[KN] Nächtliche Abschiebeaktion in der Steinstraße

Erstveröffentlicht: 
13.01.2014

Die Beamten rückten morgens um 5 an. Und die eigens aus dem Bett geklingelte Heimleiterin schloss ihnen freundlich die Tür zum Flüchtlingslager in der Konstanzer Steinstraße auf. Die Beamten verließen das Haus alsbald mit einem Flüchtling aus Algerien. Nach Auskunft des zuständigen Regierungspräsidiums wird sein „Transport zum Flughafen von der Polizei durchgeführt“

 

Abschiebung auf konstanzerisch: Das Landratsamt Konstanz, eigentlich für Unterbringung, Versorgung und Sozialbetreuung der Flüchtlinge zuständig, beteiligt sich aktiv an der Abschiebung. „Ein ungeheurer Vertrauensbruch mit katastrophalen Folgen für die Sozialarbeit und die traumatisierten Menschen im Haus“, so drückt es ein Mitglied vom Aktionsbündnis Abschiebestopp aus.

 

Die Konstanzer Polizei gibt sich zugeknöpft. Zwar werden Abschiebung und Polizeieinsatz bestätigt, doch zu weiter führenden Fragen wird SeeMoZ an das zuständige Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe verwiesen – der Eindruck drängt sich auf, den Verantwortlichen im Konstanzer Polizeipräsidium sei ein Maulkorb verpasst worden (das ebenfalls beteiligte Ausländeramt beim Landkreis lässt sich gar nicht sprechen, die Pressesprecherin ist nicht zu erreichen).

 

Doch auch das RP fühlt sich nicht verantwortlich. Auf SeeMoZ-Nachfrage erklärt Pressesprecher Garhöfer: „Die Abschiebung eines abgelehnten, ausreisepflichtigen algerischen Asylbewerbers kann bestätigt werden. Sie beruhte auf der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Freiburg, an die das RP Karlsruhe gebunden ist.“ Und wie immer in solchen Fällen wird darauf verwiesen, dass „aus datenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Informationen gegeben werden können“. Schon erstaunlich, wofür in Zeiten von NSA und Vorratsdatenspeicherung der gesetzliche Datenschutz alles herhalten muss.

 

So viel aber können Augenzeugen bestätigen: In der Nacht auf Mittwoch rückten gegen 5 Uhr starke Polizeikräfte in der Steinstraße an, umstellten das Haus, wurden von der Heimleiterin Sonntag eingelassen und führten den Beschuldigten aus dem 3. Stock ab. Dabei soll es sich um einen 33jährigen Mann aus Algerien handeln, der seit zweieinhalb Jahren in der Steinstraße lebte. Was ihm vorgeworfen wird, wo er sich derzeit befindet und wann die Abschiebung erfolgt – die zuständigen Behörden hüllen sich in Schweigen.

 

Um noch einmal ein Mitglied aus dem Konstanzer Aktionsbündnis Abschiebestopp zu zitieren: „Hier zeigt sich abermals die Doppelmoral deutscher Behörden und Politiker: Bootsflüchtlinge aus Nordafrika werden nur als Wasserleichen bedauert. Kommen sie lebend an, werden sie abgeschoben“.

 

Autor: hpk