Blockupy Göttingen im Mai: Gemeinsam gegen Krise und Rassismus - Start der dezentralen Aktionstage im Mai
Zum 15. Mai beginnen in ganz Europa die dezentralen Blockupy Aktionstage. In Göttingen starteten wir unsere Aktivität auf der Demonstration zum internationalen ArbeiterInnenkampftag.
Nachdem in den letzten beiden Jahren das Blockupy-Bündnis mit großen Demonstrationen in Frankfurt den Widerstand gegen
die Krisenpolitik auf die Straße getragen hat, verbreitert sich Blockupy jetzt und ist in dezentralen Aktionen lokal präsent. Auch in Göttingen wird es im Mai vielfältige Aktionen und Kampagnen innerhalb der dezentralen Aktionstage geben: am 1. Mai werden wir auf der DGB-Demo einen sichbaren Ausdruck von Blockupy schaffen, am 16. Mai veranstaltet das lokale Bündnis eine aktionistische Rally, an der wir uns mit einer eigenen Aktion beteilgen, und am 17. Mai mobilisieren wir zu den zentralen Aktionstagen nach Hamburg. Dazwischen gibt es von uns und von unseren BündnispartnerInnen eine Vielzahl unterschiedlicher Veranstaltungen.
Mehr Informationen: www.ali.antifa.de // www.goettingen.blockupy.org
Blockupy Göttingen: Aufruf für die dezentralen Aktionstage im Mai
Grenzenlos solidarisch – Für eine befreite Gesellschaft
Sana sammelt unbezahlt immer mehr Überstunden. Während dessen bekommt
Marie nach ihrer Ausbildung keinen Job. Und Nikola finanziert sein
Studium über Nebenjobs und wird von seinen Eltern unter Druck gesetzt,
endlich fertig zu werden um auf dem Arbeitsmarkt für sich selbst sorgen
zu können. Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie prekär die
Ausbildungssituation ist. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass es
in Göttingen im Berufsberatungsjahr 2012/2013 30% mehr Bewerber_innen
als freie Ausbildungsplätze gab.
Es blieben 7% der Ausbildungsplätze
unbesetzt und ebenfalls 7% der jungen Menschen hatten weder einen
Arbeitsplatz, noch eine Alternative.
Aber „wir“ sind ja noch gut weg gekommen, sind die Gewinner_innen in der Krise und danach wird ja auch wieder alles gut, oder?
Die Geschichte des Kapitalismus ist geprägt von Krisen und seine
Geschichte wird auch von Krisen geprägt bleiben. Die Krise ist kein
besonderer Moment, in dem irgendwer irgendwas falsch gemacht hätte,
sondern sie ist ein schon in der Logik des Systems verankertes Moment,
das nur verhindert werden kann, wenn der Kapitalismus als Ganzes
abgeschafft wird.
Aber auch außerhalb der aktuellen Krise ist der Kapitalismus ein
System, in dem es nie allen Menschen gut gehen kann und wird, denn
dieses System zeichnet sich dadurch aus, dass die Mehrheit der Menschen
ausgebeutet wird.
Dort, wo diese Ausbeutung die brutalsten Formen annimmt und die
Menschen unter gesundheitsschädlichen oder gar lebensbedrohlichen
Bedingungen gezwungen sind zu arbeiten, um im Sinne des Systems einen
möglichst hohen Profit zu erwirtschaften, wird das Elend der meisten
Menschen im Kapitalismus am deutlichsten. Der Zwang zum Erwirtschaften
eines möglichst hohen Profites ist im Kapitalismus jedoch allgegenwärtig
und ist eine Logik, die auf der Verwertbarkeit von Mensch, Tier und
Sache basiert. Diese Verwertungslogik reproduziert aber auch den
alltäglichen Konkurrenzkampf.
Nicht nur Unternehmen oder Standorte stehen dabei im Wettbewerb
um Ressourcen und Absatzmärkte, sondern auch die Menschen selbst sind
gedrängt, sich durch die Optimierung ihrer Lebensläufe in Konkurrenz
zueinander zu setzen, statt solidarisch ein gutes Leben für alle
gemeinsam zu organisieren – so wie Marie, Nikola und Sana und fast alle
anderen in der kapitalistischen Gesellschaft.
