[K] Bericht zum Aktionstag: Kalk gegen Polizeiwillkür

Demonstration auf Höhe Kalk-Mülheimer Straße

„Gefahrengebiet: Achtung, gewalttätige Polizei!“ – ein riesiges Transparent begrüßte vergangenen Samstag, den 26. Juli 2014, Anwohner*innen und Besucher*innen des Platzes rund um Kalk Post. Hier versammelten sich etwa 150 Menschen unter dem Motto „Kalk gegen Polizeiwillkür“, um an den Polizeiübergriff von vor einem Jahr zu erinnern und um sich gegen rassistische Kontrollen, die Ernennung von „gefährlichen Orten“ in Köln und die regelmäßigen erniedrigenden, rassistischen und sexualisierten Praktiken im Gewahrsam der Kalker Polizeiwache auszusprechen. Die Plätze und Straßen gehören allen Menschen im Stadtteil – unter diesem Grundsatz wurde der Platz mit Redebeiträgen, Infoständen, einer ‘Küche für alle’ und anderen kreativen Aktionen belebt und der Protest anschließend mit einer lautstarken Demonstration durch die Kalker Straßen getragen. Organisiert wurde das Platzfest und die Demonstration von der Basisgruppe Kalk und der Unterstützungsgruppe Kalk Post. Darüber hinaus gab es Beteiligung von antifaschistischen Gruppen, dem “Recht auf Stadt”-Bündnis und Kalker Aktivist*innen.

 

Das Platzfest startete um 16:00 Uhr auf Kalk Post. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Basisgruppe Kalk und die Unterstützungsgruppe Kalk Post, berichtete ein Betroffener des Polizeiübergriffs von den Geschehnissen von vor einem Jahr. Anschließend las ein Genosse aus einem bald erscheinenden Buch über die außerparlamentarische Kölner Linke der 70er und 80er Jahre zu Aktionen gegen Polizeigewalt. In dem Beitrag ging es um die Initiative “Kölner beobachten die Polizei”, die temporär sehr erfolgreich die Wahrnehmung von Polizeigewalt und rassistischen Polizeikontrollen in Köln in eine breitere Öffentlichkeit getragen haben und durch praktische Intervention rassistische Polizeikontrollen teilweise verhindern konnten.  Später sprach ein Aktivist des Kölner “Recht auf Stadt”-Bündnisses über die neuen “Gefahrengebiete”, u.a. mit der Analyse, dass Kalk Post unter anderem als Gefahrengebiet ernannt wurde, weil dieser zentrale Platz als Symbol für eine ‘Aufwertung’ (Gentrifizierung) ‘sauber’ und ‘sicher’ gemacht werden soll. Spontan sprach eine Aktivistin der “Porzer Selbsthilfe gegen Wohnungsnot” über eine Besetzung für mehr Wohnraum für Wohnungslose aus Südosteuropa vor einigen Monaten. Es folgte ein weiterer persönlicher Bericht über die Repressionen vor einem Jahr, mit einer Einordnung als systematische Praxis der Polizei, der als Tonbandaufnahme abgespielt wurde. Danach gab es eine Rede des Antifa AK Köln, der Polizeigewalt als Teil der gewaltvollen Verhältnisse im globalen Kapitalismus u.a. mit dem Ziel der Zerschlagung sozialer Protest- und Lebensformen thematisierte. Anschließend gab es noch einen Monitor-Bericht zu “racial profiling” als Tonspur. Abschließen wurde ein Grußwort des Ermittlungsausschuss Köln vorgelesen, der mit einer Kampagne die unrechtmäßigen Zwangsentkleidungen auf der Kölner Wache öffentlich machen und bekämpfen will.

 

Parallel zu den Reden gab es einen Infostand zum Polizeiangriff von vor einem Jahr mit Infomaterial. Es wurde – und wird weiterhin – dazu aufgerufen, sich als Augenzeug*innen des Übergriffs zu melden. Dem kamen auch bisher mindestens 2 Personen nach und haben sich bereit erklärt, im anstehenden Prozess auszusagen. Außerdem gab es einen Infostand zu “racial profiling” mit Infobroschüren und Verhaltenstipps bei rassistichen Polizeikontrollen und einen Infostand, wo die linke Stadtteilzeitung Jurnalo auslag. Diese erfreute sich großer Beliebtheit. Zusätzlich gab es eine vegane ‘Küche für alle’. Von Kindern und anderen Anwesenden wurde mit Hilfe von Sprühkreide und Papierrollen für persönliche Geschichten Polizeiwillkür kreativ thematisiert. Es wurden mehrsprachige Flyer zum Thema verteilt, wobei es zu Gesprächen mit Kalker*innen kam. Dabei wurde nochmal deutlich, dass viele Menschen aus dem Viertel eigene Erfahrungen mit rassistischen Kontrollen und Polizeigewalt machen.

 

Um 19:00 Uhr wurde das Platzfest beendet und eine Demonstration startete mit etwa 200 Personen. Mit Sprüchen wie “Schluss mit den rassistischen Kontrollen”, “Deutsche Polizisten – Mörder und Rassisten” oder “Polizia Assassini” ging es lautstark und entschlossen die Kalker Hauptstrasse entlang. In der Eythstrasse wurde aus einem Wohnhaus ein Transparent heruntergelassen – mit der Aufschrift “Gemeinsam gegen rassistische Kontrolle” begleitet von Musik, Luftballons und Konfetti. Nach einer Runde durch Kalk Nord wurde eine Abschlussrede an der berüchtigten Kalker Wache gehalten. Während der Demonstration wurden mehrsprachige Flyer verteilt, mit positivem Feedback einiger Passant*innen.

 

Nachdem die Demonstration an Kalk Post angekommen war, ließen es sich die Cops jedoch nicht nehmen und kontrollierten in der Nähe mit etwa 10 Beamten einen Demoteilnehmer – sie boten damit ein sehr anschauliches Beispiel von Polizeiwillkür. Danach saßen noch viele Menschen bis in die Nacht auf Kalk Post und eroberten sich so mit Blick auf das Gefahrengebiet-Transparent den Platz zurück.

 

Trotz einer nur einwöchigen Mobilisierungszeit wurde an diesem Tag ein deutliches und kreatives Zeichen gegen Polizeiwillkür gesetzt. Das Platzfest und die Demonstration wurden positiv aufgenommen und es kam zu einigen Gesprächen mit Nachbar*innen zum Thema. In diesen Gesprächen wurde deutlich, dass rassistische Kontrollen, diskriminierendes und erniedrigendes Verhalten der Kalker Polizei kein Einzelfall, sondern tägliche Praxis sind. Die Einschüchterungen, die die Betroffenen erleiden, werden sich jedoch nicht durch dieses einmalige Event in Widerstand umwandeln lassen. Dazu wird es nötig sein, die doch recht hohen Hürden und den meist identitär-subkulturelle Habitus der “Linken Szene” durch eine größere Offenheit, Ehrlichkeit und Kontinuität in ein echtes Miteinander zu verwandeln. Durch solche solidarischen Bündnisse im Viertel könnte es möglich sein, sich gegen die polizeiliche Willkür gemeinsam zur Wehr zu setzen, denn Polizeigewalt dient auch der Unterdrückung von sozialen Protesten. Diese zu entfalten und solidarisch zu unterstützen sollte Ziel einer linken Bewegung sein.
 

Für ein solidarisches und widerständiges Kalk

 

Basisgruppe Kalk & Unterstützungsgruppe Kalk Post