Zsolt Bayer im Ungarischen Kulturinstitut Stuttgart

AFA.Budapest
Erstveröffentlicht: 
04.05.2013

Der antisemitische Fidesz-Publizist Zsolt Bayer tritt heute um 17.00 Uhr auf Einladung des Vereins Hunnia Freundeskreis (Hunnia Baráti Kör) auf einer “literarischen Veranstaltung” im Ungarischen Kulturinstitut Stuttgart auf (Einladung, Ungarisch, pdf ).

Auf der offiziellen Webseite des  Ungarischen Kulturinstituts ist davon nichts zu finden [Update/Korrektur: Die Veranstaltung ist doch drauf und damit  offiziell], die Veranstaltung wird von Hunnia und dem Bund der Ungarn in Stuttgart auf Facebook beworben.

Hunnias Facebook-Seite präsentiert sich einschlägig rechtsextrem, es werden regelmäßig Jobbik-nahe rechtsextreme Portale verlinkt; zentrale Themen sind Großungarn, die Revision von Trianon, Entschädigung der durch die Beneš-Dekrete aus der Slowakei vertriebenen Ungarn, sowie die territoriale Autonomie des Széklerlandes.

Alida Hahn-Seidl, die Vorsitzende des Hunnia Baráti Kör, hat gute Kontakte zur staatlichen ungarischen Presseagentur MTI; von der von ihr im März 2012 organisierten Demonstration “Stoppt den Medienterror gegen Ungarn!” auf dem Stuttgarter Schlossplatz berichtete sie  MTI live am Telefon.

 

Ein Bayer in Stuttgart – Kommentar von Péter Mesés

Péter Mesés arbeitete 2008-2009 im Kulturinstitut der Republik Ungarn in Stuttgart, das damals noch so hieß, wie auch das Land. “(…) wie dürfen sie in dem Haus dieses Programm veranstalten, wo ich einst so gerne, und nach meinen Begriffen für die ungarische Kultur und für die deutsch-ungarische Freundschaft gearbeitet habe?
Vor dem Haus in Stuttgart liegt ein Stolperstein. Ob Bayer das merkt? Ob er je über seine eigenen Gedanken stolpern wird? Auch das sind quälende Fragen.”

Zsolt Bayer, ein Mitglied der regierenden Fidesz-Partei, ist heute als inoffizieller Gast in Stuttgart, im Ungarischen Kulturinstitut. Was ist schon dabei, könnte man fragen, da er vor zwei Jahren einen Essay-Band über Endre Adys Gedicht Ős Kaján veröffentlicht hat, den er nun in Stuttgart präsentiert. Er selbst sagte irgendwo, in der ungarischen Prosa zählt für ihn Antal Szerb, in der Lyrik Endre Ady zu den Lieblingen, zu den Besten. Nun, nach dieser Aussage könnte ich meinen, was Zsolt Bayer denkt, steht dem ganz nah, was ich auch denke.

Wo ist dann das Problem?

Der Name Zsolt Bayer dürfte inzwischen auch den deutschen Lesern nicht mehr ganz unbekannt sein. Er ist, als enger Freund des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, unter anderem auch als Publizist der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Hírlap tätig, in der er mit seinen roma- und judenfeindlichen Publikationen einen zweifelhaften Ruhm erlangt hat. Hier und jetzt habe ich keine Möglichkeiten Bayers Publikationen zu analysieren, aber es dürfte reichen, dass vor Kurzem, als er in einer seiner Publikationen die Roma als Tiere beschrieben hat, selbst der ungarische Justizminister und stellvertretende Ministerpräsident, ebenfalls ein Parteifreund, Tibor Navracsics, gesagt hat, so jemand hätte keinen Platz in seiner Partei. Bis er doch eines Besseren belehrt wurde, wer weiß, von wem.

Ich muss zugeben, das Buch Bayers über Ady habe ich nicht gelesen. Höchstwahrscheinlich werde ich es auch nie. Vorurteil? Mag sein. Aber ich habe dafür genug Bayer gelesen, dass ich meine Zeit und meine geistige Gesundheit nicht mehr gefährden mag. Bayer ist zwar Mitglied der Regierungpartei, und attackiert auch die ganz offensichtlich rechtsextreme Jobbik Partei, doch damit will er nur erreichen, dass seine eigene Partei diejenigen Wähler, die solche Neigungen hegen, nicht an die Jobbik verliert. Mit seiner Gedankenwelt aber würde er allerdings selbst bei Jobbik zu den Extremeren gehören.

Ich selbst arbeitete 2008-2009 im Kulturinstitut der Republik Ungarn in Stuttgart, was damals noch so hieß, wie auch das Land. Wir haben damals nie überprüft, wer welcher Partei angehört, wenn überhaupt. Nur die kulturelle Leistung und Qualität zählte. Und das ist das, was bei Bayer gänzlich fehlt. Er ist zwar kein offizieller Gast, sondern wurde nur vom Hunnia Kör, (Hunnia Kreis) eingeladen, den ich gar nicht kenne, seine Webseite habe ich erst jetzt gesehen. Ich möchte darüber nichts Näheres sagen, jedoch habe ich mich nicht gewundert, dass sie gerade Bayer eingeladen haben. Die Frage, die mich quält, ist nur, wie dürfen sie in dem Haus dieses Programm veranstalten, wo ich einst so gerne, und nach meinen Begriffen für die ungarische Kultur und für die deutsch-ungarische Freundschaft gearbeitet habe?

Vor dem Haus in Stuttgart liegt ein Stolperstein. Ob Bayer das merkt? Ob er je über seine eigenen Gedanken stolpern wird? Auch das sind quälende Fragen.