 

Naziaufmarsch

Auf Seiten von SÜGIDA verlief es ähnlich wie schon die Woche zuvor. Mit 400-500 Teilnehmern waren es nur unwesentlich weniger Nazis und Rassisten als vergangenen Montag. Den Auftakt bildeten wieder eine Rehe von Videopräsentationen, die ganz im Zeichen des dieswöchentlichen Mottos der „Ausländerkriminalität“ standen. Dieses Motto war gewählt worden, nachdem eine Auseinandersetzung im Suhler Flüchtlingsheim der Woche zuvor von den Organisatoren von SÜGIDA, dem „Bündnis-Zukunft-Hildburghausen“ (BZH), zur Geiselnahme mit SEK-Einsatz umgelogen wurde. Man erhoffte sich dadurch beim BZH einen Aufschwung für die SÜGIDA-Teilnehmerzahlen. Die Taktik ging nicht auf – diejenigen, die es diese Woche zum Platz der deutschen Einheit trieb, waren jene, die schon seit Wochen die SÜGIDA-Aufmärsche besuchen, um ihren Rassismus zu propagieren und nach außen zu tragen.

Der vorher groß angekündigte Hauptredner des Tages war der wegen Volksverhetzung verurteilte Holocaust-Leugner und ehemalige Vorsitzende des Thüringer Bundes der Vertriebenen (BdV), Paul Latussek, der bereits beim zweiten SÜGIDA-Aufmarsch sprach. Was er da zum Besten gab, war aus dem lautstarken Gegenprotest heraus unmöglich zu verstehen. Als sicher kann aber gelten, dass Latussek nicht an geschichtsverdrehenden Aussagen gespart hat.

Nachdem auf der Auftaktkundgebung also das übliche Programm aus Rassismus, Nationalismus und Geschichtverdrehung aufgefahren wurde, und man auch die Gelegenheit nutzte, um klarzustellen, dass man ebenso offen antisemitisch sei, zog der SÜGIDA-Marsch, wie bereits die Woche zuvor, nach dem Singen der drei Stophen des Deutschlandliedes, nicht durch die Suhler Innenstadt, sondern Richtung Busbahnhof.

 

Protest

In dieser Woche fanden sich etwa 200-300 Menschen ab 18 Uhr am Suhler Markt ein, um der zivilgesellschaftlichen Kundgebung gegen SÜGIDA beizuwohnen. Auch prominente Vertreter aus der Politik waren zugegen. So hielt zum Beispiel der Vorsitzende der jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, eine Rede und Finanzministerin Heike Taubert (SPD) war vor Ort.

Auch Iris Gleicke (SPD) aus Schleusingen, Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer sowie für Mittelstand und Tourismus, nutzte die Bühne, um „Gesicht zu zeigen“. Sie sprach sich dort gegen die Verwendung des Extremismusbegriffs aus, der den Gegenprotest spalten würde, indem er antifaschistisch engagagierte Menschen mit den Nazis gleichsetze. Ihr Worte fanden großen Applaus. Eigentlich erfreulich, stünde es nicht gänzlich im Widerspruch zu einem Ende Januar verabschiedeten Stadtratbeschlusses, indem man sich anlässlich von SÜGIDA und der Form der Gegenproteste gegen jeden Extremismus aussprach.

Zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr setzte sich vom Marktplatz aus ein Demonstrationszug in Richtung des Congreß-Cetrum-Suhl (CCS) in Bewegung, wo, wie bereits die Woche zuvor auf den Stufen des CCS die SÜGIDA-Kundgebung durch Zwischenrufe gestört wurde und dem SÜGIDA-Hauptredner des Tages durch „Latussek vertreiben – Flüchtlinge bleiben“-Rufe ein würdiger Empfang bereitet wurde. Laut Polizeiangaben wurde nach der Kundgebung vor dem CCS gegen zwei der Teilnehmer des Gegenprotestes Anzeige erstattet. Hier nocheinmal der Hinweis: Wenn ihr von Repression in Folge der Teilnahme an den Gegenprotesten betroffen seid, meldet euch bei der Roten Hilfe Südthüringen.

