Forderung nach Gesprächen mit der Messestadt: Ziel sei ein legales »Social Center for all« / Kongress von Aktivisten in Berlin / Weitere Besetzungen in Mannheim und Berlin
In Berlin haben die Besetzer das Gebäude in der Köpenicker Straße verlassen. Vor dem Haus wartende Unterstützer empfingen sie mit den Worten: »Die Häuser denen, die drin wohnen.« Eine spontane Demonstration setze sich in Gang. Die Eigentümerin habe keinen Strafantrag gegen die Besetzer gestellt.
Update 20.15 Uhr: Leipzig, Mannheim und Berlin: Besetzungen gehen weiter
Hans-Jörg Behrendt von der Initiative »Willkommen in Reineckendorf« sagte zu der Besetzung in Berlin,
ein Social Center for All sei notwendig. Am Landesamt für Soziales, das
die Ankunft der Geflüchteten organisieren soll, aber stark in der
Kritik steht, gebe es »organisierte Inkompetenz«. Wenn es eine selbst
organisierte, solidarische Versorgung von Geflüchteten inklusive
Krankenversorgung gebe, sei auch den Asylsuchenden in Reineckendorf
geholfen. »Es ginge alles, aber die Politik macht nichts«, so Behrendt.
Unterdessen hat ein Hausmeister erklärt, die Besetzer dürften bis
Sonntagmorgen bleiben. Der Einsatzleiter der Polizei vor Ort sagte
gegenüber »nd«, er könnte keine Auskunft geben, da die Lage noch geklärt
werde. Auch aus Leipzig heißt es, die Besetzer dürften erst
einmal bleiben. Es gebe dann zu Beginn der Woche wieder Gespräche. Eine
offizielle Bestätigung dafür gibt es noch nicht. Aus Mannheim heißt es, die Hausbesitzer würden die Besetzung erst einmal dulden.
Update 20 Uhr: In Leipzig mobilisiert die NPD gegen die Besetzung
Wie die »Leipziger Internet-Zeitung« meldet,
mobilisiert die neonazistische NPD in der Messestadt zu einer
Demonstration auf, die in direkter Nähe zu der Besetzung stattfinden
soll. Zudem sei der Ordnungsbürgermeister der Stadt, der Linkenpolitiker
Heiko Rosenthal, zu einem Gespräch mit den Besetzern vor Ort - noch
habe dies aber zu keinen Ergebnissen geführt.
Update 19.50 Uhr: Besetzer in Berlin wollen Raum für selbstbestimmte Initiativen
Die Polizei ist nun auch in Berlin vor Ort – mit rund 50 Beamten, wie es
heißt. Die Beamten verhielten sich aggressiv, es werden Platzverweise
ausgesprochen und Menschen herumgeschubst. Die Besetzer in Berlin setzen
sich unter anderem für Notunterkünfte für Geflüchtete, freie Räume für
Rechtsberatung, soziale Initiativen ein. Man wolle mit Anwohnern und
Organisationen gemeinsam über die Nutzung beraten – wenn die Staatsmacht
das zulässt.
Update 19.20 Uhr: Besetzung auch in Berlin
Linke Aktivisten haben nun auch in Berlin ein leer stehendes Bürogebäude
besetzt. Die Initiative Social Center for All erklärte, man wolle in
Berlin einen Ort der Begegnung schaffen. Es ist nicht der erste Versuch
dieser Art in der Hauptstadt. Rund 70 Menschen haben in der Köpenicker
Straße im Stadtteil Kreuzberg »einen Raum genommen«, wie es im
Kurznachrichtendienst Twitter heißt. Inzwischen sei auch Polizei vor
Ort. Die Besetzer luden alle ein, sich der Aktion anzuschließen. Im Haus
spielt Musik, die Lage ist friedlich. Die AKtivisten richteten jeweils
solidarische Grüße aus – von Leipzig nach Berlin, von Berlin nach
Mannheim, von Mannheim nach Leipzig.
