Entsetzen nach Anschlag auf Thüringer Asylunterkunft

Erstveröffentlicht: 
08.09.2015

Niemand wurde verletzt, aber Brandstiftung vermutet: Dachstühle dreier leer stehender Wohnblocks entzündet

 

Ebeleben. Eine geplante Asylbewerberunterkunft im nordthüringischen Ebeleben (Kyffhäuserkreis) ist am gestrigen Morgen Ziel eines Anschlags geworden. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von einer feigen Tat. Für den Ministerpräsidenten besteht kein Zweifel, dass die Brände vorsätzlich gelegt wurden: "Es ist physikalisch unmöglich, dass an drei Stellen ein Brand ausbricht."


Gegen 3.30 Uhr waren im Ortsteil Rockensußra die Dachstühle von drei leer stehenden Gebäuden in Flammen aufgegangen. Die Feuerwehr konnte die Brände löschen. Verletzt wurde niemand. Laut Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) wird wegen vorsätzlicher Brandstiftung ermittelt. Hinweise auf Täter gibt es noch keine; Spezialisten des Landeskriminalamts übernahmen die Ermittlungen. Es gebe laut Poppenhäger gute Chancen, die Täter zu fassen. Zunächst war aber unklar, wer die Brände gelegt hat. Die Polizei suchte mit Spürhunden nach den Brandstiftern. Die Brandermittler sollen heute das Gebäude betreten.


Angesichts der Flüchtlingszahlen wollte der Kreis in den Wohnblöcken Asylsuchende unterbringen. Dazu sollte es laut Landrätin Antje Hochwind (SPD) gestern Abend Gespräche mit dem Ortschaftsrat geben. Der Vermieter habe signalisiert, dass dort zunächst 30 Flüchtlinge einziehen könnten. Das sollte aber nur mit Zustimmung des Ortes der Fall sein. "Wir sind betroffen, werden uns davon aber nicht einschüchtern lassen", bekräftigte Hochwind. Die Asylbewerber, die in einem angrenzenden Gebäude untergebracht waren, seien nicht zu Schaden gekommen. "Alle drei Dach- stühle sind so stark beschädigt, dass vorerst niemand einziehen kann", sagte der Sprecher des Kreises, Heinz-Ulrich Thiele. Zur Schadenshöhe lagen bis zum Abend keine Angaben vor. Der Kreis geht aber von mehreren Hunderttausend Euro aus.


Politiker zeigten sich nach der Tat in Nordthüringen entsetzt. Wer glaube, Häuser anstecken zu müssen, unterscheide sich nicht von Terroristen in den Ländern, aus denen die Menschen auf der Flucht seien, sagte Ministerpräsident Ramelow. Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) verurteilte ebenfalls die Tat. CDU-Fraktionschef Mike Mohring stellte klar: "Nichts, absolut gar nichts, kann in einem demokratischen Rechtsstaat Gewalt rechtfertigen." Trotz der politischen Auseinandersetzungen gehörten Mitmenschlichkeit und Menschenwürde zu den Fundamenten der deutschen Gesellschaft. Die Linke unterstrich: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Kriminelle Angst verbreiten und Menschen bedrohen." Die SPD-Landtagsfraktion erinnerte daran: "Wer seine Heimat und seine Angehörigen aufgrund von Krieg, Diskriminierung oder Folter verlassen muss, muss hier Schutz und Sicherheit finden." Nach Ansicht der AfD-Fraktion darf Gewalt nie Mittel des Protests sein.