Am 14. Oktober 2012 feierte der NPD-Landesverband Baden-Württemberg im Gasthof „Post“ sein Erntedank-Fest.
Die baden-württembergische NPD hat zumindest in den letzten Jahren parallel neben ihren öffentlichen Aktivitäten (Demonstrationen, Kundgebungen, Propaganda-Tätigkeiten), auch ein internes Veranstaltungs-Programm laufen, was sich speziell an Mitglieder und SympathisantInnen richtet. Dieses Programm besteht vor allem aus festen Terminen im völkischen Feiertags-Kalender: Reichgründungsfeiern, Sommersonnenwend- und Wintersonnenwend-Feiern, Julfeiern (heidnisches Weihnachten), Erntedankfest, Sommerfest.
Diese Veranstaltungen werden nicht öffentlich beworben und richten sich fast nur an das eigene, ideologisch gefestigte Klientel. Teilen der Szene, besonders beim traditionsnazistischen Flügel, ist es wichtig, dass dieses Angebot existiert. Diese Festivitäten sind Teil der geschlossenen, völkischen Lebens- und Parallelwelt. Früher hat sich u.a. auch die „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) um dieses Angebot gekümmert. Nach dem Verbot der HDJ 2009 durch den Staat, haben die NPD, ihre Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) und die NPD-Frauengruppe „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) zum Teil diese Funktion verstärkt übernommen.
So skurril auch der völkische Trachtenstadl von außen wirkt, derartiges ist wichtig für die Szene. In Baden-Württemberg ist Edda Schmidt aus Bisingen bei Balingen als „Brauchtumsbeauftragte“ der Südwest-NPD maßgeblich verantwortlich für die Ausrichtung der völkischen Feiern. So war sie aller Vermutung nach mit involviert, als am 14. Oktober 2012 der NPD-Landesverband Baden-Württemberg ein Erntedankfest organisierte. Jedenfalls war Edda Schmidt vor Ort, ebenso wurde der Reutlinger Jungnazi Simon Riehle erkannt.
Ein Bericht des „Ring Nationaler Frauen“ spricht von „Südwürttemberg“ als Veranstaltungsort, und weiter: „Obwohl der Ort nicht gerade zentral lag und man auch viel über Land fahren musste, um ihn zu erreichen, war der Saal bis auf den letzten Platz besetzt.“ Eine antifaschistische Recherche-Gruppe konnte ermitteln, dass das NPD-Erntedankfest im Gasthof „Post“ in Zwiefalten statt fand. Ob mit Wissen und Zustimmung des Betreibers um den Charakter der Veranstaltung, ist unbekannt.
Langzopfige Frauen und Mädchen im Rock kamen hier mit Scheitelträgern zusammen. Ein Teilnehmer trug ein Tshirt mit der Aufschrift „Nordic Storm“. Die Nummernschilder kamen aus Balingen, Reutlingen, Stuttgart, Ulm und Karlsruhe.
Diesmal hatte die Veranstaltung auch einen explizit politischen Charakter, weil auch ein Vortrag enthalten war. Ein RNF-Bericht vermerkt: „Während wir uns früher oft mit dem Brauchtum zur Erntezeit beschäftigt hatten, stand diesmal die Rede eines ehemaligen Bauern im Mittelpunkt, der – ausgehend von den Problemen der Landwirtschaft heute – einen Bogen spannte über »soziale Gerechtigkeit« bis hin zu vielen anderen aktuellen Themen wie Moscheebau schon im ländlichen Raum, harsche Kritik an der Fernsehsendung »Bauer sucht Frau«, Biogas-Erzeugung [...].“
Die TeilnehmerInnen-Zahl war schwer abschätzbar, da unklar war wer zu der Nazi-Feier gehörte und wer ein normaler Gaststätten-BesucherIn war. Bei früheren Veranstaltungen dieser Art kamen nicht wenige Personen zusammen. Am 23. Juni 2012 feierten NPD, JN und RNF Baden-Württemberg ein gemeinsames Sommerfest mit Sonnwendfeier. Das Fest soll im Kreis Ludwigsburg auf einem Grundstück am Neckar stattgefunden haben. Es gab einen Vortrag des Waffen-SS-Freiwilligen „ehemaligen Afrikakämpfers Wilhelm Langsam“ aus Göppingen und einen Auftritt des Liedermacherduos „Infestus” aus Stuttgart. Ein Nazi-Bericht spricht von „rund 170 Teilnehmern“. Das wären mehr als DemonstrantInnen in Göppingen. Mögen diese Zahlen auch übertrieben sein, Bilder der Veranstaltung zeigen durchaus über hundert Leute.