Zuvor hatte es eine Konferenz der Initiative #sc4a gegeben, die unter dem Motto »Social Center selber machen« stand - Initiativen wollten sich in Plenas und Workshops darüber verständigen, wie ein Soziales Zentrum in Berlin konkret aussehen könnte. Die Konferenz sei »ein voller Erfolg« gewesen, hieß es: »Vor lauter Elan haben solidarische Menschen doch glatt ein Haus besetzt!«
Das kapitalismuskritische Bündnis Blockupy begrüßte die Aktion: »Wir freuen uns mit der Initiative Social Center for All. Gute Sache.« Marcus Staiger, der Sprecher der Initiative sagte, es handele sich nicht um eine militante Besetzung, die Aktion verlaufe friedlich. Der Eigentümer der Immobilie soll selbst auf der Flucht sein – wegen Geldwäsche, hieß es vor Ort. Die Besetzer gehen deshalb davon aus, dass nicht gegen die Aktion juristisch vorgegangen wird.
Update 18.10 Uhr: Besetzer in Leipzig fordern Abzug der Polizei
Die Polizei in Leipzig bereitet sich womöglich für eine Räumung des
besetzten Hauses vor. Auchder Polizeipräsident sei vor Ort, wird
gemeldet. Die Besetzer erklärten im Kurznachrichtendienst, »die Polizei
soll sich zurückziehen«. Zudem forderte man unter anderem, »unbehelligt«
gehen zu dürfen. Gespräche mit der Stadt und das Ziel, ein Soziales
Zentrum zu errichten, blieben weiter auf der Tagesordnung.
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Linke Aktivisten besetzen Haus in Leipzig
Berlin. In Leipzig haben linke Aktivisten ein Gebäude besetzt, um darin ein »Social Center for all« in der Messestadt zu etablieren. Vor dem Haus in der Platostraße, dem früher die Führerscheinstelle untergebracht war, sei eine Kundgebung angemeldet werden. Dutzende Menschen unterstützen derzeit die Besetzung, die Aktivisten diskutierten auf mehreren Plena über das weitere Vorgehen. Die Polizei, die anders als sonst in Sachsen immer dann schnell vor Ort zu sein scheint, wenn es gegen Linke geht, versuchte sich am Nachmittag Zugang zu dem Haus zu verschaffen.
Die Besetzer erklärten inzwischen, man sehe »angesichts der menschenunwürdigen Unterbringung, der schlechten Versorgung von Geflüchteten und der rassistischen gesellschaftlichen Verhältnisse, insbesondere in Sachsen, die Besetzung als einen legitimen Akt des zivilen Ungehorsams an«. Zudem wird eine Legalisierung der Nutzung des Gebäudes als Social Center gefordert. »Wir haben kein Interesse an einer Konfrontation mit der Polizei und fordern die Stadt Leipzig als Eigentümer auf, die Besetzung zu dulden und die notwendigen Schritte für eine legalisierte Nutzung des Gebäudes« einzuleiten. Man stehe dafür zu Gesprächen bereit.
»Wir wollen und werden ein Haus erkämpfen, in dem ein Zusammenleben Aller möglich ist – unabhängig von rassistischer und sozialer Diskriminierung, sozialen Konventionen und gewaltvollen Verhältnissen«, hatte die Initiative bereits zuvor erklärt. »Ein solcher Ort wird dringend benötigt in einer Gesellschaft, die Menschen erniedrigt, ausgrenzt und unterdrückt. Wir wollen achtsam und respektvoll miteinander umgehen, statt gegeneinander ausgespielt zu werden und im permanenten.«
Eine weitere Besetzung fand am Mittag in Mannheim statt. Dort nahm ein Bündnis verschiedenster politischer Gruppen mehrere leerstehende Wohnungen in Häusern einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft in Beschlag - man wolle für 24 Stunden bleiben, so die Besetzer. Ziel sei, »ein Zeichen gegen den geplanten Abriss preisgünstigen Wohnraums und die damit einhergehende Verdrängung der Bewohner« zu setzen. Entsprechende Abriss- und Neubaupläne stünden »beispielhaft für eine Politik der Ausgrenzung und Verdrängung ohnehin benachteiligter Bevölkerungsteile aus dem Innenstadtbereich«. Die Folgen solcher Gentrifizierungsprozesse seien »in anderen Städten bereits deutlich zu erkennen: galoppierende Mietpreissteigerungen, Entmietung ganzer Straßenzüge und der Austausch ganzer Bevölkerungsteile«, hieß es in eienr kurzen Erklärung. Die Aktion solle zeigen, »dass eine solidarische Alternative zu Ausgrenzung und Verdrängung möglich ist«.
