Erstaufnahme in Dölzig? - Freistaat schweigt und schafft Fakten

Erstveröffentlicht: 
02.09.2015

Volker Tiefensee: Nicht 2000, sondern 200 Asylbewerber könnten ins Gewerbegebiet kommen

 

Von Olaf Barth


Dölzig. Es gibt offiziell immer noch keine konkreten Informationen darüber, was der Freistaat Sachsen in Dölzig vor hat. Die LVZ-Nachricht vom Sonnabend über eine vom Freistaat in Dölzig geplante Erstaufnahme für bis zu 2000 Flüchtlinge hat für einigen Wirbel im Dorf gesorgt. Rund 200 Bewohner sollen am Montagabend vor dem Gemeindezentrum auf Informationen gewartet haben. Denn dort hatte Oberbürgermeister Jörg Enke (Freie Wähler) nach Rücksprache mit Landratsamts-Dezernentin Angelika Stoye kurzfristig zu einem Abstimmungsgespräch über die neue Situation eingeladen.


An der nichtöffentlichen Runde nahmen auch Ortsvorsteher Thomas Druskat (FWD), die Dölziger Ortschaftsräte, die Fraktionsvorsitzenden des Schkeuditzer Stadtrates sowie der stellvertretenden Landrat des Landkreises Nordsachsen, Ulrich Fiedler teil. Auch Pfarrerin Ines Schmidt und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr waren über die Sitzung informiert worden, was sich dann auch unter den Dölzigern herumgesprochen hatte. Sowohl Enke als auch Druskat machten nach der Beratung gegenüber den Einwohnern ihrem Unmut darüber Luft, dass die Behörden und Politiker vor Ort nicht über die Pläne des Freistaates informiert sind. "Ich habe gesagt, dass wir keine Informationen vom Freistaat haben und nur über den Buschfunk von den Plänen erfuhren. Die Bürger und ihr Oberbürgermeister werden allein gelassen. Es passiert genau das, was immer kritisiert wird, das ist nicht normal", sagte Enke gestern Abend und verwies für weitere Informationen an den Freistaat.


Auch das Landratsamt, dass sich einen ganz anderen Umgang mit dem Thema und den Bürgern auf die Fahnen geschrieben hatte, war nicht involviert und ebenso wenig amüsiert. Und Druskat sprach sich vehement gegen eine über die schon vom Landratsamt geplante Unterbringung von 60 Asylbewerbern hinausgehende Belegung im Gewerbegebiet aus. Mehr verkrafte der Ort nicht. Gestern waren Mitarbeiter des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) mit Vertretern des Freistaates in Dölzig, um offenbar die Modalitäten mit dem Eigentümer der leerstehenden Gebäude unter Dach und Fach zu bringen.

 

Doch eine LVZ-Anfrage an die für die Erstinformation zuständige Landesdirektion Sachsen erbrachte erneut keine konkreten Aussagen. "Die Landesdirektion Sachsen und der SIB sind gegenwärtig in einem ständigen Prozess mit der Recherche für zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für die Erstaufnahme von Asylbewerbern befasst. Dabei werden immer wieder die verschiedensten Grundstücke oder Gebäude - in erster Linie landeseigene Immobilien - in den Blick genommen. Diese Recherche hat sich aufgrund der aktuellen Zugangszahlen von Asylbewerbern nach Sachsen nochmals verstärkt", lautete die allgemein gehaltene Antwort. Kein Wort zu Dölzig trotz konkreter Anfrage. Vielmehr wieder der Satz: "Eine Information der Öffentlichkeit zu neuen Erstunterbringungsquartieren ist aber erst nach einer Standortentscheidung und nach dem Abschluss damit möglicherweise verbundener vertraglicher Vereinbarungen sinnvoll. Wir kommunizieren dann jeweils aktiv und umgehend. Eine finale Entscheidung dazu liegt noch nicht vor."


Eine Nachfrage beim für diesen Wahlkreis mit verantwortlichen Landtagsabgeordneten Volker Tiefensee (CDU) ergab, dass der Freistaat tatsächlich etwas in Dölzig plant. Alle anderen Informationen, die er von Finanzminister Georg Unland (CDU) erhalten habe, seien vertraulich. Eins sagte Tiefensee dann aber doch noch: "Die Zahl 2000 ist falsch, wir reden vielleicht über 200 Asylbewerber."


Nach LVZ-Informationen handelt es sich in Dölzig nicht um Immobilien des Freistaates. Vielmehr will er diese erst erwerben. Angeblich soll die Unterschrift unter dem Kaufvertrag schon geleistet worden sein, was für eine längere Nutzung des oder der Gebäude sprechen würde. Allerdings wurde am Montagabend nach der Beratung auch deutlich, dass dem Freistaat hier einiger Gegenwind aus der Bevölkerung, den politischen Gremien und den kommunalen Behörden entgegen wehen wird.