„versucht eine politische Ewigkeit zu definieren“ - Interview mit den Kindern des Krieges

Die zerstörte Stadt Allepo als Sinnbild des 21. Jahrhunderts

Monate sind ins Land gezogen, seitdem die letzte Veröffentlichung des Autor*innenkollektives erschienen ist. Karla Kolumna hat sich aufgemacht, um den Kindern des Krieges einen Besuch für ein Interview abzustatten.

 

Karla Kolumna: Wer seid ihr?

die Kinder des Krieges: Wir sind nur, weil wir nicht sind. Sobald wir sind, wären wir nicht mehr. Und auch sobald wir nur schon wären, wären wir schon nicht mehr.

 

Karla Kolumna: Genau das Negative ist also das Positive?

die Kinder des Krieges: Nur in dieser Offensichtlichkeit – dem Verweigern, dem Nichtmitmachen von dem Leo Löwenthal einst sprach – das widerständige „wir“, als die autonomen politischen Subjekte, die wir dereinst am Horizont der Geschichte aufgetaucht sind und mit dem kindischen Leichtsinn begannen Fragen zu stellen und Kritik zu üben. Und dann zuerst lernen mussten uns zu verteidigen. Aber, nein, nicht genau das Negative ist das Positive. Weil die andere Seite der Medaille gleich ins Gewicht fällt, dass doch genau das wirklich Positive nur noch das ist, was überhaupt noch wirklich negieren kann: Der konstruktive Aufbau, die Bereitschaft den Krieg zu gewinnen, das anarchistische Leben als unsere Liebe zur Autonomie.

 

Karla Kolumna: Was ist der Friedort?

die Kinder des Krieges: Wir hätten weiter verschwinden können, einfach nicht wiederkommen und für immer fortbleiben können. Wir hätten sagen können, dass dort, wo alles da ist, um uns zu vernichten – diese grenzenlose Positivität der Zerstörung, die sich als Herrschaft ohne Außen konstituiert hat – dass wir dort nur mehr aussteigen und ins Exil fliehen hätten können. Uns schwante schnell, dass wir das gelobte Außen im Innern des Empire nie hätten finden können. Stattdessen haben wir also mit der Metapher des Friedortes versucht eine politische Ewigkeit zu definieren; ein anderes, positives exilieren - jenes in den Widerstand - zu beschreiben. Und die existenzialistische Konsequenz zu ziehen. Als eine politische Ewigkeit, die von ihrem existenzialistischen Standpunkt aus betrachtet eine relative Ewigkeit bleibt, als Gebundenheit der eigenen Existenz an die Existenz der Menschheit, dem kollektiven Bewusstsein und der materiellen Welt. Als die antagonistische Verworfenheit im Kriege. Aber auch als die positive revolutionäre Existenz, die nichts als das pure Glück und die Freude ist Anarchistin zu sein. Auf deren Schultern der Alb der Erfahrung lastet, dass die Flucht nach vorne kein zurück mehr kennt. Die politische Ewigkeit einer Existenz, die sich in einer Gemeinschaft, im Kollektiv, in der Kommune und den vielfältigen weltweiten Bewegungen im Kampf um Befreiung konstituiert - als dieser milde Hauch von Freiheit und Selbstbestimmung, wie er unter den Verhältnissen der Zerstörung immer nur im Kampf gegen die Zerstörung sein darf. Als ein Menschsein in Form dieses großen existenzphilosophischen Dramas eines geschichtlichen Subjektes, das als Teil des revolutionären Projektes, als Lebensbeitrag zur Verwirklichung der Autonomen Option in eben dieser politischen Ewigkeit die eigene Lebenszeit überdauert.

 

Karla Kolumna: Und ES?

die Kinder des Krieges: ES ist das was IST. Existenzphilosophisch betrachtet, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Sartres Ekel in situationistischen Sequenzen. ES ist alles Scheiße. Das IST evident, und nicht bloß Erzählung.

 

Karla Kolumna: Zu eurer Erzählung: Ihr rekurriert auf...?

die Kinder des Krieges: Nicht zuletzt sicher Walter Benjamin.

 

Karla Kolumna: Genauer?

die Kinder des Krieges: Als eben genau der Versuch eine Gegenerzählung weiterzuschreiben, dieser kleine Ausblick auf diesem ungeheuerlichen Schlachtfeld der Regierung der Wahrheit, das sich Philosophiegeschichte nennt. Beizutragen dieses Narrativ zuerst noch praktisch zu vollziehen. Diese Erzählung, die in der Geschichte der sozialrevolutionären Bewegungen immer da war und sich praktisch fortentwickelt hat. Dass der Kommunismus, die Autonome Option, doch nur diese wirkliche Erzählung ist, die als anarchistisches Moment in den Revolutionen der Geschichte zu sich selbst gekommen ist.

 

Karla Kolumna: Das riecht nach Fortsetzung. Weitere Projekte?

die Kinder des Krieges: Wie alle anderen Freunde auch: an der Autonomen Option arbeiten.


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