„Gruppe Freital“ plante auch Angriff auf Polizei

Erstveröffentlicht: 
15.03.2017

Neben Anschlägen auf Flüchtlinge und politische Gegnern hat die „Gruppe Freital“ auch über einen Angriff auf die Polizei nachgedacht. Von entsprechenden Plänen berichtete der jüngste der acht Angeklagten am Mittwoch im Terrorprozess vor dem Dresdner Landgericht und bezeichnete es als „Schnapsidee“.

 

Dresden. Im Terrorprozess gegen die rechtsextreme „Gruppe Freital“ hat der jüngste Angeklagte weitere Vorwürfe gegen die beiden mutmaßlichen Rädelsführer und andere Beschuldigte erhoben. Timo S. habe auch einen Angriff auf das Polizeirevier Freital geplant, sagte der 19-Jährige Justin S. am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Dresden auf Frage eines Nebenklagevertreters. „Ja, das war so eine Schnapsidee, da reinzustürmen.“ Nach Vorstellung von Timo S. hätte zuvor ein Polizeiauto angehalten, die „Beamten kampfunfähig“ gemacht und eine Waffe aus dem Kofferraum gestohlen werden sollen. Die Planungen seien jedoch nicht weiterverfolgt worden.

 

Erneut stellte der 19-Jährige Timo S. (28) und Patrick F. (25) als diejenigen dar, die in der Gruppe das Sagen gehabt hätten. „Es waren eigentlich alle auf einer Ebene, aber Timo S. und Patrick F. waren höhergestellt“, erklärte er. 

 

Fahrt mit NPD-Politiker nach Dresden


Gemeinsam mit einem NPD-Politiker seien die beiden nach Dresden gefahren, um ein Großzelt auszuspähen, das nach einem Oktoberfest-Einsatz als Erstaufnahmeeinrichtung für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden sollte - „damit man da eventuell einen Anschlag verüben kann.“ Bei der Tour sei auch der Angeklagte Mike S. mit dabei gewesen. Unterdessen habe er selbst in Freital auf die Handys der Kundschafter aufgepasst, damit auf diesen keine GPS-Spuren hinterlassen würden, sagte der Angeklagte.

 

Der 19-Jährige hatte bereits zu Beginn seiner Befragung die der Gruppe in der Anklage vorgeworfenen fünf Anschläge auf Flüchtlinge und politische Gegner bestätigt und seine direkte Beteiligung in zwei Fällen eingestanden.

 

Offensichtlich wurde in der Gruppe auch über die Ermordung eines Zeugen diskutiert, der Timo S. im Zusammenhang mit einem Überfall auf ein Auto mit Flüchtlingshelfern belastet hatte. Timo S. habe die Aussage des Mannes in der Gruppe weitergereicht, sagte der 19-Jährige. „Ich habe bloß erfahren, dass der verschwinden soll.“ Auf die Nachfrage, was er unter „verschwinden“ verstanden habe, sagte Justin S.: „Ihn umbringen.“ 

 

Sohn von Martin Dulig verfolgt


Timo S. war wegen der Tat im April vergangenen Jahres zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Unter den Flüchtlingsunterstützern, die er gemeinsam mit anderen von Freital nach Dresden verfolgt hatte, war auch der Sohn des sächsischen Vizeministerpräsidenten Martin Dulig (SPD).

 

Der Generalbundesanwalt wirft den sieben Männern und einer Frau im Alter zwischen 19 und 39 Jahren die Bildung einer terroristischen Vereinigung vor. Außerdem sind sie wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und der Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen angeklagt. Der 19-jährige Gleisbauerlehrling ist bisher der einzige Beschuldigte, der sich zu den Vorwürfen einließ.

 

Der Prozess gegen die „Gruppe Freital“ ist das erste Terrorverfahren in Sachsen. Er findet in einem eigens dafür eingerichteten Hochsicherheitssaal auf dem Gelände einer künftigen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Norden Dresdens statt. Bis Ende September sind noch knapp 60 Verhandlungstage terminiert.