Für Sonntag, 17.04.11, dem 66. Jahrestag der Bombardierung Schwandorfs durch alliierte Streitkräfte, riefen Neonazis des Freien Netz Süd zu einem sog. Gedenkmarsch in Schwandorf auf.
Trotz der erneut äußerst geringen Mobilisierungszeit für notwendige Gegenaktionen von knapp 2 Tagen sowie der bereits im Vorfeld bekanntgegebenen Auflösung des Antifaschistischen Kollektivs Schwandorf folgten rund 150 Genoss_Innen dem Aufruf von Antifa und Linksjugend ['solid], den populistischen Neonaziaufmarsch zum Desaster zu machen.
Bereits im Vorfeld gab es Aktionen gegen das Tags zuvor stattgefundene bürgerliche Gedenken, wie dezentrale Flyerverteilungen oder das Aufhängen mehrerer themenbezogener Transparente, die klarmachten, dass keinem/r Schwandorfer Bürger/in irgendeine Opferrolle an diesem Angriff von britischen und kanadischen Luftverbänden zuzuschreiben ist. Der strategisch zu dieser Zeit enorm wichtige Schwandorfer Bahnhof, der für einen Großteil der Waffenlieferungen der Nazis in den Osten verantwortlich war, musste zweifellos funktionsunfähig gemacht werden, um deutschen Faschist_Innen das Handwerk zu legen und das Ende des von Deutschland ausgehenden Zweiten Weltkriegs zu beschleunigen.
Neonazis riefen, um sich als stolze Deutsche zu inszenieren, bayernweit zu einer Demonstration in Schwandorf, einer Kleinstadt in der Faschist_Innen schon lange nichts mehr zu melden haben, auf, um die Geschichte erneut auf primitivste Art und Weise zu verfälschen und um sich als Opfer sowie die Alliierten als skrupellose Mörder unschuldiger Deutscher darzustellen. Nur rund 40 Neofaschist_Innen folgten diesem Aufruf, was den Fakt, dass es für sie in SAD nichts mehr zu holen bzw. zu erreichen gibt, festigt.
Bereits gegen 17.00 Uhr, eine Stunde vor Beginn der Nazidemo, fanden sich erste Antifaschist_Innen gegenüber vom Bahnhof ein. Knapp eine Stunde später wurde die Kreuzung in die Bahnhofstraße, von wo aus die Faschos über die Friedrich-Ebert Str. und die Wackersdorfer Straße zum Denkmal ziehen wollten, von knapp 100 Antifaschist_Innen blockiert. Begleitet wurde die Blockade von gut halbsoviel Bürger_Innen, die sich von den zentralen Aktionen gegen den Aufmarsch distanzierten mit der Begründung, mensch würde den Nazis damit in die Hände spielen.
Kurzfristig also wurde die Route der Neonazis geändert: Die Pesserlstraße wurde gesperrt, damit Faschist_Innen ihre zweifelsfrei reaktionäre, widersprüchliche Ideologie auf die Straße tragen konnten. Dies ist als erster Erfolg aus antifaschistischer Sicht zu verbuchen: Anstatt durch die Innenstadt zu marschieren, mussten sie weit außerhalb und entfernt von der Bevölkerung durch die Gegend opfern. Durch massiven Polizeischutz war kein Durchkommen zu dem Häuflein Nazis, die sich und ihren ohnehin dilettantischen Auftritt durch lächerliche Skelett-Verkleidung sowie pseudotheatralische Musik in die absolute Erbärmlichkeit manövrierten.
Dem linksradikalen Anteil der Gegendemo gelang es, im Eiltempo zum Denkmal in der Kreuzbergalle zu kommen und dieses durch friedliche Sitzblockaden vor der Faschokundgebung zu bewahren. Hier spielte sich die erste von einigen hässlichen Szenen ab: Vom für Schwandorfer Verhältnisse äußerst brutal agierenden USK attackiert, wurde mensch auf feigste Art und Weise von Polizist_Innen zusammengeknüppelt. Ein Genosse, der dem Angriff der Polizei nicht rechtzeitig entkommen konnte, wurde von einer Handvoll Polizist_Innen zu Boden geworfen und daraufhin mit Schlägen und Tritten am ganzen Körper schwer verletzt. Der friedliche Gegendemonstrant wurde, nachdem er vom Freund und Helfer zusammengeschlagen wurde, verhaftet. Durch sinnloses Rumgeschubse und Rumgeprolle im Anschluss konnte das USK den Weg für die Nazikundgebung freiknüppeln.
