Leipzig: Körperverletzung im Amt - zwei Beschuldigte wegen Chemikalien-Einsatz

Angeblicher "Wasser"-Einsatz in Schönefeld. Foto: flickr, caruso.pinguin.

Gegen zwei BeamtInnen der sächsischen Bereitschaftspolizei, die im Februar 2014 eine Chemikalie aus einem Hochdrucklöscher auf Teilnehmende einer antirassistischen Kundgebung in Leipzig-Schönefeld gesprüht haben sollen, wird wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt ermittelt.

 

Das geht aus einer neuerlichen Anfrage der Linksfraktion im Landtag hervor. Bisher hatte die zuständige Staatsanwaltschaft Leipzig verlauten lassen, noch „gegen Unbekannt“ zu ermitteln – obwohl Bildmaterial vorliegt, das mutmaßlich beteiligte PolizistInnen zeigt, die ein auffälliges Sprühgerät und vermutlich eine Pfefferspray-Kartusche betätigen. (Siehe die Berichte vom 4. Februar, 14. März, 19. März, 27. März und 7. August 2014)

 

„Grundsätzlich unzulässig“, …


Infolge des Einsatzes hatten Betroffene von Augenreizungen berichtet und über den Einsatz von Reizgas gemutmaßt, mindestens eine Strafanzeige ging ein. Die Polizei dagegen behauptete zunächst fälschlich, es sei nur Wasser versprüht worden. Klarheit brachte erst eine Landtagsanfrage der Linksfraktion: Demnach wurde eine Frostschutzsubstanz mittels eines Spezialfeuerlöschers versprüht, der zum Ablöschen von Pyrotechnik benutzt wird. Gegen Menschen ist der Einsatz jedoch „grundsätzlich unzulässig“.

 

Wie nunmehr das Innenministerium mitteilte, halten die Ermittlungen gegen die beiden beschuldigten BeamtInnen an, der Ausgang des Verfahrens ist offen. Wohl auch deshalb hält man sich mit weiteren Angaben zum Hergang des Einsatzes zurück. Ursprünglich hieß es aus Dresden, die – dort offenbar schon länger namentlich bekannten – BeamtInnen hätten sich gegen „körperliche Angriffe“ verteidigt. Laut Leipziger Volkszeitung wird diese Darstellung aber durch andere PolizistInnen bestritten.

 

…aber mehrfach straffrei


Infolge des Schönefeld-Einsatzes hatte sich außerdem ergeben, dass es sich nicht um einen „Einzelfall“ handelte, von dem Innenminister Ulbig zunächst sprach: Auch bei zwei Dynamo-Spielen im Juli und Oktober 2013 ist der Speziallöscher eingesetzt worden, immer durch die sächsischen Bereitschaftspolizei mit Ulrich Bornmann als Präsident. Herausgestellt hatte sich das erst, nachdem der Innenminister einen Prüfbericht bei seinem Spitzenbeamten angefordert hatte.

 

In den beiden Dynamo-Fällen wurden im Nachhinein Strafanzeigen von Amts wegen gefertigt. Hier allerdings wurden die Ermittlungsverfahren „gegen Unbekannt“ bereits eingestellt: Da sich keine Geschädigten meldeten, wurden die Vorfälle lediglich als versuchte fahrlässige Körperverletzungen gewertet – die nicht strafbar sind. Ein Vorsatz ließ sich den BeamtInnen nicht nachweisen. Sie wurden nicht einmal identifiziert.

 

Früherer BePo-Präsident macht Karriere


Bornmann, dem bis dahin obersten Bereitschaftspolizisten im Freistaat, hat nichts davon geschadet. Vielmehr wurde er Anfang Juni zunächst zum Innenministerium versetzt, ins Referat „Einsatz“, das für Einsatzplanungen zuständig ist und die Fachaufsicht auch über die Bereitschaftspolizei führt. Ein Zusammenhang mit dem Feuerlöscher-Gebrauch wurde damals dementiert, um eine Degradierung handelte es sich ohnehin nicht.

 

Vielmehr hieß es, dienstrechtliche Konsequenzen gegen Bornmann würden vom Ausgang der Ermittlungsverfahren abhängen. Mit solchen Konsequenzen ist aber nicht ernstlich zu rechnen. Denn Bornmann soll nun übereinstimmenden Presseberichten zufolge den Dresdner Polizeipräsidenten Dieter Kroll ersetzen, der in den Ruhestand tritt.

 

Kroll hatte im Zusammenhang mit den jährlichen Naziaufmärschen zum 13. Februar und wirksamen Gegenprotesten von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ gesprochen und unter anderem den Einsatz von Funkzellenabfragen angekündigt. Genau darüber war sein Vorgänger Dieter Hanitsch im Jahr 2011 gestolpert: Das Innenministerium hatte ihn abberufen, nachdem die exzessive und rechtswidrige Erfassung von Mobilfunkdaten („Handygate“) bekannt geworden war.