Schröders schwarze Liste

Kristina Schröder (CDU)
Erstveröffentlicht: 
17.01.2011

US-Kommunistenjäger Jo­seph McCarthy (1908–1957) ist wieder da. Er kommt diesmal aus der deutschen Jungen Union, ist weiblich und heißt Kristina Schröder (CDU). Laut einem Bericht des Spiegel verschärft die Bundesjugendministerin die Gangart ihres antikommunistischen Feldzuges: Sie will Organisationen, die Neofaschismus bekämpfen, nur noch mit Geldern ihres Ministeriums fördern, wenn diese selbst nach »Linksextremisten« in ihrem Umfeld schnüffeln. Als besonders extremistisch und daher von Zuwendungsberechtigten sofort mit Kontaktsperre zu belegen gelten demnach Gruppierungen der Linkspartei wie Sozialistische Linke und Kommunistische Plattform.

 

Vom Ministerium finanziell gestützte Organisationen müssen eine »Bestätigung« unterschreiben, daß sie sich zur »freiheitlich-demokratischen Grundordnung« bekennen. Enthalten ist auch die Verpflichtung, »auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen, daß die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc.« ein politisches Gütesiegel im Sinne Schröders haben. Dazu müsse im Verfassungsschutzbericht nachgesehen werden, ob die Partner darin aufgeführt sind, oder in der »Literatur« nach Stellen gefahndet werden, in denen ein Referent den Kommunismus vertritt. In dem vierseitigen Erläuterungspapier, das neuerdings der »Demokratieerklärung« beigefügt wird, werden Antragsteller aufgefordert, zur Überprüfung ihrer Partner die Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder zu konsultieren. Der Spiegel wörtlich: »Für ausgewählte Partner werden Gedächtnisstützen formuliert: Wer Staatsgeld will, darf unter Umständen mit der Linkspartei kooperieren, ganz sicher aber nicht mit deren Kommunistischer Plattform«. Linken Gruppen, etwa solid, der Jugendorganisation der Linkspartei, will Schröder keinerlei Bundesgelder mehr zukommen lassen. Seit Herbst fordere sie auch von Organisationen »aus der Mitte des politischen Spektrums« eine schriftliche Garantie.

Gegen die Erklärung regt sich laut Bericht bislang nur milder Widerstand. Gegner kritisierten den »Schnüffelparagraphen«, weil die Antragsteller damit künftig ihre Partnerorganisationen auf Verfassungstreue untersuchen müßten. Der Beirat des »Bündnisses für Demokratie und Toleranz« – vor zehn Jahren von den Bundesministerien für Inneres und Inneres gegründet – habe an das Ministerium einen Protestbrief geschrieben, in dem es heiße, Schröders Initiative sei »geeignet, das Klima zu vergiften und der gemeinsamen Sache zu schaden«. Die »Bestätigung« halte man »nicht für praktikabel, für rechtlich sehr bedenklich und nicht für zielfördernd«. Die Gegner des Schröder-Erlasses erwägen eine Klage und stützen sich auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Ulrich Battis, wonach der Text in Teilen »mit dem Grundgesetz nicht vereinbar« sei. Schröder sagte dem Spiegel: »Die Proteste zeigen, daß wir da einen wunden Punkt treffen.« Der grüne Abgeordnete Sven Kindler wird in dem Bericht mit den Worten zitiert: »Ministerin Schröder schwächt gezielt die Arbeit gegen Nazis, Rassismus und Antisemitismus.« Anetta Kahane, Vorstandsvorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung erklärte der Zeitschrift: »Das bringt uns ohne Not in die Zeiten des Radikalenerlasses zurück.«

Die Behörde Schröders verfügt in diesem Jahr über insgesamt 29 Millionen Euro für den »Kampf gegen Extremismus«, 22 Organisationen haben – so der Spiegel – die »Demokratieerklärung« bereits unterschrieben.