Stadt verhängt strenge Verbote gegen 20 SC-Ultras

Erstveröffentlicht: 
11.12.2014

SC Freiburg

 

Das Ordnungsamt der Stadt Freiburg hat gegen eine Gruppe von Fans des SC Freiburg drastische Maßnahmen ergriffen: Sie dürfen bei Heimspielen das Gebiet rund ums Stadion, die Innenstadt und Teile des Stühlinger nicht betreten.

 

Das Verbot des Ordnungsamtes gilt seit Ende Juli und noch bis Weihnachten. Außerdem dürfen die Anhänger nicht zu Auswärtsspielen fahren.

Um die Fahrten zu den Auswärtsspielen zu verhindern, müssen sich die Fans an den Spieltagen bei der Polizeidienststelle ihres Wohnorts melden. Die Betretungsverbote und Meldeauflagen – Letztere können nur die Wohnorte, in denen die betroffenen Fans wohnen, erlassen – gelten für alle Spiele der ersten und zweiten Mannschaft des SC Freiburg. Halten Sie sich nicht an die Verbote beziehungsweise Auflagen, droht ihnen ein Zwangsgeld von 500 Euro. Die Verbotsbescheide und Meldeauflagen kosten die Betroffenen zudem eine Verwaltungsgebühr von 100 bis 150 Euro.

Nicht alle haben Stadionverbot

Insgesamt sind 20 Anhänger betroffen, bestätigt Bürgermeister Otto Neideck. Gegen längst nicht alle der Betroffenen hat der SC Freiburg auch ein Stadionverbot verhängt. Versuchte Körperverletzung, Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Widerstand gegen die Polizei und Einsatz von Pyrotechnik werden den Anhängern zu Last gelegt. Für acht der 20 Betroffenen hat die Supporters Crew Fakten geliefert: Ihnen werden 39 Vorfälle angekreidet, allerdings kam es nur in vier Fällen überhaupt zu Verurteilungen (wegen Beleidigung, Widerstandshandlungen, Körperverletzung und dem Zünden von Pyrotechnik). Manche der von der Polizei aufgeführten 39 Delikte reichen Jahre zurück. Die acht betroffenen Fans haben Widerspruch eingelegt, bis jetzt wurden alle von der Behörde abgelehnt. Der nächste Schritt ist der vors Verwaltungsgericht Freiburg. Bislang fand aber noch in keinem der Fälle eine Verhandlung statt.

Mit Unverständnis haben Gemeinderäte der Fraktionen von Grünen, SPD, Unabhängigen Listen und der JPG (Junges Freiburg – Die Partei – Grüne Alternative) reagiert. Die Verbote seien schlichtweg rechtswidrig und politisch falsch, sagt der Jurist und Grünen-Stadtrat David Vaulont. Er spricht von einer "massiven repressiven Maßnahme". Der Freiburger Anwalt und UL-Stadtrat Michael Moos kritisiert, dass den Betroffenen vor Aussprechen des Verbots keine Anhörung gewährt wurde, dies sei eigentlich selbstverständlich. Zudem handle es sich um eine "gravierende Einschränkung der Freizügigkeit", die unverhältnismäßig sei. Proteste kommen auch von den Ultragruppierungen Corrillo, Supporters Crew und Natural Born Ultras. Sie haben zusammen mit Vaulont und Moos sowie Irene Vogel (Unabhängige Frauen), Julia Söhne (SPD), Timothy Simms (Grüne), Sergio Schmidt und Simon Waldenspuhl (JPG-Fraktion) in einer Erklärung zu der Sache geäußert (Zur Erklärung – PDF). Darin heißt es, dass Maßnahmen in dieser Größenordnung einmalig seien. "Hier wird eindeutig mit Kanonen auf Spatzen geschossen."

Unter einigen der Fans, die zwischen 17 und 30 Jahre alt sein sollen, sei eine große Betroffenheit gewesen, sagt Mirko Schumacher vom Jugendhilfswerk (JHW), das das Fanprojekt an der Schwarzwaldstraße betreut. Die Gründe für die Verbote und Auflagen habe keiner der Betroffenen nachvollziehen können. Schumacher kritisiert, dass das Fanprojekt des JHW, das etwa 150 bis 200 SC-Fans aktiv nutzen, von Polizei und Ordnungsbehörde gar nicht mit einbezogen wurde. "Wir haben so viel Wissen im Fanprojekt. Ich hätte bei einigen Fans eine Meinung gehabt", sagt Schumacher und fügt hinzu: "Natürlich haben die zum Teil Mist gebaut", er wolle auch nichts verharmlosen. Man müsse aber berücksichtigen, dass einige, etwa die Hälfte der 20 Betroffenen, im Fanprojekt mit dem JHW engen Kontakt hätten. "Es macht einen Riesenunterschied, ob Jugendliche in einer gewaltbereiten Szene sind oder zu uns kommen und an sich arbeiten." Die Vorgehensweise von Polizei und Amt findet Schumacher "nicht sehr günstig".

Stadt und Polizei sehen Handlungsbedarf

Die Polizei beruft sich bei den Verboten, die zuerst auf drei Monate begrenzt und dann um weitere drei Monate – bis Jahresende – verlängert wurden, auf landes- und bundesweite Richtlinien, so Polizeisprecherin Laura Riske. Aus dem Rathaus heißt es, dass die Vorgehensweise den Empfehlungen des Deutschen Städtetags und der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern entspreche.

In jedem Einzelfall lägen – so das Ordnungsamt – polizeiliche Erkenntnisse über die betreffenden Personen zugrunde. Laut Polizei sei die Ultraszene in der vergangenen Saison sehr stark angewachsen und es sei regelmäßig zu Straftaten gekommen. "Es bestand also Handlungsbedarf", erklärt die städtische Pressesprecherin Edith Lamersdorf.

Betretungsverbote dauern zwölf Stunden

Seit den Verboten und Meldeauflagen habe es kaum noch Auffälligkeiten gegeben, hat das Polizeipräsidium Freiburg unlängst im Arbeitskreis "Sport und Sicherheit" berichtet, in dem Vertreter des Ordnungsamts, der Polizei und des SC Freiburg sitzen.

Die Betretungsverbote bei den Heimspielen gelten an Heimspieltagen von 10 bis 22 Uhr und betreffen den kompletten Freiburger Osten ab der Nägeleseestraße, die komplette Innenstadt und Teile des Stühlingers.