Immer mehr kleine Aufmärsche Neonazis halten Polizei auf Trab

Erstveröffentlicht: 
07.08.2014

Die rechtsextreme Szene ändert ihre Taktik: Es gibt zwar weniger Großaufmärsche, dafür aber deutlich mehr kleine - allein in diesem Jahr schon mehr als 100. Linken-Chefin Kipping erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung.

 

Neonazis setzen offenbar verstärkt darauf, mit einer Vielzahl kleinerer Aufmärsche die Polizei auf Trab zu halten. Das belegen aktuelle Zahlen, die aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgehen, die n-tv vorliegt. Demnach lag die Zahl der Aufmärsche 2013 bei 186 mit insgesamt 23.000 Teilnehmern. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch 2010 (85 mit ca. 26.000 Teilnehmern). Allein in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden bereits 109 Aufmärsche gezählt.

 

Der Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sprach angesichts der neuen Taktik einer Vielzahl kleiner Neonazi-Aufmärsche von einer "großen Belastung" für die Polizei, "weil wir - je nachdem wie viel Personen angemeldet werden, auch von der bürgerlichen Gegenseite - mit starken Kräften vor Ort sein müssen." Die Mobilisierungsfähigkeit der rechtsextremen Anhängerschaft insgesamt habe zwar abgenommen, die Gewaltbereitschaft jedoch nicht. So hätten sich die Feindbilder erweitert: "Es sind in zunehmendem Maße Journalisten und Polizisten, die attackiert werden."

 

Kipping erhebt schwere Vorwürfe

Für die Vorsitzende der Linkspartei Katja Kipping ist die Zahl von 109 Neonazi-Aufmärschen im ersten Halbjahr 2014 ein klares Zeichen dafür, dass keinerlei Entwarnung gegeben werden dürfe. Es sei jedoch ein Fortschritt bürgerschaftlichen Engagements, dass es der Szene immer schwerer falle, Großaufmärsche mit mehreren tausend Teilnehmern zu organisieren.

 

Angesichts von 22 Gewalttaten gegen Flüchtlinge und deren Einrichtungen allein im ersten Quartal erhob die Linken-Politikerin zugleich schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Mit ihren Kampagnen gegen angeblichen Asylmissbrauch in Südeuropa habe sie Öl ins Feuer gegossen. "Das ist unverantwortlich und bereitet auch den Boden für braune Gewalttaten."

Kipping und Wendt sprachen sich dafür aus, die Mittel für gesellschaftliche Prävention zu erhöhen. Jugendclubs etwa dürften sich nicht von einem Projekt zum nächsten hangeln müssen, sagte die Linken-Politikerin. Gewerkschaftschef Wendt verlangte zudem deutlich mehr Mittel für "gutes Personal, moderne Analysesoftware und Sicherheitstechnik."