Er tanzte das Leben

Sylvin Rubinstein

Ausschnitt aus der in jeder Beziehung außergewöhnlichen Dokumentation von Marian Czura und Kuno Kruse über einen ebenso außergewöhnlichen Menschen. Sylvin Rubinstein, begnadeter Tänzer, Widerstandskämpfer und Partisan.

 

http://www.youtube.com/watch?v=b-zmDkCAkkg

Er tanzte das Leben 
von Marian Czura und Kuno Kruse, BRD 2003, 87 Min
Der Dokumentarfilm porträtiert den jüdischen Tänzer Sylvin Rubinstein, der als „Dolores zu einem Flamenco-Star der fünfziger Jahre wurde, weil die wirkliche „Dolores, seine Zwillingsschwester, im Holocaust ermordet worden war.
Heute ist Rubinstein 88 Jahre alt und lebt zurückgezogen in Hamburg St. Pauli. Nur wenige wissen, dass der große, schlanke Herr mit dem eleganten Gang einmal eine Zwillingsschwester hatte, die Maria hieß. Und dass die Geschwister aus dem polnischen Galizien in den dreißiger Jahren als „Imperio y Dolores auf den großen Varietébühnen Europas Flamenco tanzten. Jede Nacht aber erscheint Maria in seinen Träumen. Bis heute. Und noch eine zweite Gestalt trägt Rubinstein in sich, von der er nicht loskommt: Es ist der deutsche Wehrmachtsmajor Kurt Werner, sein Retter und „Vater.
Sylvin Rubinstein ist ein Mensch mit vielen Facetten: Auf der Straße eine Erscheinung voller Noblesse in Kleidung und Bewegung zelebriert er in seiner kleinen Küche mit seiner jiddischen Syntax die Karikatur des galizischen Juden, um zu zeigen, dass genau der lebt, den die Nationalsozialisten vernichten wollten. Er ist ein Gigolo, der den Schabbat heiligt und sich dann in Flamencokleider wirft. In seiner Travestie liegen Glück und Traurigkeit. Er ist ein Filou, ein Taschendieb und ein Heiliger zugleich, der Flüchtlingen aus aller Welt Unterschlupf gibt, weil er selbst ein Flüchtling war und noch immer Riesenpakete nach Polen schickt. Sylvin Rubinstein tanzt, er näht und spielt mit seinen Kastagnetten. Dann kauert er auf einem Schemel und alle Traurigkeit seines Lebens überfällt ihn und reißt ihn mit in die Vergangenheit.
Es gibt kaum ein Schicksal, das das Schöne und Grausame des vergangenen Jahrhunderts so eindrucksvoll widerspiegelt wie das von Sylvin Rubinstein. Der Film von Marian Czura, der bei Andrzei Wajda studierte, und Kuno Kruse, vielfach ausgezeichneter Journalist, dem Sylvin Rubinstein als Erstem seine Geschichte erzählte, hat die Aufgabe, die unglaublichen Erlebnisse Sylvin Rubinsteins, Augenblicke des Glücks und der endlosen Verzweiflung, in Bilder umzusetzen. Er begibt sich mit ihm auf eine Zeitreise durch sein Leben und unternimmt so den Versuch, über die Orte seines Wirkens einen Begriff dieses Lebens zu geben und sich diesem anzunähern.
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