Berlin. Führende CDU-Politiker haben mit Blick auf die Flüchtlingskrise die Einführung eines einjährigen Pflichtjahres für Jugendliche gefordert. „Wir brauchen die Dienstpflicht. Anders werden wir den Zufluss an Flüchtlingen und deren Integration nicht bewältigen“, sagte Eckhardt Rehberg (CDU), der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dem auch die LVZ angehört. „Alle, die heute noch sagen, das geht nicht, werden spätestens in einem halben Jahr anders darüber denken“, erklärte Rehberg. Die Belastungsgrenze für die meisten Helfer sei längst überschritten. Jungen und Mädchen sollten nach der Schule vor die Wahl gestellt werden, entweder ein Jahr zur Bundeswehr zu gehen oder ein soziales Jahr abzuleisten. Das würde in vielen gesellschaftlichen Bereichen Entspannung bringen.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundesrat, schloss sich der Forderung Rehbergs an. Eine allgemeine Dienstpflicht werde dabei helfen, auch der Bundeswehr den nötigen Nachwuchs zu verschaffen, so der CDU-Politiker. Dies sei keine Wiedereinführung der Wehrpflicht durch die Hintertür, sondern eine reine Notmaßnahme angesichts der drohenden humanitären Flüchtlingskatastrophe und der wachsenden Verpflichtungen der Bundeswehr im In- und Ausland.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sprach sich gegen die Vorschläge aus. „Wir brauchen keinen neuen Pflichtdienst, sondern mehr Stellen für Freiwillige“, sagte sie dem RND. Die Bundesregierung werde 10 000 zusätzliche Stellen im Bundesfreiwilligendienst schaffen, um diese in der Flüchtlingshilfe einzusetzen. „Wenn die Union mehr Stellen will, sollten wir auch den Jugendfreiwilligendienst aufstocken.“
Dem Lagebericht der Innenminister zufolge haben die Behörden von Jahresanfang bis gestern bundesweit 760 008 Flüchtlinge registriert. Bisher hält die Bundesregierung daran fest, dass in diesem Jahr insgesamt 800 000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen würden, die SPD rechnet mit einer Million.
Nach dem gescheiterten Koalitionsgipfel am Wochenende streiten Union und SPD weiter über die Einrichtung von Transitzonen. SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte das Unionsvorhaben gestern erneut als „unsinnige Maßnahme“. Mit Blick auf die Bedenken der SPD gegen die Transitzonen verlautete aus der CDU-Spitze, dass die Unionspläne dazu „keine Freiheitsberaubung“ und auch „keinen Haftgrund“ beinhalteten. Die Transitzonen sollten auch „keine Massenabfertigung“ leisten, sondern seien nur für bestimmte Asylbewerber gedacht - etwa die aus sicheren Herkunftsländern des Westbalkan.
Gabriel wandte ein, Transitzonen seien auch deshalb nicht notwendig, weil nur noch 2,4 Prozent der Flüchtlinge aus sicheren Balkanstaaten kämen. Die Unions-Einigung zu den Transitzonen solle nur die bestehenden Differenzen zwischen CDU und CSU in der Frage der Obergrenzen für Flüchtlinge überdecken. Gabriel warb erneut für den SPD-Vorschlag zur Einrichtung von Einreisezentren und fügte hinzu: „Ich bin sicher, wir werden uns am Donnerstag auf eine Vielzahl von Maßnahmen verständigen.“
Grünen-Chef Cem Özdemir appellierte an die schwarz-rote Koalition, ihre bisherigen Beschlüsse umzusetzen, „anstatt ständig neue Scheinlösungen vorzuschlagen“. Bei den Transitzonen sei nicht einmal klar, ob sie der Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts standhielten, sagte er. Auch von den Linken kam Kritik. „Wer Transitlager für Flüchtlinge errichtet, wird auch einen Grenzzaun bauen müssen“, erklärte ihr Innenexperte Jan Korte .