Widerstand gegen Legida: Leipzig stellt sich auf Großproteste mit tausenden Teilnehmern ein

Erstveröffentlicht: 
06.01.2015

Leipzig. Fußballvereine und Studenten zeigen Flagge, Kirchen, Künstler, Gewerkschaften und viele weitere Initiativen rufen zum Protest auf: Ein breites Bündnis will am Montag der anti-islamischen Legida-Demonstration in Leipzig entgegentreten. Auch in Halle und Grimma formiert sich inzwischen Widerstand für den 12. Januar. Es wird mit tausenden Teilnehmern beim Sternmarsch am Waldplatz und den bislang sieben angemeldeten Gegendemos gerechnet. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) lud am Montagabend alle Beteiligten zu einem runden Tisch ins Neue Rathaus ein und begrüßte das klare Signal gegen Fremdenfeindlichkeit.

 

„Ich freue mich, dass sich in Leipzig mit Blick auf die für den 12. Januar angemeldete Legida-Demonstration ein solch vielfältiges Netzwerk zusammengefunden hat und klar Position bezieht“, sagte Jung am Dienstag. „Leipzig war schon immer eine weltoffene Stadt und ist groß geworden, weil immer wieder Menschen zu uns gekommen sind. Das ist so und soll so bleiben. Es gibt nicht Menschen erster und zweiter Klasse – wer hier ist gehört zu uns.“ Insgesamt 40 Vertreter – darunter Sozial- und Wohlfahrtsverbände, die Fraktionen im Stadtrat und die in der Sache vereinten Fußballklubs Lok und Chemie Leipzig – folgten Jungs Ruf. Sie alle treten gemeinsam für eine vielfältige, weltoffene Stadt ein.

Ordnungsamt berät mit Anmeldern – Legida erwartet bis zu 6000 Teilnehmer


Am kommenden Montag ab 18.30 Uhr wollen die „Leipziger gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Legida) erstmals in der Messestadt demonstrieren. Der „Abendspaziergang“ soll von der Red-Bull-Arena durch das Waldstraßenviertel führen. Über die genauen Routen des Aufmarschs sowie der Gegenaktionen wurde am Dienstag nach Informationen von LVZ-Online bei Kooperationsgesprächen mit den Anmeldern im Ordnungsamt beraten. Ergebnisse sollen erst am Mittwoch bekanntgegeben werden.

Laut Anmeldung der Legida beim Ordnungsamt wird inzwischen mit bis zu 6000 Teilnehmern gerechnet – doppelt so viele wie noch in der Vorwoche. Ob sich tatsächlich so viele dem Leipziger Ableger der Dresdner Pegida-Bewegung anschließen, ist jedoch fraglich. Bei Facebook haben sich – auch wenn die Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind – bislang rund 600 Menschen für den „Abendspaziergang“ angemeldet. Die Gegenproteste unterstützen dagegen mehr als 20.000 Nutzer – und die angekündigten "NoLegida" -Protestaktionen werden täglich mehr.

Imageschaden für die Region Leipzig befürchtet


So kündigte am Dienstag auch Grimmas Bürgermeister Matthias Berger (parteilos) an, sich nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche um 17 Uhr in den um 17.45 Uhr am Waldplatz beginnenden Sternmarsch einzureihen. Aus der Muldestadt sollen zwei Busse nach Leipzig fahren. Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) sowie die Grimmaer Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Die Linke) und Svend-Gunnar Kirmes (CDU) wollen sich ebenfalls am Protest beteiligen.

„Das bisher praktizierte Ignorieren oder das einfach in die rechte Ecke Stellen all derer, die sich der Pegida-Bewegung allmontaglich anschließen, ist der falsche Weg“, mahnte Berger. „Ängste resultieren zum größten Teil aus Unkenntnis, sollten aber trotzdem ernst genommen werden“, forderte der Grimmaer OB dazu auf, sich inhaltlich „mit den Gründen des Phänomens Pegida“ auseinanderzusetzen.

Berger sieht durch die fremdenfeindlichen Demonstrationen, die am Montag rund 18.000 Menschen in Dresden auf die Straße getrieben hatten , einen „erheblichen Imageverlust“ für die Region mit noch nicht abschätzbaren negativen Konsequenzen für Wirtschaft, Tourismus und der politischen Außenwirkung. „Sollte es uns gemeinsam nicht gelingen, der Legida-Bewegung in Leipzig Einhalt zu gebieten, wäre auch unsere Region beschädigt“, so Berger.

 

Hallesche Studenten und Pfarrer Wolff trommeln zum Protest


Auch Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg rufen zum Protest auf. Am Mittwoch wollen sie vor der Mensa „Tulpe“ auf dem Universitätsplatz auf ihr Anliegen aufmerksam machen, wie der Verdi-Landesbezirksfachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung mitteilte. „Erschrocken nehmen wir zur Kenntnis, wie viele Menschen bei Pegida-Demonstrationen mitlaufen. Wir können und wollen nicht abwarten, bis dieser Spuk auch hier bei uns in Halle Einzug hält“, erklärte Fachbereichsleiterin Anne Voß.

Eine Petition des ehemaligen Thomaskirchenpfarrers Christian Wolff für das Grundrecht auf Asyl und eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen hatten bis Dienstag bereits mehr als hundert Persönlichkeiten aus dem städtischen Leben unterzeichnet. Darunter sind inzwischen auch der amtierende Handwerkskammerpräsident Claus Gröhn, Sparkassen-Vorstand Harald Langenfeld sowie die Junge Union Leipzig.

"Wir können die Hetze einfach nicht akzeptieren": Initiator der "No Legida"-Seite im Interview mit LVZ-Online