25 Jahre Landtag - Tillich kritisiert „antidemokratische Stimmungsmache“ in Sachsen

Erstveröffentlicht: 
27.10.2015

Sachsens Regierung wird mitunter vorgeworfen, nicht deutlich genug gegen fremdenfeindliche Umtriebe Position zu beziehen. Der Regierungschef hat es jetzt versucht - in einer Festrede zum Jubiläum des Landtages. Landtagspräsident Rösler sieht hingegen eine "Mehrheit der Bevölkerung" mit Zukunftsängsten.

 

Leipzig. Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) hat die islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bewegung deutlich kritisiert: „Wer andere Lügner und Verräter nennt, will keine demokratische Diskussion“, sagte er bei einem Festakt zum Jubiläum 25 Jahre Landtag am Dienstag in Dresden. Die „Tugend der Versöhnlichkeit“ komme immer häufiger abhanden. „Wir können nur frei und gleich sein, wenn wir unsere Interessengegensätze gewaltlos und sachlich austragen“, sagte der Regierungs-Chef. Einer radikalen Minderheit sei das leider egal. „An die Stelle von Argumenten tritt Polemik, an die Stelle von Fakten treten Parolen, an die Stelle von friedlichem Protest treten Hassreden“, sagte Tillich.

 

Zugleich stellte er klar: „Es ist ein ehrenwertes Anliegen, die Einwanderung zu begrenzen und die Integration so zu gestalten, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt stark bleibt.“ Wer in Parteien und Parlamenten für dieses Anliegen werbe, um eine Mehrheit zu erreichen, handle demokratisch. „Wer seine Ziele mit Gewalt durchsetzen will, der handelt kriminell.“ Der Ministerpräsident appellierte, gemeinsam und überall gegen „antidemokratische Stimmungsmache“ im Freistaat vorzugehen: „Wenn mir etwas wirklich in diesen Tagen Sorgen bereitet, dann ist es die Verletzlichkeit der Demokratie im 26. Jahr der deutschen Einheit bei uns in Sachsen“, sagte er wörtlich.

 

Parlamentspräsident Matthias Rößler hatte sich in seiner Ansprache dagegen auf Befürchtungen der Bürger konzentriert: „Nehmen wir die berechtigten Ängste der Bevölkerung ernst“, sagte er. Wenn die Mehrheit der Bürgergesellschaft grundlegende Bedenken hinsichtlich ihrer künftigen Lebensqualität oder einer einträchtigen Zukunft äußere, dann müssten verantwortungsvolle Politiker damit besonnen umzugehen wissen. „Sie müssen sich dieser Bedenken durch Handeln annehmen, erst recht, wenn die Angst der Menschen vor einer vermeintlichen „Überforderung der Politiker“ Raum greift. Ignorieren, Schönreden oder Verdammen sind dann fehl am Platze“, betonte der Parlamentspräsident. Das eigennützige Schüren von Ängsten sei es erst recht. Wenn Fundamentalkritik zum Gebot der Stunde werde und Ängste die Oberhand über das Denken und Handeln gewönnen, dann ende dies in einem „Bürgerkrieg der Gefühle“, erinnerte Rößler an einen Ausspruch des Politikwissenschaftlers Dolf Sternberger.

 

Linke kritisieren Gehabe der Union im Parlament


Die Linken im sächsischen Landtag sehen die CDU beim parlamentarischen Umgang miteinander auf dem Kriegspfad. Die Erneuerung der parlamentarischen Kultur im Freistaat sei überfällig, erklärte Partei- und Fraktionschef Rico Gebhardt am Dienstag in Dresden. Die pauschale Ablehnung plausibler Oppositionsvorschläge sei ebenso überholt wie der ritualisierte rhetorische „Kalte Krieg“, der nach Ende der Ära von Steffen Flath an der Spitze der CDU-Fraktion wieder Einzug gehalten habe.

 

Der Festakt zu 25 Jahre parlamentarischer Demokratie in Sachsen fand genau an jedem Ort statt, an dem der Landtag von 1990 bis Ende 1993 tagte - in der Dreikönigskirche. Am Dienstag wurde in Filmbeiträgen an die Höhepunkte der Parlamentsarbeit seit der konstituierenden Sitzung des 1. Sächsischen Landtages am 27. Oktober 1990 erinnert.