Felix Otto wurde abgeschoben

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Bericht von The VOICE Refugee Forum zur Abschiebung von Felix Otto:

 

Am 25.8.2009 um 10.40 wurde der VOICE-Aktivist Felix Otto mit einer Air France Maschine über Paris nach Douala/Kamerun abgeschoben. Die Abschiebung wurde ungeachtet massiven öffentlichen Protests durchgeführt.

 

Wir möchten uns zuerst bei allen bedanken, die so engagiert die Kampagne gegen die Abschiebung von Felix Otto und gegen das Apartheid/Nazigesetz, die sogennante „Residenzpflicht für Flüchtlinge“ gekämpft haben. Ohne Euch und Kampf zusammen mit uns hätten wir nicht die Öffentlichkeit erreicht, die wir erreicht haben. Die Abschiebung von Felix Otto ist ein Grund mehr, warum wir unsere Kampagne gegen dieses rassistische System Deutschland bekräftigen und fortführen müssen.

In Kamerun wird auch von Menschenrechtaktivisten beobachtet, was mit Felix Otto passieren wird. Wir dokumentieren alles und die Öffentlichkeit hier und in der Heimat wird erfahren, wie barbarisch und menschenverachtend diese Gesellschaft wirkt.

Wir haben nicht aufgegeben und werden dies nie tun, bis die MigrantInnen ihre Stimmen erheben und das Schweigen bricht.

Seit Monaten stand der Fall Felix Otto im Licht der Öffentlichkeit, da er deutlich zeigte, wie das Apartheidsgesetz der Residenzpflicht nicht nur als Mittel rassistischer Ausgrenzung wirkt, sondern der Kriminalisierung, Kontrolle und Abschiebung von Flüchtlingen dient. Felix Otto war am 30. März 2009 verhaftet und wegen Verletzung der Residenzpflicht, die den Aufenthalt von Asylbewerbern auf einen einzigen Landkreis beschränkt, zu einer achtmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden.

 

Seit Ende Juni begann die Ausländerbehörde seine Abschiebung vorzubereiten. Am Mittwoch, den 19. August, erhielt seine Anwältin durch das Landesverwaltungsamt Thüringen die Information, dass für den heutigen Dienstag die Abschiebung mit einem Charterflug angesetzt sei. Dies war eine skandalöse Falschinformation; tatsächlich war für die Abschiebung von Anfang an ein regulärer Linienflug der Air France über Paris vorgesehen.

Der von Anfang an breite Protest und die öffentliche Aufmerksamkeit schien die Sonderbehandlung zu fördern, die man Felix Otto als Gefangenem zuteil werden ließ. Nicht nur zu Gerichtsterminen, sondern auch zu Arzt- und Krankenhausbesuchen wurde er gefesselt wie ein Schwerverbrecher geführt. Vor und nach einer gerichtlichen Anhörung am 24.6. unterbanden seine Wächter die Kontakte mit Freunden, als einen Tag später eine Kundgebung gegen seine Inhaftierung vor dem Gefängnis stattfand, verlegte man ihn eine möglichst weit von der Aktion entfernte Zelle.

 

Mit dem Bekanntwerden des Abschiebetermins nahmen die Repressalien zu und verfolgten offensichtlich das Ziel der Einschüchterung und völligen Abschirmung von Unterstützern von außen. Am Donnerstag gelangen zwei letzte Telefonate mit ihm. Im ersten wurde er durch die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen von der bevorstehenden Abschiebung informiert. Im nächsten und letzen Telefonat, das wir mit ihm führen konnten, teilte er uns mit, dass man ihn daraufhin in Hand- und Fußschellen in eine videoüberwachte Einzelzelle gebracht hätte. Seine Kleider wurden ihm abgenommen. Begründet wurde diese Maßnahme mit Suizidgefahr. Obwohl man auf Nachfrage der Anwältin am Freitag behauptete, dass es nicht stimme, dass er in der Zelle gefesselt wäre, wurde ihm in der Folge der Kontakt nach außen verweigert. Es versetzte uns in Sorge, dass wir trotz seiner schwierigen Situation drei Tage lang nichts von ihm hörten. Dass ihm die Telefonate verboten wurden, bestätigte Felix Otto am Montag, als einige Personen nach einem weiteren Gerichtstermin die Gelegenheit wahrnahmen, ein paar Worte mit ihm zu sprechen - trotz der Versuche der bewachenden Beamten, dies zu verhindern.

