Die Zahl von fremdenfeindlichen und rechtsextremen Provokationen nimmt zu - das „BeratungsNetzwerk Hessen“ hat deutlich mehr zu tun als im vergangenen Jahr.
Steigender Beratungsbedarf gegen Rechtsextremismus: Die Zahl der
Menschen, die Hilfe beim in Marburg suchten, hat sich im vergangenen
Jahr fast verdoppelt. Wie das Netzwerk am Montag mitteilte, wurden die
Experten 2016 in insgesamt 138 Fällen für eine Beratung angefragt. Im
Vorjahr waren es 70 Fälle gewesen.
Ein Grund seien zunehmende „Polarisierungen in der Gesellschaft“. Mit
den steigenden Flüchtlingszahlen habe das Netzwerk beispielsweise ein
Angebot für Kommunen entwickelt, sagte der Leiter Reiner Becker. Unter
anderem planten die Experten gemeinsam mit Bürgermeistern von Kommunen,
die Flüchtlinge aufnahmen, Bürgerversammlungen. Oder sie halfen deshalb
in Fällen, in denen sich die Stimmung in der Bevölkerung
verschlechterte. In einigen Fällen berieten sie Ehrenamtliche, die wegen
ihres Engagements angefeindet wurden. „Mit der Aufnahme von
Flüchtlingen ist vieles hochgekocht, was vorher schon vorhanden war.“
In den Sozialen Netzwerken sei es teilweise „schon normal, in einem bestimmten Duktus seinen Unmut zu äußern, sagte Becker. Der Diskurs über Flüchtlinge habe zu einer gewissen Enthemmung geführt. Diese Verschärfung verunsichere viele Menschen. Die Beratung werde nicht in allen hessischen Landkreisen gleichermaßen nachgefragt. „Wir wissen von Landkreisen, in denen es Vorfälle gab, aus denen aber keine Rückfragen kamen“, sagte Becker. Das „Problembewusstsein“ sei an manchen Orten höher, ebenso wie die Bekanntheit des Netzwerks.
Nachfrage nach Präventionsangeboten
Die Anfragen und Beratungen verliefen sehr unterschiedlich, je nachdem ob Eltern, eine Kommune, eine Schule, eine Kirche oder ein Kindergarten Hilfe suchten. Hauptanlässe waren rechtsextreme Gewalt sowie eine Kultur, in der rechtsextremes Gedankengut „zum guten Ton gehört“, wie Becker erläuterte.
Gestiegen ist auch die Nachfrage nach Präventionsangeboten wie Fortbildungen, Vorträgen und Workshops für Ehrenamtliche, Schüler oder Lehrer. Diese Aufgabe habe das Netzwerk erst 2015 neu hinzugenommen. „Wir haben in Hessen vieles nachgeholt.“ So wird beispielsweise in diesem Jahr auch die Beratungsstelle für Opfer rechter und rassistischer Gewalt „response“ ausgebaut. „Response“ gehört ebenfalls zum „beratungsNetzwerk hessen - gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“.
Das Netzwerk, das vom Bund und vom Land finanziert wird, soll Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und Salafismus entgegenwirken. Es berät seit 2007 Schulen, Eltern, Familienangehörige, Kommunen, Vereine und Diskriminierungsopfer. Die Beratung ist vertraulich und kostenlos. Zentrale Anlauf- und Geschäftsstelle des Beratungsnetzwerks ist das Demokratiezentrum Hessen, das an der Universität Marburg angesiedelt ist.