Gefangene haben über eine Woche keinen Zugang zu medizinischer und psychologischer Betreuung. Häftlinge urinieren in der Küche in Essen für Mitinhaftierte. In der Justizvollzugsanstalt Dresden leiden Wärter und Gefangene unter der extremen Personalnot in Sachsens Strafvollzugssystem.
Dresden/Leipzig. In Sachsens Justiz-System droht der nächste Skandal. In der JVA Dresden haben Gefangene in der anstaltseigenen Großküche in das Essen von Mithäftlingen uriniert und gespuckt. Die Küche ist neben der Verpflegung der über 800 Insassen auch für das Essen von Anstaltsleitung und Wärtern zuständig. Wie das Online-Portal Tag24 Ende Januar berichtet, sollen drei Gefangene bereits seit Weihnachten Essen mit Fäkalien verunreinigt haben.
Erst nachdem die Häftlinge aus den Medien von den Vorgängen erfuhren, setzte der Leiter der Justizvollzugsanstalt Dresden, Ulrich Schwarzer, die Inhaftierten mit einem Aushang ins Bild. Nach Informationen der Gefangenengewerkschaft GG/BO, erklärte Schwarzer, dass die Gemeinschaftsverpflegung nicht betroffen gewesen sei. Auch würden die mutmaßlichen Täter nicht mehr in der Küche eingesetzt.
Wie die Mitteldeutsche Zeitung erfuhr, seien die drei Männer in Schutzhaft genommen worden, um Racheakte von Mithäftlingen zu verhindern. Inzwischen verweigern nach MZ-Informationen viele Häftlinge das Essen. Sie ernähren sich nur noch von Brot und abgepackten Produkten. Den Wunsch einzelner Gefangener, sich künftig selbst zu versorgen, wollte der zuständige Regierungsrat Frank Rieger nicht erfüllen. Sie werden weiter aus der Großküche versorgt.
Landtag befasst sich mit Zuständen in Sachsens JVAs
Mittlerweile muss sich Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) mit der Angelegenheit befassen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im sächsischen Landtag, Uwe Wurlitzer stellte eine kleine Anfrage. Wurlitzer interessierte nicht, wieso Häftlinge ins Essen urinierten. Der AfD-Abgeordnete wollte wissen, welche Nationalität die mutmaßlichen Täter hatten und ob es sich um Menschen mit Migrationshintergrund handelte. „Die festgestellten Tatverdächtigen sind deutsche Staatsbürger“, antwortete Gemkow.
Doch nicht nur in der Küche der JVA Dresden gibt es massive Probleme. Mitte Februar waren die über 800 Gefangenen über eine Woche ohne jegliche medizinische Betreuung. Auch psychologische Betreuung wurde den Inhaftierten vorenthalten. Das kritisieren übereinstimmend die rechtspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Katja Meier, und die Gefangenengewerkschaft GG/BO. Meier weist darauf hin, dass sich während der Grippewelle und in den Ferien der Personalnotstand noch weiter verschärft hätte. „Diese Zustände können weder den Gefangenen noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugemutet werden.“
Al-Bakr: Defizite in Sachsens Justiz-System werden offenbar
Auch in anderen sächsischen Justizvollzugsanstalten gibt es massive Probleme, wie der Tod des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der JVA Leipzig im Oktober aufzeigte. Auch in Leipzig war eine psychologische Betreuung nur eingeschränkt möglich. Dolmetscher kamen in der JVA erst verspätet zu Einsatz. Ohne diesen war der gebürtige Syrer keine Verständigung möglich. Hofgänge wurden ihm verwehrt. In der Nacht seines Todes saß al-Bakr in einer verdunkelten Zelle ohne Strom und wurde lediglich von einem Auszubildenden beobachtet.