 

Der Gefängnisarzt äußerte sich am Montag gegenüber der Anwältin, dass er sich zu dem Vorwurf, Felix Otto sei geschlagen worden, nicht äußern könne. Auch der Transport zum Flugzeug heute erfolgte abgeschirmt. Im Flugzeug wurde er, wie Passagiere berichteten, von BGS-Beamten unter Kontrolle gehalten und in Paris sofort der französischen Polizei übergeben.

 

In den letzten Wochen hatten Hunderte Menschen Felix Ottos Fall verfolgt und sich in Fax-Kampagnen und mit Telefonaten mit dem thüringischen Innenministerium gegen seine Inhaftierung und Abschiebung eingesetzt. In einer Eilaktion wandten sich gestern und heute zahlreiche Menschen in Sorge um Felix Otto an Air France und forderten den Flugkapitän auf, den Transport Felix Ottos zu verweigern. Ca. 35 Personen demonstrierten in einer Kundgebung auf dem Flughafengelände lautstark gegen seine Abschiebung nach Kamerun und gegen die Kollaboration des Airports und der Air France mit den deutschen Abschiebebehörden. Dennoch ignorierten die für die Abschiebung zuständigen Stellen und das Innenministerium das große öffentliche Interesse am Schicksal Felix Ottos hartnäckig. Auch die die Abschiebung durchführende Fluglinie Air France reagierte auf Nachfragen abweisend.

 

Wir verurteilen die Kollaboration der Air France mit dem deutschen Abschiebesystem und werden die Airline zur Verantwortung dafür ziehen.

Wir sind besorgt um den Gesundheitszustand von Felix Otto, der in den letzten Wochen immer wieder in ärztlicher Behandlung war und um seine Sicherheit in Kamerun, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind und Oppositionelle systematisch verfolgt werden. Als abgeschobener politischer Asylsuchender gilt er als jemand der dem Land ein negatives Image gegeben hat und ist somit gefährdet.

 

Der erklärte kalte Krieg des Thüringer Staates gegen die Organisation The VOICE und gegen die Selbstorganisation von Flüchtlingen seit den frühen 90ern, der sogar zur Verweigerung der Aufnahme von Afrikanern in Thüringen geführt hat, wird ein wichtiger Fokus und eine wichtige Herausforderung bleiben in unserer Entschlossenheit, unseren Kampf gegen die organisierte Kriminalisierung und gegen die fortgesetzte Unterdrückung von Flüchtlingen in Thüringen und Deutschland weiterzuführen.

 

Die jüngsten Entwicklungen um Felix Otto werden ein wichtiger Tagesordnungspunkt in unserer Konferenz über „Koloniales Unrecht“ vom 9. bis 13. September 2009 in Jena sein. Dort werden wir die koloniale Apartheid, die sich in der Behandlung von Felix Otto manifestiert, deutlich machen. Alle Aktivisten und Personen, die diese Kampagne so engagiert und vielfältig unterstützt haben, sind zu dieser Konferenz herzlich eingeladen, die Abschiῥbungen, Kontrollenᾬ Bewegungsbeschränkung und Lagerisolierung von Flüchtlingen genau fokussieren wird.

 

Das bundesweite Netzwerk der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen und die Unterstützung derer, die an unsere Arbeit glauben, war von großer Wichtigkeit dafür, kontinuierlich auf das Problem die Misshandlung und Entwürdigung von Flüchtlingen aufmerksam zu machen. Viele, viele andere Flüchtlinge sind noch immer davon und von der Gefahr der Abschiebung betroffen.

 

Stoppt Abschiebungen!


Protestiert gegen koloniales Unrecht und sein Apartheidssystem!

Abschaffung von Residenzpflicht und Isolationslagern!

Solidarität ist unsere Waffe!

 

Internet: www.thevoiceforum.org