US-Kommunistenjäger Joseph McCarthy (1908–1957) ist wieder da. Er kommt diesmal aus der deutschen Jungen Union, ist weiblich und heißt Kristina Schröder (CDU). Laut einem Bericht des Spiegel verschärft die Bundesjugendministerin die Gangart ihres antikommunistischen Feldzuges: Sie will Organisationen, die Neofaschismus bekämpfen, nur noch mit Geldern ihres Ministeriums fördern, wenn diese selbst nach »Linksextremisten« in ihrem Umfeld schnüffeln. Als besonders extremistisch und daher von Zuwendungsberechtigten sofort mit Kontaktsperre zu belegen gelten demnach Gruppierungen der Linkspartei wie Sozialistische Linke und Kommunistische Plattform.
Vom Ministerium finanziell gestützte Organisationen
müssen eine »Bestätigung« unterschreiben,
daß sie sich zur »freiheitlich-demokratischen
Grundordnung« bekennen. Enthalten ist auch die Verpflichtung,
»auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen,
daß die als Partner ausgewählten Organisationen,
Referenten etc.« ein politisches Gütesiegel im Sinne
Schröders haben. Dazu müsse im Verfassungsschutzbericht
nachgesehen werden, ob die Partner darin aufgeführt sind, oder
in der »Literatur« nach Stellen gefahndet werden, in
denen ein Referent den Kommunismus vertritt. In dem vierseitigen
Erläuterungspapier, das neuerdings der
»Demokratieerklärung« beigefügt wird, werden
Antragsteller aufgefordert, zur Überprüfung ihrer Partner
die Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder zu
konsultieren. Der Spiegel wörtlich: »Für
ausgewählte Partner werden Gedächtnisstützen
formuliert: Wer Staatsgeld will, darf unter Umständen mit der
Linkspartei kooperieren, ganz sicher aber nicht mit deren
Kommunistischer Plattform«. Linken Gruppen, etwa solid, der
Jugendorganisation der Linkspartei, will Schröder keinerlei
Bundesgelder mehr zukommen lassen. Seit Herbst fordere sie auch von
Organisationen »aus der Mitte des politischen
Spektrums« eine schriftliche Garantie.
Gegen die Erklärung regt sich laut Bericht bislang nur milder
Widerstand. Gegner kritisierten den
»Schnüffelparagraphen«, weil die Antragsteller
damit künftig ihre Partnerorganisationen auf Verfassungstreue
untersuchen müßten. Der Beirat des
»Bündnisses für Demokratie und Toleranz«
– vor zehn Jahren von den Bundesministerien für Inneres
und Inneres gegründet – habe an das Ministerium einen
Protestbrief geschrieben, in dem es heiße, Schröders
Initiative sei »geeignet, das Klima zu vergiften und der
gemeinsamen Sache zu schaden«. Die
»Bestätigung« halte man »nicht für
praktikabel, für rechtlich sehr bedenklich und nicht für
zielfördernd«. Die Gegner des Schröder-Erlasses
erwägen eine Klage und stützen sich auf ein Gutachten des
Verfassungsrechtlers Ulrich Battis, wonach der Text in Teilen
»mit dem Grundgesetz nicht vereinbar« sei.
Schröder sagte dem Spiegel: »Die Proteste zeigen,
daß wir da einen wunden Punkt treffen.« Der grüne
Abgeordnete Sven Kindler wird in dem Bericht mit den Worten
zitiert: »Ministerin Schröder schwächt gezielt die
Arbeit gegen Nazis, Rassismus und Antisemitismus.« Anetta
Kahane, Vorstandsvorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung
erklärte der Zeitschrift: »Das bringt uns ohne Not in
die Zeiten des Radikalenerlasses zurück.«
Die Behörde Schröders verfügt in diesem Jahr
über insgesamt 29 Millionen Euro für den »Kampf
gegen Extremismus«, 22 Organisationen haben – so der
Spiegel – die »Demokratieerklärung« bereits
unterschrieben.