In Berlin findet unterdessen eine eintägige Konferenz »Social Center selber machen« statt. Verschiedene Berliner Initiativen wollen sich in Plenas und Workshops darüber verständigen, wie ein Soziales Zentrum in Berlin konkret aussehen könnte. Bereits beim Ratschlag »Berlin für alle«, zu dem am 14. Februar über 200 Menschen zusammenkamen, gab es eine Arbeitsgruppe zu dem Thema.
In Freiburg hatten Ende Februar etwa 150 Menschen für ein soziales Zentrum für Menschen mit und ohne Fluchterfahrung demonstriert. In den leerstehenden Räumen des alten DGB-Hauses in der Hebelstraße soll ein Ort für Begegnungen, solidarische Unterstützung, Deutschkurse, Informationsveranstaltungen, rechtliche Beratung, medizinische Unterstützung und kulturelles Schaffen entstehen.
Kurz zuvor hatte das »Project Shelter« in Frankfurt am Main wiederholt versucht, ein »Willkommenszentrum für obdachlose Migranten« zu eröffnen. Dies scheiterte bisher, aber die Initiatoren erklärten: »Aufgeben ist keine Option«. Die Linkspartei forderte die schwarz-grüne Stadtregierung auf, »ihren kompromisslosen Law-And-Order-Kurs zu beenden und der Initiative ohne bürokratischen Verwaltungsaufwand ein Objekt zur Verfügung zu stellen«
Anfang Februar wurde in Münster die alte Post am Hansaring besetzt, um dort ein Soziales Zentrum entstehen zu lassen. Die Besetzer erklärten: »Wir möchten einen Ort zugänglich machen, der allen Menschen offen steht. Auch denen, die von und in der Stadt an den Rand gedrängt werden. In dem sozialen Zentrum in der alten Post sollen alle Menschen, die in dieser Stadt leben, einen Ort finden um sich wohl zu fühlen. Dies betrifft ausdrücklich Refugees«. Bereits Anfang Januar war es Besetzerinnen und Besetzern in Halle gelungen, ein Soziales Zentrum in einem leerstehenden Gebäude zu eröffnen. Neben Infrastruktur für Geflüchtete sollen im ersten sozialen Zentrum Arbeits- und Seminarräume für nichtkommerzielle Initiativen und ein Lesecafé entstehen.
Bereits im November hatte es eine Besetzungsaktion im Berliner Bezirk Neukölln gegeben - die Polizei hatte die Besetzung seinerzeit schnell beendet. Die Initiative »Social Center 4 All« erklärte damals, es werde »sicher nicht das letzte mal gewesen sein«. Der Staat zeige »Zähne. Unsere Solidarität gegen ihre Repression«, hieß es seinerzeit bei der Initiative »Social Center 4 All«. Die Besetzung war nicht die erst Aktion dieser Art in Berlin: Bereits Mitte Oktober hatte es eine ähnliche Besetzung in der Englischen Straße gegeben.
Ziel der Besetzungen ist es, für Geflüchtete und deren Unterstützer selbstverwaltete soziale Räume er öffnen, »in dem sich Initiativen aus Berlin und Refugees kennenlernen und gemeinsame Diskussionen führen« sowie Sport, Sprachkurse, Informationsveranstaltungen stattfinden können, so die Besetzer in Berlin. nd