[B] Redebeitrag zum Rassistischen mord in Limburg | Es wird mal wieder deutsch in Kaltland

Siempre Antifa

(Dieser Redebeitrag wurde am 08.12.2014 auf der Antira-Demo in Berlin-MaHe verlesen.) | Das Motiv war Rassismus

In der Nacht zum 23. Oktober 2014 wurde im hessischen Limburg ein aus Ruanda stammender Mann auf brutalste Weise von Nazis ermordet. Die Polizei will ein rassistisches Motiv zwar immer noch nicht endgültig bestätigen, klar ist aber, dass die drei Täter kurz vor der Tat beim Zeigen des Hitlergrußes fotografiert wurden.

 

Der 45-jährige Haupttäter, der sich in der Untersuchungshaft das Leben nahm, soll ursprünglich aus Nordosthessen stammen, sich aber regelmäßig in Limburg aufgehalten haben und der Polizei aufgrund von Gewaltdelikten schon länger bekannt sein.
Die zwei 23 und 43 Jahre alten Mittäter sitzen weiterhin in U-Haft.

In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober haben die Männer das Opfer in der Gemeinschaftsküche ihrer Wohnungslosenunterkunft angegriffen und mit Schlägen und Tritten so hart attackiert, dass es an seinem eigenen Blut erstickte.

 

Neonazis morden – und keine*n interessiert’s


Erst drei Jahre ist es her, dass das rechte Terrornetzwerk NSU sich selbst hat auffliegen lassen. Der Aufschrei, der damals durch die Presse und Politik ging, ist längst verhallt.

 

Die unfassbare Tat von Limburg wurde medial kaum thematisiert. In den wenigen kurzen Artikeln der regionalen Presse werden weder der Name des Opfers noch ein Foto veröffentlicht, was eine Entpersonalisierung zur Folge hat – nicht unüblich, wenn Wohnungslose Opfer rechter Gewalt werden. Stattdessen schwingt ein sozialchauvinistischer Unterton mit, indem die Verfasser*innen nicht müde werden, die Herkunft von Tätern und Opfer aus dem sogenannten “Obdachlosenmilieu” zu unterstreichen und auf die starke Alkoholisierung der Täter zu verweisen – als würde das die Tat erklärbarer machen.

Das Motiv dieses kaltblütigen Mordes war Rassismus – begünstigt von einem aktuellen Klima in Deutschland, in dem rassistische Ressentiments wieder gesellschaftsfähig werden und neonazistische Aufmärsche mit einer tausendfachen Teilnehmer*innenzahl zur Tagesordnung werden.

Während die rechten Ausschreitungen, Pogrome und Angriffe auf Asylbewerber*innen, Migrant*innen und deren Unterkünfte Anfang der 90er Jahre noch ein großes Thema in der Presse waren, sind vergleichbare Taten heute kaum mehr eine Randnotiz in der Zeitung wert.
So wurden allein in diesem Jahr von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt mindestens 29 Übergriffe auf Geflüchtete und 23 Brandanschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten verübt.
Parallel dazu hält die Politik die Füße still oder befeuert die nach rechts driftende Debatte noch, indem sie permanent vor steigenden Geflüchtetenzahlen und -kosten sowie der angeblichen und nachweislich falschen Ausbeutung der deutschen Sozialsysteme durch Sinti und Roma warnt.

 

“Erst kommt das Wort, dann der Mord”


Die gesellschaftliche und politische Stimmung macht es wenig verwunderlich, dass rechte Hetze und Propaganda in der deutschen Bevölkerung wieder Fuß fassen können.
Während die rechtspopulistische AfD einen Wahlerfolg nach dem anderen feiert, kann die NPD zwar nicht mit Wähler*innenstimmen punkten, inzwischen aber mit ihrer Hetze gegen Asylbewerber*innen, dem einzigen Thema, das ihr nach den AfD-Erfolgen noch geblieben ist, wieder hunderte oder gar tausende Menschen auf die Straße mobilisieren.
In Köln und Hannover fanden sich mehrere tausend Menschen zu von der NPD angemeldeten Aufmärschen
ein, um unter dem Namen “Hogesa” (“Hooligans gegen Salafisten”) gegen die vermeintliche Bedrohung durch den Salafismus zu protestieren. Tatsächlich ist die Thematik eher ein willkommener Aufhänger, um rassistische und anti-muslimische Denkmuster in die Gesellschaft zu tragen.

Inzwischen haben sich in Dresden ähnliche “Proteste” namens “Pegida” (“Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes”) formiert, die ebenfalls schon mehrere tausend Anhänger*innen haben. Weitere Ableger gibt es schon in Leipzig (“Lagida”) und Bayern (“Bagida”).
In Wittstock/Dosse wird für den 06.12.2014 zu einem als “Fackelspaziergang gegen Flüchtlingspolitik” verharmlosten Fackelmarsch aufgerufen und in Berlin machen schon seit Wochen jeden Montag und Donnerstag Nazis und Rassist*innen gegen Geflüchtete mobil, die sich als besorgte Anwohner*innen ausgeben und mit Neonazis nichts am Hut haben wollen, aber mit NPD- und Kameradschaftsmitgliedern einig auf die Straße gehen.

Die rassistische Propaganda greift um sich. Medienberichten zufolge hat sich in Berlin nun sogar ein bekannter Neonazi, der im Besitz von mehreren Schusswaffen sein soll, für eine “Radikalisierung” stark gemacht und sich dafür ausgesprochen, dass, da der Kampf mit Worten gescheitert sei, nun Taten folgen müssten.
Passend dazu äußerte sich vor kurzem ein Limburger Lehrer, der wegen des Übersprühens von Naziparolen vor Gericht stand. Er wollte an den rassistischen Mord in der Stadt erinnern und sagte: “Erst kommt das Wort das Wort, dann der Mord.”.

Traurige Realität für den 55-jährigen aus Ruanda, dem Nazis brutal das Leben nahmen.
Neonazistische Propaganda und Hetze bieten den Nährboden für rassistische Gewalt- und Mordtaten.
Daher ist besonders zu dieser Zeit ein entschlossener antifaschistischer Widerstand wichtig. Geht auf die Straße gegen Neonazis! Verhindert rechte Aufmärsche! Stoppt die rassistische Propaganda!

 

Remembering means fighting!


Nazis, “Anwohner*innen” und “besorgten Bürger*innen” entschlossen entgegentreten!