"Rechtsradikale Angriffe sind keine Kavaliersdelikte"

Erstveröffentlicht: 
18.02.2014

Eigentlich wollte die syrisch-stämmige Familie sich nur einen ruhigen Tag auf dem Volksfest der Eisleber Wiese machen. Dann kam alles ganz anders - wie ein Albtraum. Die Familie wurde von drei Männern überfallen und schwer verletzt. Das ganze passierte schon im Jahr 2012, gestern erst wurde das Urteil in Halle verkündet.

 

Ganz am Anfang stand die Frage Volksfest-Prügelei oder politisch motivierte Gewalttat. Zuerst sollte der Überfall als vermeintliche einfache Prügelei vor dem Amtsgericht in Eisleben verhandelt werden. Weil es aber eine politisch motivierte Gewalttat war, ging es dann doch vor das Landgericht Halle. Dort wurde gestern - nach fast zwei Jahren - das Urteil gesprochen. Die Richterin erklärte: "Die drei Täter haben einen brutalen, menschenverachtenden Überfall auf eine Eisleber Familie begangen."

 

Oberstaatsanwalt hält Urteil für angemessen

 

Die Angeklagten beteuerten eine verminderte Schuldfähigkeit, da sie betrunken waren. Darauf lies sich die Richterin allerdings nur beim jüngsten Täter ein, sagt Pressesprecher Wolfgang Ehm des Landgerichts: "Die drei Angeklagten wurden wegen gefährlicher Körperverletzung in sieben Fällen verurteilt. Der eine Angeklagte war zur Tatzeit Heranwachsender, er wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt, zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Die beiden erwachsenen Angeklagten wurden zu Freiheitsstrafen von drei beziehungsweise vier Jahren verurteilt."

 

Bis heute hätten die sieben Opfer den Überfall nicht vollständig verarbeiten können, betonte die Richterin. Auch deshalb hält Oberstaatsanwalt Thomas Westerhoff das Urteil für angemessen: "Die Opfer haben sehr unter dieser Tat gelitten und ich hoffe, dass es auch einen Weg aufzeigt hier, damit umzugehen und vielleicht wieder in die deutsche Justiz vor allen Dingen Vertrauen zu fassen, die diese Sache hier ordnungsgemäß - finde ich zumindest - aufgearbeitet hat."

 

Kritik an schlampigen Ermittlungen

 

Gründlich war die Verhandlung, immerhin 20 Verhandlungstage wurden angesetzt und über 50 Zeugen vernommen. Dennoch wirft Peer Stolle, Rechtsanwalt der Tochter der Familie, den Behörden Verfahrensfehler vor: "Die Bewährungsstrafe für den Ersttäter, da muss man sagen, das hat er eigentlich vorwiegend den schlampigen Ermittlungen seitens der Polizei zu verdanken. Und wäre hier gleich sauber ermittelt worden, vor allen Dingen gleich am Anfang ein rechtsmedizinisches Gutachten zu der Schwere der Verletzungen und zügig eine Anklage erhoben worden, dann wäre ich mir sicher hätten wir viel früher ein Urteil bekommen und dann wäre die Strafe nicht mehr bewährungsfähig gewesen."

 

Dennoch sei das Urteil juristisch gesehen in Ordnung. Ein Urteil, das klar macht: Rechtsradikale Angriffe sind keine Kavaliersdelikte und werden hart bestraft. Der Meinung ist auch Annette Ramelsberger, Prozessbeobachterin der Süddeutschen Zeitung. "Es ein deutliches Zeichen, dass man Ausflüchte nicht mehr einfach so hinnimmt, sondern, dass da eben eine politische Haltung dahintersteht, die ganz deutlich in die Richtung gehen: Wer nicht Deutsch aussieht, hat hier in Deutschland nichts zu suchen. Das ist menschenverachtend, das hat die Richterin mehrmals sehr deutlich gemacht."

Schon jetzt ist klar, die Verteidigung wird wohl in Revision gehen.