Bürgerforum
Ein Teil derer, die sich zusammen mit den Gegendemonstranten vom Markt zum CCS bewegten, wohnte nicht der Gegenkundgebung auf den Treppen vorm CCS bei, sondern beteiligte sich an einem im Simson-Saal des CCS ausgerichteten Bürgerforum. Dieses wurde nicht, wie die Woche davor, von der CDU veranstaltet, sondern von einer Initiative um den ehemaligen Zella-Mehliser Stadtrat Karl Nehring. Diesmal war Bodo Ramelow vor Ort, um Fragen zu beantworten. Zur Enttäuschung vieler Teilnehmer gestaltete sich das Bürgerforum allerdings nicht so, dass man nun Gelegenheit hatte, dem gewählten Volksvertreter ein Versagen der offiziellen Politik vorzuwerfen, damit dieser sich rechtfertigen könne und Verbesserungsmöglichkeiten in den Raum stelle, sondern die Veranstaltung wurde so gestaltet, dass die Besucher untereinander das Gespräch suchen sollten. Die Teilnehmer sollten sich an Tischen zusammenfinden, um selbst über vorgegebene Themen zu diskutieren. Das sorgte wohl für einige Enttäuschung bei denen, die gekommen waren, nicht um zu diskutieren, sondern um die eigenen Ressentiments loszuwerden. Trotzdem das Ganze eher interaktiv gestaltet war, war es das Anliegen des Bürgerforums, in dessen Zentrum die Ausseinandersetzung mit Fragen rund um das Flüchtlingsheim auf dem Suhler Friedberg stand, sich der „Ängste der Bürger“ anzunehmen, also rassistische Ängste ernst zu nehmen, nicht wie wir es fordern (vgl. Transparent), sondern um einen Dialog anzustreben, der dem Rassmismus somit auch eine gewisse Berechtigung einräumt.

Die Dialogbereitschaft kennt allerdings Grenzen, denn natürlich muss man sich bei allem Verständnis für den „besorgen Bürger“ als offizieller Vertreter der Landesregierung vom Rassismus, wie er von SÜGIDA offen auf die Straße getragen wird, abgrenzen. Schließlich ist das ja auch eines der Hauptanliegen, wenn nun plötzlich das Interesse am seit Wochen in Suhl stattfindenden Naziaufmarsch entsteht. So wurden mehrere Menschen zu Beginn der Veranstaltung des Saals verwiesen, als diese „Volksverräter“-Rufe anstimmten.

 

Fazit

In dem Bürgerforum als Dialog zwischen Vertretern der Landesregierung und „besorgten Bürgern“ kann der Versuch gesehen werden, den Rassismus, dem man durch Dialogbereitschaft gewissermaßen Legitimation erteilt, in institutionelle Bahnen zu lenken und auch für den Gegenprotest ist ähnliches zu erwarten. So hat Bodo Ramelow angekündigt, dass das Landeskabinett nun regelmäßig bei den No-Sügida-Veranstaltungen vertreten sein werde. Dass dann eine Abgrenzung auch zur anderen Seite der sich halluzinierten extremistischen Ränder hin geschieht, steht zu befürchten. Schließlich werden Vertreter der Landesregierung es nicht riskieren mit „Nie wieder Deutschland“-rufenden Gegendemonstranten abgelichtet zu werden. Und auch in unserem Interesse ist es nicht, geschlossen für ein besseres Deutschland zu demonstrieren. Wir werden auch in Zukunft gegen Deutschland und seine Zustände, in denen allwöchentlich Menschen durch Suhl und andere Städte marschieren, um zusammen mit organisierten und gewaltbereiten Neonazis ihrem Nationalismus und Rassimus zu frönen, auf die Straße gehen. Der SÜGIDA-Aufmarsch für kommenden Montag, den 17. Februar, wurde durch die Organisatoren abgesagt. Bisher kündigen sie nur eine Saalveranstaltung an. Es ist nicht auszuschließen, dass sich trotzdem am kommenden Montag Nazis zu spontanen Demonstrationen oder Aktionen in Suhl treffen werden. Weitere Informationen werden in den kommenden Tagen folgen. Bisher mobilisieren die Nazis für den Montag in zwei Wochen zum sechsten Aufmarsch nach Suhl.

 

Bilder findet ihr auf unserer Sonderseite: fucksuegida.blogsport.de

 

Antifa Suhl/Zella-Mehlis für das FUCK SÜGIDA Bündnis