Landtag streitet über den Umgang mit Freitaler Protest
Von Jürgen Kochinke
Dresden. Es gibt Situationen, da geht es heiß her im sächsischen
Landtag. Gestern, bei der Debatte zum Thema Asyl und
Fremdenfeindlichkeit, war es mal wieder so weit: Am Rednerpult stand
Petra Zais von den Grünen und redete sich langsam in Rage. Was die
Koali- tionsfraktionen von CDU und SPD gerade im Landtag inszenierten,
sei eine "fadenscheinige" Veranstaltung. In Wirklichkeit dominierten
"Ignoranz, Versagen und Kleinrednerei". Es gab Zwischenrufe von der SPD,
doch Zais war noch nicht am Ende. "Da geht die Wut mit mir durch", rief
sie in den Saal, fuchtelte mit den Armen - und dabei kippte prompt ihr
Wasserglas um.
Es musste also erst mal gewischt werden im Plenarsaal, was aber nur
eine Facette beim Schlagabtausch zwischen den verschiedenen Lagern war.
Im Mittelpunkt einer weiteren standen Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt
und Innenminister Markus Ulbig (CDU). Dabei ging es um jene
Bürgerveranstaltung am Montagabend in Freital, zu der Ulbig angereist
war und die reichlich unschön zu Ende ging. Erst wurde der Minister von
Asyl-Gegnern ausgebuht, dann wurde einer Befürworterin des
Asylbewerberheims das Mikro kurzerhand aus der Hand geschlagen. Dialog -
nein danke!, lautete das heimliche Motto.
Das genau nahm Gebhardt zum Anlass, Ulbig aufs Korn zu nehmen.
Schließlich sei der einfach auf dem Freitaler Podium sitzen geblieben,
meinte der Linke und fügte hinzu: "Diese Toleranz gegenüber dem
Anti-Asyl-Mob ist nicht tolerabel." Allerdings sei es auch nicht das
erste Mal im Falle von Ulbig. Schließlich habe sich der schon frühzeitig
"als Pegida-Versteher profiliert".
Das konnte die CDU so natürlich nicht stehen lassen, trotzdem fielen die
Konter relativ moderat aus. So verwies Ulbig darauf, dass gegenseitige
Schuldzuweisungen sowieso völlig sinnlos seien. Rückendeckung erhielt er
von Christian Hartmann. Hätte der Minister den Freitaler Saal
verlassen, sagte der CDU-Innenpolitiker an die Adresse von Gebhardt,
wäre das einer Kapitulation vor den Asyl-Gegnern gleichgekommen - und
damit das falsche Signal gewesen. So ging es munter weiter hin und her.
Mal nahm sich die Leipziger Linke Juliane Nagel die CDU/SPD-Koalition
herbe vor, dann warnte der Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth (CDU)
vor parteipolitischer Polemik und Populismus beim Thema.
Bemerkenswert bei dem Ganzen war schließlich noch der Einsatz von
Albrecht Pallas, der meinte, es müsse endlich "Schluss sein mit dem
Fischen am rechten Rand". Zwar nannte er keine konkreten Namen, aber im
Saal wusste jeder, wen er vor allem gemeint hatte: die CDU-Abgeordneten
Sebastian Fischer und Alexander Krauß. Der eine hatte sich schon mal als
Redner bei einer Pegida-Kundgebung angeboten. Der andere hatte erst
kürzlich gefordert, Asylbewerber ohne Ausweis und der Bereitschaft zur
Kooperation gehörten umgehend ins Gefängnis gesteckt. Pallas aber, das
ist das Besondere an seiner Kritik, ist nicht etwa Mitglied von Grünen
oder Linken, sondern Abgeordneter vom Koalitionspartner SPD.