Urteil gegen Neonazi: 4 Jahre Gefängnis für Reitschul-Bomber

Vor der Reitschule explodierte im August 2007 ein Rucksack.
Erstveröffentlicht: 
07.04.2016

Prozess zum gescheiterten Anschlag auf die Reitschule von 2007: Das Bundesstrafgericht hat einen 26-jährigen Seeländer zu vier Jahren verurteilt.

 

Ein 26-jähriger Berner wurde heute vor dem Bundesstrafgericht Bellinzona zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mann aus dem Seeland soll 2007 in der Reitschule einen Sprengsatz deponiert haben. Der Bundesrichter befand den Neonazi schuldig wegen Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht und versuchter Brandstiftung.

 

Es sei erwiesen, dass der Beschuldigte DNA auf dem Sprengsatz hinterlassen habe, sagte die Richterin. Deshalb sei seine Täterschaft bewiesen. Der junge Mann habe zum Tatzeitpunkt eine rechte Gesinnung gehabt und in dieser Zeit im Internet zu Sprengsätzen Einträge geschrieben. In seiner Wohnung seien Gegenstände gefunden worden, die im Zusammenhang mit dem Sprengsatz standen.

 

Leib und Leben der Konzertbesucher bedroht

 

Es habe eine Gefährdung von Leib und Leben für die Konzertbesucher bestanden. Der Sprengsatz hätte eine Feuersbrunst im Konzertsaal auslösen können, der zum Tatzeitpunkt mit 1500 bis 2000 Menschen besetzt war. Zuvor war er jedoch vom Sicherheitspersonal entdeckt und ins Freie befördert worden – der Sprengsatz war in einem Rucksack versteckt und entzündete sich mit einem «grossen Feuerball», wie ein Sicherheitsmitarbeiter im Zeugenstand sagte.

 

Der heutige Aussteiger aus der rechten Szene deponierte den Sprengsatz an einem Ort im Konzertsaal der Reitschule, der von vielen Besuchern aufgesucht wurde. Seine potenziellen Opfer seien «nichtsahnende, wehrlose Menschen» gewesen, so die Richterin. Das Alter des Täters und sein Verhalten seit der Tat wurden strafmildernd bewertet.

 

Mit der unbedingten vierjährigen Freiheitsstrafe folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte in dem Indizienprozess einen Freispruch gefordert.

 

Langer Atem der Privatkläger

 

Es sei zu begrüssen, dass das langwierige Verfahren nun überhaupt abgeschlossen werden konnte, sagte eine Vertreterin der Reitschule am Donnerstag im Anschluss an den Prozess. Dass es nun zu einer Verurteilung kam, sei auch auf ihre Hartnäckigkeit in den letzten neun Jahren zurückzuführen.

 

Die Behörden hatten ein Verfahren gegen unbekannt im Februar 2008 zunächst eingestellt, nachdem keine Täterschaft ermittelt werden konnte. Dem heute 26-jährigen Sprengsatz-Bastler kam die Polizei ein Jahr später in einem anderen Zusammenhang auf die Spur. Der Mann stellte nämlich ein Gesuch für einen Waffenerwerbsschein, was die Polizei zu einer Hausdurchsuchung veranlasste, da er in rechtsextremen und gewalttätigen Kreisen verkehrte.

 

Beschwerde gegen Bundesanwaltschaft

 

Der Abgleich seines DNA-Profils ergab eine Übereinstimmung mit den Spuren am Sprengsatz der Reitschule. Zudem wurden 2010 am Wohnort des Verdächtigen alle nötigen Komponenten zur Herstellung eines Sprengsatzes gefunden. Dies führte zu einer Wiedereröffnung der Strafuntersuchung, und der Fall wurde in der Folge der Bundesanwaltschaft übergeben.

 

Diese hatte das Verfahren zum Sprengstoffdelikt 2013 allerdings eingestellt. Dies sei «mangels klarer Beweise» geschehen, teilte die Bundesanwaltschaft damals mit. Der Verdächtige sollte einzig für Waffen- und Drogenvergehen verurteilt werden.

 

Dagegen wehrte sich der Verein Musik und Kultur, welcher das «Antifa-Festival» im August 2007 organisiert hatte, als Privatkläger mit einer Beschwerde beim Bundesstrafgericht. Dieses gab dem Verein im August 2014 recht, worauf das Verfahren weitergeführt wurde.

 

(sda)