Razzia bei "unsterblichen" Neonazis

Erstveröffentlicht: 
19.06.2012

Rechtsextreme Gruppe verboten

 

Von Thomas Heise

 

260 Beamte sind in Ostdeutschland im Einsatz gegen die rechtsextreme "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg", das Innenministerium hat die Vereinigung verboten. Die Mitglieder nennen sich "unsterblich" - die Gruppe fiel immer wieder mit nächtlichen Fackelzügen auf.

 

Potsdam - Die Ermittler kamen am frühen Morgen. Um 6 Uhr klingelten zwei Zivilfahnder und vier uniformierte Polizisten bei Marcel Forstmeier im brandenburgischen Lübbenau. Die Beamten durchsuchten seine Wohnung. Forstmeier gehört zum harten Kern der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg", gilt als einer der Köpfe der Neonazi-Bewegung in dem Bundesland.

Der 30-Jährige ist ein altbekannter Rechter mit Abitur. "Er versteht sich als Elitemann", so die brandenburgische Verfassungsschutz-Chefin Winfriede Schreiber. "Er will eher die Ideologie verbreiten und sich an die Spitze der Elite setzen", sagte Schreiber SPIEGEL TV im Februar.

Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke hat die rechtsextreme Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" am Dienstag verboten. Die Aktivitäten der Vereinigung richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung. Zweck und Tätigkeit des Vereins liefen außerdem den Strafgesetzen zuwider, heißt es in der Verbotsverfügung. Zeitgleich vollstreckten 260 Beamte am Morgen das Verbot bei 27 Vereinsmitgliedern.

Bewusst stellten die Neonazis das Schlagwort "Volkstod" in den Mittelpunkt, heißt es in der 60 Seiten umfassenden Verbotsverfügung. Die Anlehnung an den Sprachgebrauch des Hitler-Regimes sei augenfällig.

Ganz in Schwarz mit weißen Masken

Seit mehr als einem Jahr halten die selbsternannten "Unsterblichen", die mitunter auch unter dem Namen "Spreelichter" auftreten, Polizei und Verfassungsschutz in Brandenburg in Atem. Dabei fallen die Neonazis nicht als Schläger auf, sondern versuchen eine Art Nazi-Pop in der Szene zu etablieren. Hoch konspirativ verabreden sich die Rechten immer wieder zu bizarren Fackelmärschen. Ganz in Schwarz mit weißen Masken vor dem Gesicht ziehen sie dann durch Kleinstädte in ganz Deutschland. Die Polizei kommt meist zu spät. Von ihren Aktionen machen die Rechtsextremen Videos, stellen sie ins Internet. Alles erinnert an den Faschismus der dreißiger Jahre, an Fackelzüge durchs Brandenburger Tor, an Machtdemonstrationen der Nationalsozialisten.

Auf der Internetseite der "Spreelichter", die derzeit immer noch online ist, kann man deren ideologisches Rüstzeug erkennen. Es geht um Ahnenkult und Unsterblichkeit. Von Sozialbiologie und Mozart ist die Rede. Auch einem Führerkult wird gehuldigt. Ziel ist laut der Internetseite die Wahrung der "Germanischen Art". Man könnte es auch Rassenideologie nennen. Die Server der Webseiten stehen im Ausland.

Möglicherweise sind die Behörden den Hintermännern infolge einer anderen Razzia auf die Spur gekommen. Damals wurden 40 Wohnungen der "Volkstod-Bewegung" durchsucht. Die Fahnder fanden dabei auch die typischen weißen Masken der Fackelumzüge. "Die aktuellen Durchsuchungen dauern derzeit an", sagte der Sprecher des Innenministeriums SPIEGEL ONLINE. Mehr will Woidke am Nachmittag auf einer Pressekonferenz bekanntgeben.

Mehr zu der Razzia: SPIEGEL TV Magazin, Sonntag 21.55 Uhr, RTL