Sichtlich unbeeindruckt von der massiven Gewaltanwendung der Polizei, formierte mensch sich dennoch mit Transparenten und Megafon, um die 40 Neofaschist_Innen lauthals zu empfangen und ein Dringen ihrer Meinung an den/die ein oder andere/n Schwandorfer/in unmöglich zu machen. Beim Eintreffen zog der Lärmpegel der knapp 100 Antifaschist_Innen das "Gedenken" der Faschos nahezu ins Lächerliche. Hierbei schlossen sich Anwohner_Innen spontan den Protesten gegen diesen geschichtsrevisionistischen Akt an.
Gen Ende der Kundgebung blockierten rund 60 Antifaschist_Innen direkt die Hauptstraße (Wackersdorfer Str.), um auch den Rückweg der Neonazis ins Niemandsland zu erzwingen. Auch hier konnte man eine für Schwandorfer Verhältnisse ungewohnt gewalttätig auftretende Polizei beobachten: Es wurde wieder rumgepöbelt, rumgeprollt und rumgeschubst, um den Faschist_Innen eine lange Route durch die Innenstadt zu ermöglichen.
Doch an dieser Stelle wurde eindrucksvoll klargemacht, dass mensch sich von jeglichen Gewaltakten, ausgehend von der Polizei, nicht unterkriegen lassen werde. Als eingesehen wurde, dass die Blockade aufgrund der Entschlossenheit der Antifaschist_Innen (die bürgerlichen Gegendemonstrant_Innen hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits in großen Mengen zurückgezogen) nicht geräumt werden kann, wurde die Masse gekesselt, womit eine Umleitung der Faschos erst möglich, und dann umgesetzt wurde. Von knapp 30 Antifas wurden die Personalien festgestellt, am Rande der Massenblockade kam es zu grundlosen Festnahmen einzelner Personen.
Nur unter massivem Polizeischutz konnten die 40 Neonazis, lautstark begleitet von einigen Gegendemonstrant_Innen, ihre Route über die Ettmannsdorfer Straße zum Bahnhof gehen. Durch das lächerliche Auftreten des braunen Mobs ist dies jedoch nur bedingt als Teilerfolg für die Faschos zu werten.
Zuletzt formierte sich antifaschistischer Widerstand am Bahnhof, wo die angereisten Faschist_Innen würdig verabschiedet wurden. Auch hierbei wurden einzelne Personen ohne einen erkennbaren Grund festgenommen, mit dem Zug angereisten Antifaschist_Innen wurde die Heimreise untersagt.
Fazit: Der äußerst repressive Polizeieinsatz ist als einziges Manko zu bewerten. Menschen, zwischen denen teils inhaltliche Differenzen bestehen, haben sich gemeinsam an diesem Tag mutig, entschlossen und kraftvoll den Faschist_Innen in den Weg gestellt und den Aufmarsch letztendlich massiv behindert.
Rund 150 Gegendemonstrant_Innen (laut Polizeibericht 80 Antifas und 30 Bürger_Innen) sind für Schwandorf, wo sich politische Aktionen meist gering gehaltener Beteiligung erfreuen, durchaus beachtlich. Nur 40 Neonazis (60 laut Polizeibericht) sind angesichts der bayernweiten Mobilisierung im Vorfeld auch eine erfreuliche Zahl.
Durch die vielen sich in der ganzen Stadt zerstreut bewegenden Kleingruppen ist eine genaue Zahl an verletzten und verhafteten Antifas noch nicht genau festzustellen, sie wird jedoch auf bis zu 5 verletzte und doppeltsoviel verhaftete Genoss_Innen geschätzt. Betroffene mögen sich an den Ermittlungsausschuss oder die Rote Hilfe wenden oder uns sowie die ['solid] Schwandorf kontaktieren.