Zwangsräumung des Zentrums ESCOLA (Porto, Portugal)

Escola

Offener Brief an die Stadtverwaltung bzgl. der angedrohten Räumung des sozialen Zentrums Es.Col.A. im Ende März

Die leerstehende ehemalige Schule Alto da Fontinha wurde, nachdem das Gebäude über fünf Jahre dem Verfall preisgegeben war, am 10. April 2011 besetzt, um den öffentlichen Raum wieder für die Menschen im Stadtteil nutzen zu können. Die Besetzung bekam schnell Unterstützung und es sammelte sich eine wachsende Gruppe von AktivistInnen, die angetrieben waren von der Idee, ein Projekt zu schaffen für soziale und kulturelle Aktivitäten – ohne finanzielle Zuschüsse, selbstverwaltet und mit und für die lokale Bevölkerung.

 

Die Instandsetzung des Gebäudes und der Gerätschaften begann – ebenso die sozialen und kulturellen Aktivitäten. Am 10. Mai, nur einen Monat nach der Besetzung, wurde das Gebäude auf Anweisung der Stadtverwaltung durch einen massiven Polizeieinsatz geräumt. Das Gebäude wurde wieder eingemauert und blieb mehr als zwei Monate leer, bis eine starke Mobilisierung der Bevölkerung den Stadtrat von Porto dazu trieb, die Zwangsräumung am 25. Juli wieder rückgängig zu machen und anschließend einen Nutzungsvertrag mit den BesetzerInnen abzuschließen.

Das Projekte kehrt wieder in das Gebäude zurück und die Aktivitäten wurden wieder aufgenommen und erweitert, entsprechend der Bedürfnisse der Menschen im Stadtteil: Es finden Kurse und Seminare für Alphabetisierung, Musik, Malerei, Schach, Yoga, Capoeira usw. statt. Das soziale Zentrum hat ebenfalls eine Stadtteilküche, eine Fahrradwerkstatt, eine Bibliothek, Internetzugänge, Theateraufführungen und ein Kino.

In den sieben Monaten seit der Wiederbesetzung hat die Stadtverwaltung keinen Versuch unternommen, einen Austausch mit dem Projekt und den Menschen im Stadtteil zu schaffen. Die jetzt angesetzte Räumung ignoriert ebenfalls, dass die im Nutzungsvertrag aufgeführten Anforderungen seitens der BesetzerInnen erfüllt wurden. Hier wird sichtbar, dass die Stadtverwaltung nur daran interessiert ist, das soziale Zentrum Es.Col.A. zu zerstören – und damit die bisherige Arbeit für das Stadtteil zunichte zu machen.

Angesichts dieser Haltung der Stadtverwaltung von Porto, die von Verachtung und Ignoranz gegenüber den Menschen vor Ort gekennzeichnet ist, können wir nur darauf hinweisen, dass wir, die BesetzerInnen, die angesetzten Räumung nicht für legitim halten. Das soziale Zentrum Es.Col.A. will auch weiterhin das Gebäude nutzen und die sozialen und kulturellen Aktivitäten fortführen, unter der Wahrung unserer Grundsätze: Unabhängige Strukturen ohne parteipolitische und ökonomische Interessen, selbstverwaltet und autonom, frei von Hierarchie, basisdemokratische und konsensuale Entscheidungen durch die Vollversammlung.

„Seja bem-vindo quem vier por bem“ (José Afonso) („Willkommen sind diejenigen, die mit guten Absichten kommen“)

Soziale Zentrum Es.Col.A. (Porto, Portugal) (http://escoladafontinha.blogspot.com/, es.col.a.da.fontinha [at] gmail.com)

 

 


 


Hintergrundinformationen: Krise und soziale Proteste in Portugal

Der Generalstreik in Portugal am 24.11.2010
http://www.fau.org/artikel/art_110123-113820

Jetzt wird's laut - In Portugal regt sich Widerstand gegen die neoliberale Krisenbewältigung (April 2011)
http://www.akweb.de/ak_s/ak560/18.htm

Widerstand gegen neoliberale Krisenpolitik? Portugal nach den Wahlen und vor dem Generalstreik (August 2011)
http://www.linksnet.de/de/artikel/26873

Portugal: Linke Kräfte vernetzen sich bei Generalstreik und Massenprotesten (Januar 2012)
http://kupeli.blogsport.eu/2012/01/25/portugal-generalstreik-massenprotest/