Schwarzenbek. 150 Linksautonome aus ganz Norddeutschland demonstrieren in Schwarzenbek gegen Ausländerfeindlichkeit.
Schwarzenbek. Die meisten der Bahnreisenden, die am Sonnabendnachmittag den Bahnhof Schwarzenbek erreichten, sahen lieber zu, dass sie schnell aus dem Getümmel kamen. Rund 150 fahnenschwenkende Anarchisten hatten sich auf dem Vorplatz des Gebäudes versammelt, um gegen Neonazis zu demonstrieren. Schwarzenbeks Polizeichef Ernst Jenner hatte 80 Beamte aus dem Herzogtum Lauenburg und aus Lübeck zusammengezogen, um die angemeldete Demonstration zu überwachen.
Zweite Demonstration innerhalb eines Jahres
Nach ihrer ersten Kundgebung am 13. Dezember 2014 hatte die „Anarchistische Gruppe Schwarzenbek“ erneut zum Marsch gegen rechts aufgerufen. Bei der Gruppe handelt es sich um ungefähr eine Handvoll Jugendlicher beziehungsweise junger Erwachsener, die seit etwa fünf Jahren im Stadtgebiet aktiv sind. Zu erkennen geben sich die Jugendlichen nicht. Mehrere Versuche unserer Zeitung, ein Interview mit ihnen zu bekommen, scheiterten.
Anarchisten sind nicht gewaltbereit
Gewaltbereit sind die Mitglieder nach den Erkenntnissen der Polizei nicht. Sie haben in der Vergangenheit nachts unter anderem am Rathaus Transparente gegen rechts aufgehängt, sie bieten auch hin und wieder Infotische am Wochenmarkt, die sie aber schnell wieder räumen.
Demonstranten nicht aus Schwarzenbek
Außerdem sprühen sie rechte Parolen mit linksgerichteter Graffiti über oder kleben Aufkleber gegen rechts auf Laternenmasten. Da es keine ausgeprägte linke Szene in Schwarzenbek gibt, rufen sie über soziale Netzwerke wie Facebook zum Widerstand gegen rechts auf.
Am Sonnabend blieb alles ruhig. „Es waren außer der kleinen Gruppe keine uns bekannten Schwarzenbeker im Demonstrationszug. Es handelte sich fast ausschließlich um Zugereiste, die die üblichen Merkmale trugen. Sie waren dunkel gekleidet und trugen häufig Sonnenbrillen, um nicht erkannt zu werden“, sagt Ernst Jenner.
Europabrücke für Demo gesperrt
Die Autonomen wollten auch dieses Mal wieder ein Zeichen setzen. Aufkleber von Neonazis im Stadtgebiet waren der Auslöser. So kamen bis etwa 14.30 Uhr Demonstranten aus ganz Norddeutschland auf dem Vorplatz des Bahnhofs zusammen. Die Demonstranten entfachten Bengalisches Feuer und Handfackeln. Sie zogen mit großflächige Transparenten und Flaggen durch die Stadt und riefen „Flüchtlinge sind hier willkommen. Wir sind alle Antifaschisten“.
Drei Stunden lang ging es durch das Stadtgebiet. „Auf Wunsch der Demonstranten haben wir auch die Europabrücke für den Demonstrationszug gesperrt. Es gab keine Vorfälle. Damit hatten wir auch nicht gerechnet“, so Jenner. Kundgebungen gab es unter anderem auf dem Ritter-Wulf-Platz und am Großen Schmiedekamp. Vorbei ging es an Wohnungen, in denen die Demonstranten Neonazis vermuten. Darüber hat die Polizei keine Erkenntnisse.
Eine weitere Demo gab es bereits im Jahr 2009, als angebliche Rechtsradikale Brandsätze in die Gaststätte „Feuerschloss“ von Ali Ahmadi geworfen hatten. Die Tat wurde nie aufgeklärt. Auch damals gab es keine Hinweise auf eine rechtsradikale Szene in Schwarzenbek.