Castor: Südblockade im pfälzischen Berg

Auftaktkundgebung

Über Entschlossene Blockierer_innen und die überforderte Polizei

Keine zwei Stunden nach dem Start in Valogne wurde der Castor in der Nähe von Caen durch an die Gleise gekettete Aktivist_innen für mehrere Stunden aufgehalten. Ein guter und Mut machender Auftakt. Die nächste Hürde für den rollenden Atommüll sollte die offen angekündete Gleisblockade kurz hinter der französischen Grenze im südpfälzischen Berg nahe Wörth sein.

 

Mehrere hundert Menschen aus ganz Südwestdeutschland fanden sich gegen 9 Uhr 30 zur Auftaktkundgebung am Berger Fußballplatz ein. Polizei war nur spärlich vertreten und beschränkte sich auf Präsenz zeigen, gab Interviews und flanierte in und um die Kundgebung herum.

 

Gegen 11 Uhr setzte sich der Demozug in Bewegung. Inzwischen waren weit über 1500 Menschen da, um ihren Unmut über die Atomkraft und die Konzernhörigkeit der Bundesregierung zu zeigen.

Ziel der Demo war das Bootshaus in der Nähe des Berger Bahnhofes, wo die Abschlusskundgebung stattfinden sollte und noch viel mehr...

 

Kurz vor dem Bootshaus gegen 11 Uhr 30 kam das Signal und es bildeten sich mehrere Finger aus dem Demozug, die in verschiedenen Richtungen zum Gleis strömten.

Fast ungehindert und ohne nennenswerten Polizeikontakt konnten hunderte von Blockierer_innen auf die Gleise gelangen und es sich dort erstmal gemütlich machen. Die anwesenden Polizist_innen konnten dem Treiben nur tatenlos und völlig überfordert zusehen: Sie hatten nicht den Hauch einer Chance.

Als dies zu den am Bootshaus zurückgebliebenen Demonstrant_innen durchdrang, setzten auch sie sich in Bewegung und vergrößerten so die Anzahl der Blockierenden auf nahezu 1300.

 

Die Stimmung auf dem Gleis war gut und optimistisch: Es wurde gesungen, Geige gespielt, jongliert, Karten gespielt, gegessen und heißer Kaffee getrunken (Danke an die Vokü-Leute!), ein bischen geschottert, Zeitung gelesen und diskutiert. Ständig versorgt mit den neuesten Nachrichten zum Castor über Handy und Megafon.

Rentner_innen, Punks, Attacis, Autonome, Anarchist_innen, die Linke, Umweltbewegte, Jugendliche und Kinder, Mamas und Papas, Töchter und Söhne, die Grüne Jugend und noch viele mehr saßen dicht gedrängt und gemeinsam beisammen: Der Widerstand gegen den Castor und die Atomkraft eint wie kein anderes Thema.

 

Auf dem gegenübergelegenen Feld sammelte sich die Polizei und wusste nicht so recht, was zu tun sei. Dutzende von Wannen und Sixpacks standen herum, drumherum gingen sich Blockierer_innen die Beine vertreten.

Am Gleis spielten Polizist_innen Flüsterpost: Sie hatten keine Funkgeräte und mussten Befehle von Mund zu Ohr weitergeben. Auf Nachfrage kam die Antwort: „Wir stehen hier halt so rum. Wir wissen auch nicht was wir hier machen.“

Immer wieder kamen hilf- und vor allem fruchtlose Durchsagen der Einsatzleitung mit der Aufforderung, das Gleis zu verlassen. Sie gingen in Pfeifkonzerten, Buhrufen und Gelächter unter.

Es war eins klar: Niemand geht hier freiwillig weg.

 

Kurz nach ein Uhr war die Warterei zu Ende: Erste Menschen wurden geräumt und entweder zur ED-Behandlung oder nur hinter das „Flatterband“ (So nannte die Einsatzleitung das Absperrband, das den 50-Meter-Korridor entlang des Gleises markierte) gebracht.

Eine halbe Stunde später wurde die Räumung abgebrochen, die Polizei zog sich kommentarlos zurück, stieg in ihre Fahrzeuge und verließ größtenteils die Blockade.

Nach kurzer Verwirrung wurden erste Gerüchte bestätigt: Der Castor wurde wegen der Blockade in Berg nach Strasbourg/Kehl umgeleitet.

Die Freude über diesen zweiten Erfolg schon zu Beginn des Transportes war groß.

Doch was nun? War es vielleicht doch nur ein Fake, um zu erreichen, dass das Gleis verlassen wurde? Die Gerüchteküche brodelte.

 

Auf einem Delegierten-Treffen wurde bald klar, dass einige Bezugsgruppen bleiben und andere nach Karlsruhe fahren wollten, um eine Spontandemo zu machen, auch mit dem Wissen, dass der Castor nun dort durch musste.

 

Um 17 Uhr in der Karlsuher Bahnhofshalle: Es ging los, einige hundert Menschen bewegen sich lautstark (geiles Echo!) in Richtung Südausgang und Gütergleisen. Auch hier: Eine völlig planlose und überforderte Polizei, die widersprüchlich aber in der Dunkelheit auch aggressiver reagierte.

 

Schnell war die Schwarzwaldstraße und die Kreuzung Ettlinger Straße/Ettlinger Allee blockiert.

Ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei begann, die immer wieder versuchte, die Situation durch Kesselung der Leute in den Griff zu bekommen. Dies gelang ihr nur bedingt: Die Ketten der Polizei wurden umgangen, überrannt und ausgetrickst...

 

Die Südblockade war ein voller Erfolg: Der Castor musste wegen Menschen, die bereit waren, sich dem Staat, der Regierung und der Polizei zu widersetzen, umgeleitet werden.

Und hier ging es nicht nur um den Castor oder Atomkraft. Hier zeigten viele, dass sie nicht mehr mit den Zuständen in diesem Land einverstanden sind und dass sie eine Gesellschaft wollen, in der nicht die Konzerne über unsere Zukunft bestimmen.

 

To be continued...