Staatskanzlei nennt "gekaufte Demonstranten" Unfug

Erstveröffentlicht: 
05.02.2015

Pro und Kontra Pegida - dieses Thema polarisiert derzeit wie kein zweites und zwar hochemotional. So kursieren weiterhin wilde Verschwörungstheorien. Allen voran die von den angeblich seitens der Staatsregierung "gekauften" Gegen-Demonstranten. Auch wenn das entkräftet ist: Es bleibt die Frage, inwieweit eine Landesregierung in einem gesellschaftlichen Konflikt Partei ergreifen darf und ob Steuergelder für diese Parteinahme ausgegeben werden sollten.

 

35.000 Menschen waren am 10. Januar dem Aufruf der sächsischen Staatsregierung und der Stadt Dresden gefolgt und hatten sich auf einer Großkundgebung in der sächsischen Landeshauptstadt gegen den Geist von Pegida gewandt. Dass Teilnehmer an diesem Ereignis für ihr Erscheinen bezahlt worden seien, weist die Staatsregierung als "kompletten Unfug" zurück.

 

"Gerücht stimmt nicht"


Lea Mock ist stellvertretende Regierungssprecherin und sagt: "Für diese Veranstaltung 'Für Dresden, für Sachsen – für Weltoffenheit, Mitmenschlichkeit und Dialog im Miteinander', die große Veranstaltung am 10. Januar, zu der die Staatsregierung und auch die Stadt Dresden gemeinsam aufgerufen hatten, sind zu keiner Zeit Teilnehmer oder Demonstranten bezahlt worden." Vielmehr habe es Unterstützung aus allen Teilen der Gesellschaft gegeben: "Die Vereine und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, wie Gewerkschaften, Kirchen, Sport, haben von sich aus aufgerufen und diese Aktion unterstützt", so Mock. Entsprechend dementiert die Regierungssprecherin: "Kurzum: Dieses Gerücht, das sich offensichtlich hartnäckig hält, stimmt einfach nicht!".

 

15 Promoter engagiert


Das gleiche gilt für eine frühere Anti-Pegida-Veranstaltung, die gut einen Monat vorher, am 8. Dezember, in Dresden stattfand. Laut Gerüchteküche soll eine Dresdner Agentur im Auftrag der Staatskanzlei Teilnehmer hinzugekauft haben. Ebenfalls Unfug, so Lea Mock: "Am 8. Dezember - da gab es ja auch schon einmal eine Veranstaltung 'Dresden für alle' - da sind 15 Promoter engagiert worden, die lediglich Luftballons verteilt haben. Auch hier ist nichts mit bezahlten Teilnehmern oder Demonstranten passiert."

 

Lengsfeld kritisiert staatliches Einmischen


"Promoter" – das ist Marketing-Sprech: So nennt die Branche Aushilfskräfte, die zeitlich befristet für "Promotions", also für Werbeaktionen, angeheuert werden. Die 15 Aushilfen, die hier über eine Agentur angeheuert wurden, haben an verschiedenen Stellen die bunten Luftballons verteilt. Der DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld geht jedoch sogar das noch zu weit: "Ich bin der Auffassung, dass es keine Demonstrationen geben darf, zu der der Staat oder die Landesregierung aufruft und dass dann auch Mittel der Regierung dafür eingesetzt werden. Das ist ein Kennzeichen von Diktaturen. Wir hatten das in der DDR. Und das möchte ich im demokratischen Deutschland nicht haben." Lengsfeld hat zudem verfassungsrechtliche Bedenken, denn im Grundgesetzt ist verankert, "dass sich der Staat und seine Institutionen neutral, weltanschaulich neutral zu verhalten haben. Das ist eine der wichtigsten Lehren aus der Nazi-Diktatur. Und die darf nicht außer Kraft gesetzt werden“, so Lengsfeld.


In Dresden, wo sich Stadt und Landesregierung wiederholt mit Bekenntnissen für Weltoffenheit und Toleranz gegen Pegida positioniert hatten, wurde für Lengsfeld die rote Linie überschritten: "Die sehe ich überschritten, denn es haben staatliche Stellen, zum Beispiel Landratsämter, zu dieser Demonstration aufgerufen. Und es sind ganz eindeutig Mittel aus der Landeskasse geflossen zur Unterstützung dieser Demonstration." Und so bleibt es am Ende eine Definitionsfrage, ob die Dresdner Großveranstaltungen eine Verletzung der staatlichen Neutralitätspflicht darstellen oder die völlig legitime Selbstdarstellung einer demokratischen Institution.