Im Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD bahnt sich ein überraschender Richterspruch in Karlsruhe an. Das Bundesverfassungsgericht könnte ein Teilverbot der Partei verkünden. Aber was kann so ein Urteil bewirken?
Einen Termin haben sich die deutschen Innenminister besonders dick im Kalender markiert: den 17. Januar. An diesem Tag verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil im NPD-Verbotsverfahren. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) bereitet sich der Klage führende Bundesrat auf einen überraschenden Richterspruch vor: Karlsruhe könnte demnach die rechtsextreme Partei zwar verbieten – allerdings nicht in ganz Deutschland, sondern nur im Osten.
Der Bonner Verfassungsrechtler Foroud Shirvani hält ein solches Urteil sogar für wahrscheinlich. „Die Länder wären gut beraten, sich darauf vorzubereiten“, sagte Shirvani dem RND. Der langjährige Mitarbeiter von Ex-Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier verwies auf das Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Paragraf 46, Absatz 2. Dort heißt es: „Die Feststellung kann auf einen rechtlich oder organisatorisch selbstständigen Teil einer Partei beschränkt werden.“
Ein derartiges Urteil bietet laut Shirvani den Ländern die Chance der Gesichtswahrung. „Karlsruhe würde ein bundesweites NPD-Verbot zwar ablehnen, es regional jedoch verhängen. Das wäre ein rechtlich spannendes Urteil, das allerdings auch Folgefragen aufwerfen würde.“
EU-Richtlinie behindert Verbot als Gesamtpartei
Der Europäische Gerichtshof schreibt vor, dass eine Partei nur dann verboten werden kann, wenn von ihr ein ideologisches und organisatorisches Gefährdungspotenzial ausgeht. „Es bestehen Zweifel, ob dieses Kriterium im Falle der NPD als Gesamtpartei vorliegt“, erklärte der Jurist.
Bereits Ende November sollen die Prozessbevollmächtigten der Länder auf der Innenministerkonferenz in Saarbrücken auf die Möglichkeit eines partiellen Verbots hingewiesen haben. Betroffen wären die ostdeutschen Länder. Die meisten der vorgelegten Quellen, die in Karlsruhe den verfassungsfeindlichen Charakter der NPD belegen sollen, stammen aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. In Schwerin wurde die NPD im vergangenen September nach zehn Jahren aus dem Landtag gewählt. Im Nordosten gilt die rechtsextreme Partei als besonders radikal und verfügt in den Kommunen noch immer über zahlreiche Mandatsträger.
Seit Monaten gibt es Mutmaßungen darüber, die Verfassungsrichter könnten die NPD verschonen. Für die Entscheidung in Karlsruhe ist mit ausschlaggebend, wie einflussreich die NPD ist und ob sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährdet. Während der Chemnitzer Extremismus-Forscher Eckhardt Jesse die NPD für einen „Zwerg“ hält, überraschte Verfassungsrichter Peter Müller während der Beweisaufnahme mit der Bemerkung, die NPD sei ideologisch gefährlicher als die NSDAP.
Von RND/Jörg Köpke