Da hat die sächsische Landesregierung alles daran gesetzt, um ein Gesetz durchzupeitschen, was vom Bundesverfassungsgericht sowieso kassiert werden wird, um das eigene krude politische Verhältnis zum 13. Februar, der Vergangenheit und der Versammlungsfreiheit zumindest vorübergehend per Gesetz durchzusetzen und nun das. Man hat vergessen im Gesetz zu regeln, wer als Versammlungsbehörde für die Versammlungsgebote zuständig ist. Da dies aber laut der sächsischen Landesverfassung exakt geregelt sein muss, kann die Stadt Dresden nach dem neuen Gesetz keine Verbote am diesjährigen 13. Februar in den vom Gesetz geschützten Bereichen verlassen. Zumindest kommt sie damit nicht vor den Gerichten durch.
Anbei der Artikel aus der Printausgabe der heutigen DNN (jetzt vorübergehend auch online) in dem Jura-Professor Jochen Rozek aus Leipzig den Fehler öffentlich gemacht hat.
Dresdner Neueste Nachrichen
Freitag, 22. Januar 2010 . Seite 13
Experte: Lücke im Gesetz
"Stadt Dresden kann Nazis nicht verbieten"
Dresden kann die Neonazi-Aufmärsche zum Jahrestag der Luftangriffe am
13. und 14. Februar für die gesamte nördliche Alststadt und die
südliche innere Neustadt nicht verbieten, weil die Stadt nach dem neuen
Versammlungsgesetz nicht zuständig ist. Zu diesem Schluss kommt der
ehemals Dresdner und jetzige Leipziger Verwaltungsrechts-Professor
Jochen Rozek nach der Analyse des jetzt verabschiedeten Sächsischen
Versammlungsgesetzes. Dem Landtag sei bei der Verabschiedung des
Gesetztes "ein elementarer Fauxpas unterlaufen", erklärte Rozek
gegenüber DNN. Die Zuständigkeit dafür, wer das Gesetz vollziehen soll,
sei nicht eindeutig geklärt.
Falls die Stadt Auflagen für einen Aufmarsch erteilt, könnten die
Veranstalter dagegen vorgehen und würden vor Gericht voraussichtlich
Recht bekommen, sagt der Rechtsprofessor. Dem jetzt mit Stimmen von CDU
und FDP im Landtag verabschiedeten Versammlungsgesetz fehle "jedwede
Regelung der sachlichen und örtlichen Behördenzuständigkeit". Der
Landtag habe den Begriff "zuständige Behörde" aus dem Bundesgesetz
übernommen, doch die sächsische Landesverfassung schreibe ausdrücklich
vor, dass die Behördenzuständigkeitsfragen gesetzlich exakt zu regeln
sind. Als Beispiele dafür nannte Rozek das Polizeigesetz oder die
Bauregelungen. Hier seien die Zuständigkeiten eindeutig geregelt
worden. Dass zum Beispiel die Landeshauptstadt Dresden die zuständige
Versammlungsbehörde für Versammlungsverbote sei, lasse sich hingegen
dem verabschiedeten Gesetz nicht entnehmen.
"Beim neuen Sächsischen Versammlungsgesetz ging offenbar Schnelligkeit
vor Gründlichkeit", folgert Rozek. Eine Ergänzung des Gesetzes wäre
dringend geboten, rät der Experte. Doch das sei bis zum 13. Februar
nicht mehr zu reparieren, befürchtet Rozek. Trotzdem sieht der
Jura-Professor einen anderen Ausweg: Die Stadt Dresden hatte mit dem
alten, noch gültigen Versammlungsrecht "bessere Karten". Der Freistaat
solle mit der Verkündung des neuen Gesetzes einfach noch ein wenig
warten, dann könne man den Webfehler in Ruhe beheben.
Rozek enthielt sich ausdrücklich jeglicher inhaltlicher Wertung des
politisch höchst umstrittenen Gesetzes. Verbote seien jetzt leichter
auszusprechen, sagen FDP und CDU, die Demonstrationsfreiheit werde
ausgehöhlt, sagen SPD, Linke und Grüne. Rozek weist seiner Lesart nach
lediglich auf einen handwerklichen Fehler hin.