Entgegen dieser
Verwertungslogik steht die Idee der Daseinsvorsorge, die eine
Grundvorsorge für alle Teile der Gesellschaft günstig zur Verfügung
stellen sollte.
In Göttingen ist der Zukunftsvertrag ein exemplarisches Beispiel
für diesen Widerspruch zwischen Verwertungslogik und öffentlicher
Daseinsvorsorge. Wenn in ihm die Privatisierung des öffentlichen Raums
vorangetrieben wird, wenn die Gelder für öffentliche Bäder,
Theaterhäuser und für die übrige öffentliche Daseinsvorsorge gekürzt
werden, dann zeigt das auf, dass auch bei der Landesregierung und dem
Göttinger Stadtrat das wirtschaftliche und Standort orientierte
Interesse über die Grundvorsorge aller Menschen gestellt wird
Auch am Wohnen zeigt sich, dass die Bedürfnisse der Menschen dem Ziel des Profits geopfert werden. In Göttingen werden zwar neue Wohnungen gebaut, aber nicht für diejenigen, die über ein geringes Einkommen verfügen und die meisten Schwierigkeiten haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Stattdessen werden Wohnungen für Besserverdienende gebaut, die hohe Mieten und Profite abwerfen. Wohnungsbau dient also eher der Erzeugung „attraktiver“ Kapitalanlagen, anstatt Wohnraum für Menschen zu schaffen, die ihn zum Leben brauchen.
Das in Europa wohl krasseste Beispiel dieser Logik, die
Verwertbarkeit über Daseinsvorsorge setzt, sind die Zusammenkürzungen
der Sozialleistungen und der Privatisierungen in Griechenland in Zeiten
der Krise.
Die existenzbedrohenden Sparmaßnahmen in Griechenland sollen hier
nicht auf ein und dieselbe Stufe gestellt werden mit den Auswirkungen,
die der Zukunftsvertrag auf Göttingen hat: Die Situation der meisten
Menschen in Griechenland ist nicht vergleichbar mit der hier in
Göttingen. Aber sie sind beide Ausdruck einer Privatisierungspolitik,
die den Interessen des Kapitals folgt. Somit wird die Steigerung des
Profits über die Bedürfnisse der Menschen gestellt.
Ein weiteres Beispiel ist das Gesundheitswesen, in dem sich
zeigt, dass der Einzug von Wettbewerb und das Ausrichten der
Akteur_innen auf Profit, Verschlechterungen nicht nur für jene bedeutet,
die dort arbeiten, sondern auch für alle potentiellen Patient_innen,
also für alle. Überall regiert der Kostendruck, Löhne werden gesenkt,
Stellen gestrichen und Kranke aus Krankenhäusern vorzeitig entlassen.
Das führt zu einer höheren Mortalitätsrate, das bedeutet: Mehr Menschen
sterben. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist politisch gewollt
und durchgesetzt, aber das muss nicht so sein und schon gar nicht so
bleiben.
Eine der fatalsten Eigenschaften des Kapitalismus ist, dass das
System als natürlich und unüberwindbar erscheint. Wird der Kapitalismus
jedoch hingenommen und wird nur in Logiken des Systems gedacht, dann
muss der Konkurrenzkampf der Menschen als natürlich erscheinen, der
Wettkampf als etwas Gutes. Für die handelnden Akteur_innen existiert
aber nicht nur der eine Konkurrenzkampf, in dem sie sich gegen alle
anderen behaupten müssen. Viel mehr glauben sie sich in einer Vielzahl
von Konkurrenzkämpfen zu befinden und stehen sich real auch als
verschiedenste Gruppierungen in einer gesellschaftlich gemachten
Ungleichheit gegenüber. Standortlogik, Geschlecht, Alter, Aussehen etc.
erscheinen als natürliche Einteilungen, die, wenn sie als solche
akzeptiert wurden, einen fruchtbaren Boden liefern für soziale
Herrschaftsformen und Unterdrückungsmechanismen wie Rassismus,
nationalem Chauvinismus und Patriarchat.
