Die Parade durch die City hat in diesem Jahr wieder mehr Demonstrationscharakter
Von Christian Dittmar
Auch bei einem Feierumzug mit mehr als 2000 bunt gekleidetem
Tanzwütigen, wummernden Techno-Bässen und dem einen oder anderen Joint
am Rande muss alles ordentlich geregelt sein. "Wir möchten euch darauf
hinweisen, dass Alkohol und Glasflaschen auch in diesem Jahr bei der GSO
verboten sind", spricht Frederik, Organisator der Global Space Odyssey
(GSO) am Samstagmittag ins Mikrofon. Der Blondschopf steht auf dem
ersten von insgesamt zehn Wagen, die sich vom Rande des Lene-Voigt-Parks
über die Innenstadt bis zum Richard-Wagner-Hain am Elsterbecken
schieben werden.
Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre, als einige GSOs zu wüsten
Gelagen ausarteten, weisen die Macher diesmal schon frühzeitig auf das
allgemeine Alkoholverbot hin, eine Handvoll Ordner pro Wagen soll es
durchsetzen. Noch wichtiger für Frederik und seine Kollegin Dora ist
aber ein inhaltlicher Umschwung: "Wir wollen weg vom Parade-Charakter
und wieder politischer werden", sagt Dora.
In diesem Jahr lautet das Motto der GSO "Bleiberecht auf Stadt". Und
dass dies nicht nur ein Polit-Label für eine Party-Veranstaltung ist,
zeigt sich schon auf den ersten Metern im Täubchenweg. "Luxusbau auf dem
Land, uns're Antwort heißt Widerstand", steht auf einem Lkw, aus dem
Drum&Bass dringt. Ein junges Mädchen hält ein Transparent mit der
Aufschrift "Nie wieder Freital" hoch, auf einem anderen Spruchband heißt
es "Mietstreik jetzt". Wie zum Beweis passiert der Zug am Johannisplatz
einen Altbau, der derzeit saniert wird. "Eigentumswohnungen von ca.
40m² bis 250m²" sollen im "Palais Hugo Wolf" entstehen.
Auf dem Markt werden aus den teilweise wolkigen Worten der Demonstranten
klare Forderungen. "Wir meinen, dass 7,5 Quadratmeter pro Mensch nicht
ausreichend sind", sagt Roman vom Bündnis "Stadt für alle" und bezieht
sich dabei auf einen aktuellen Bundestagsbeschluss. Die
Landtagsabgeordnete Juliane Nagel erinnert an die vielen Anschläge auf
Asylunterkünfte in diesem Jahr, unter anderem in Freital und Meißen.
"Lasst uns die Botschaft aussenden, dass Flüchtlinge hier willkommen
sind", ruft die Linkspolitikerin der Menge auf dem Markt zu und erntet
lautstarken Applaus. Konrad von "Willkommen im Kiez" weist auf das
zentrale Projekt der Initiative hin: die Vermittlung von WGs zur
dezentralen Unterbringung von Asylsuchenden. "Leider bekommen wir von
der Stadt dabei nur wenig Unterstützung", sagt er.
Nachdem Organisator Frederik darüber belehrt hat, dass für den weiteren
Umzug über die Jahnallee nur die rechte Fahrbahn zu nutzen sei, setzt
sich die Kolonne wieder in Bewegung. In Schrittgeschwindigkeit geht es
erst durch die sich gerade gentrifizierenden Stadtteile Lindenau und
Plagwitz, dann durch den Clara-Zetkin-Park zum Richard-Wagner-Hain. Nach
fast zehn Kilometern Fußmarsch können die GSOler endlich ausspannen und
sich bei einem Poetry Slam auch kulturell weiterbilden.
Und da zu einer Global Space Odyssey am Ende doch auch Party gehört,
klingt die Demo nicht nur bei einer After-Show, sondern gleich bei drei
aus: im Elipamanoke, in der Distillery und im Reudnitzer 4Rooms auf
insgesamt sieben Floors. Die Einnahmen aus diesen Happenings werden
sinnbringend verwendet: Sie kompensieren die Ausgaben für die Wagen, Plakate und den Druck eines Info-Heftes.