Für den 24. Mai 2014 (Sonnabend) ruft das Bündnis „Refugees Welcome!“ zu einer Demonstration unter dem Motto „Rassismus ist Alltag“ auf. Mit der Demo soll einen Tag vor der Europa- und Kommunalwahl ein klares Zeichen gegen rassistische Stimmungsmache und für Solidarität mit allen Betroffenen dieser rassistischen Gesellschaft gesetzt werden. Der Start wird um 14 Uhr am Johannisplatz sein.
Wir sprachen wenige Tage vor der Demonstration mit zwei Aktiven aus dem Vorbereitungskreis:
Was ist der Anlass eurer Demo?
M: Wie es der Titel schon sagt: Rassismus ist hier leider Alltag. Rassistische Einstellungen sind in Sachsen ja sowieso weit verbreitet. Mit dem Anstieg der Asylbewerber_innenzahl in den letzten Jahren und der damit einhergehenden Einrichtung von neuen Unterkünften haben diese vorhandenen Einstellungen einen Kristallisationspunkt gefunden. Dass es in den letzten Monaten zu einem krassen Anstieg von rassistischen Mobilisierungen kam, müssen wir hier wahrscheinlich niemanden erzählen. Ebensowenig, dass die Nazis damit mal wieder ein Thema gefunden haben, mit dem sie über ihre eigenen Kreise hinaus mobilisieren können und sich dementsprechend wie die Fliegen auf den Scheißhaufen gestürzt haben. Die Nazis versuchten überall, bei den bürgerlichen Protesten mitzumischen oder diese zu initiieren und zu imitieren.
A: Dazu kommt ein staatlicher Rassismus, der sich zeigt, wenn Asylbewerber_innen auf engstem Raum in überfüllten Heimen untergebracht werden, wenn ihnen der Zugang zu Arbeit und Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt wird, wenn die Polizei gezielt Schwarze Menschen durchsucht oder wenn sich Innenminister Ulbig stolz als „Abschiebemeister“ bezeichnet.
Ihr habt es ja selber schon angerissen: Rassismus ist in Sachsen leider ein Dauerbrenner, eine Demonstration dagegen eigentlich immer richtig und wichtig. Warum habt ihr euch gerade für den 24. Mai entschieden?
A: Wir haben uns bewusst den Tag vor der Europawahl ausgesucht. Bei dieser Wahl ist leider zu befürchten, dass sowohl AfD als auch NPD mit menschenverachtenden Parolen in das Europäische Parlament einziehen werden. Schon die letzten Wochen haben uns Aktionen gegen den Wahlkampf der Rassist_innen beschäftigt. Wir wollten aber nicht nur Gegenaktionen starten, sondern deren Parolen kurz vor der Wahl auch noch einmal unsere eigene Vorstellung von einem offenen Europa entgegenstellen. Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der alle Menschen dort leben können, wo sie es möchten und niemand aus Nützlichkeitsüberlegungen oder wegen seiner Herkunft abgewiesen oder in Lager gesteckt wird.
Die Lage bleibt also finster. Seht ihr dennoch auch positive Entwicklungen?
M: Ja! Sowohl bundesweit als auch in Leipzig ist das Thema derzeit so präsent wie lange nicht. Es gibt eine sehr breite Diskussion darüber, wie die deutsche Gesellschaft mit Menschen umgeht, die hier Hilfe und Zuflucht suchen. Gestartet wurde diese Debatte sicher durch die hartnäckigen und unglaublich inspirierenden Kämpfe von Geflüchteten. Und in dem Maß, wie Rassist_innen in Leipzig in den letzten Monaten aufgedreht haben, sind auch sehr viele Menschen aktiv geworden, die das nicht unwidersprochen hinnehmen wollen. Wir hoffen, viele davon auf unserer Demonstration zu treffen! Ansonsten ist es sicher eine große Herausforderung an die Linke, Formen zu finden, wie diese interessierten Menschen auch eingebunden werden können. Insgesamt kann man wohl sagen: Rassismus ist leider immer noch Alltag in Sachsen, aber Solidarität und Gegenwehr sind es auch!
A: Ich glaube auch, dass wir als linke Bewegung zuletzt durchaus gezeigt haben, dass wir auf diesem Feld ein Wörtchen mitzureden haben. Ich denke an Leipzig-Schönefeld, wo es mit einem Zusammenspiel verschiedener Aktionen und Akteur_innen gelungen ist, der rassistischen Stimmungsmache das Wasser abzugraben. Von Aktionen auf der Straße und Willkommenskundgebungen über Theateraufführungen und die Sammlung von Sachspenden bis hin zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten mit Refugees und vielem anderen reichte ja dort die Palette an Aktivitäten. Ich denke, da hat es ganz gut geklappt, zu zeigen, dass es auch viele Menschen in dieser Stadt gibt, die für einen menschlichen Umgang mit Geflüchteten stehen. Sicherlich wird man damit nicht alle Gegner_innen des Heims umgestimmt haben, aber zumindest standen die Nazis nach anfänglichen Erfolgen am Ende wieder allein auf der Straße und die Geflüchteten hatten hoffentlich einen herzlicheren Empfang als sonst.
Die Demonstration beendet zugleich die Antirassistischen Aktionstage 2014 und fällt in die Blockupy-Aktionstage. Daher ruft auch das Krisenbündnis Leipzig mit einem eigenen Aufruf zur Demo auf. Zudem wird der Aufruf von „Refugees Welcome“ (auch mehrsprachig) mittlerweile von einem breiten Bündnis unterstützt. So rufen die Fußballvereine Roter Stern und das Nachwuchsprojekt der BSG Chemie Leipzig für Flüchtlinge ihre Supporter_innen und Fans zur Teilnahme auf.
Auch verschiedene Künstler_innen bekennen sich zu den Zielen der
Demonstration: So machten unter anderem Irie Révoltés und Supershirt bei
ihren Konzerten im Werk 2 Werbung. Hinzu kommen linke und
antirassistische Gruppen und Vereine, Hausprojekte, Parteien und
Jugendverbände, die StuRä der Universität Leipzig und HTWK und viele
mehr. Am 24. Mai wird daher hoffentlich ein klares und kraftvolles
Zeichen gegen Rassismus gesetzt.