Erscheint einer der Konkurrenzkämpfe bedrohlichen Charakter
anzunehmen, so finden Populist_innen und Anhänger_innen dieser
Unterdrückungsformen besonders leichten Anschluss und neue
Befürworter_innen.
Die Krise trifft verschiedenste soziale Gruppierungen
unterschiedlich stark, verstärkt so die Interessengegensätze und
verfestigt damit die Abgrenzung zwischen den Gruppen. Befeuert und
naturalisiert werden diese Einteilungen gerne noch von rechten und
extrem rechten Personen, die Stereotype in den Köpfen der Menschen
reproduzieren. Die darin zugeschriebenen Attribute werden dann wiederum
benutzt, um zu erklären, warum die Krise jetzt wen wie betreffen würde.
Reaktionäre und rechte Politiker_innen bekommen in diesen Zeiten
verstärkten Rückhalt.
Durch die Hinnahme dieser Unterteilungen wird aber auch der
Konkurrenzkampf hingenommen, was wiederum dazu führt, dass der
Kapitalismus in seinen Grundprinzipien als richtig und notwendig
erscheint.
Die Krise tritt also nicht nur durch die Verelendung unzählbar
vieler Menschen auf, sondern auch als Triebfeder des Kapitalismus und
als Verstärkung niederträchtigster Herrschaftsformen.
Im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung ist es notwendig alle
Formen der Unterdrückung zusammen zu denken, in einen Zusammenhang zu
bringen und ihnen auf allen Ebenen zu begegnen. Unser Ziel ist eine
befreite, solidarische Gesellschaft, in der sich die Produktion nach den
Bedürfnissen der Menschen und nicht nach der zahlungsfähigen Nachfrage
richtet.
Der Weg dorthin ist die soziale Revolution.
Mehr Informationen: www.ali.antifa.de // www.goettingen.blockupy.org
Termine
1. Mai | 10:30 Uhr | Platz der Synagoge
Beteiligung von Blockupy Göttingen an der DGB-Demo: Grenzenlos solidarisch - für eine befreite Gesellschaft
13. Mai | 19 Uhr | Ver.di-Haus
Veranstaltung der
A.L.I. "Wettbewerbspopulismus und die unheimliche Wiederkehr des
nationalistischen Chauvinismus"mit David Bebnowski und der A.L.I. (mehr
Infos hier)
16. Mai | Aktionistische Rally
Wohnungsnot,
Zukunftsvertrag, Ökonomisierung des Gesundheitswesens,
Jugendarbeitslosigkeit, ansteigender Rassismus und Nationalchauvinismus…
Wir wollen mit euch verschiedene Punkte in Göttingen anlaufen,
informieren, laut sein, Widersprüche aufzeigen, ungehorsam sein und
Widerstand sichtbar machen.
17 Uhr | Jakobikirchhof
Gemeinsam gegen Krise und Rassismus!
Rassisten aus der Deckung holen!
17. Mai | Treffpunkt 7:50 Uhr | Gleis 6, Bhf Göttingen
Zentraler Aktionstag in Hamburg: Hafencity entern - Elbphilharmonie besichtigen
20. Mai | 18 Uhr | Apex
Podiumsveranstaltung von Blockupy Göttingen: Die AfD: Eine rechte Partei vor der Europawahl
mit Alexander Häusler
23. Mai | 19 Uhr | Rotes Zentrum
Veranstaltung der A.L.I. "Krise, Kapitalismus, Rassismus: Widerstand!"
mit Katharina Schoenes (AK Migration des reflect-Netzwerks), Hannah Schultes (kritisch-lesen.net) und Antira-AktivistInnen
30. Mai | 18 Uhr | Rotes Zentrum
Veranstaltung der A.L.I. "Kämpfe um Wohnraum in der Krise"
mit der Plattform der Hypothekenbetroffenen (PAH, Spanien), Solidarity4all (Griechenland), ACTION-Diritti in Movimento (Italien)