Erstaufnahme: Innenminister plant 2380 Plätze im Kernbereich, aber auch Container und flexible Lösungen
Von Jürgen Kochinke
Dresden. Am Montagabend stellte sich Innenminister Markus Ulbig (CDU)
noch den aufgebrachten Protestlern gegen das Asylbewerberheim in Freital
samt unschöner Pöbeleien, gestern stand das Reizthema Zuwanderung
wieder auf seinem Programm. Es ging um die Erstaufnahmeeinrichtungen in
Sachsen, das heißt um die Erweiterung der Kapazität. Dabei sind die
Eckdaten, die Ulbig gestern in Dresden präsentiert hat, alles andere als
neu. Die Kernaussagen lauten: Die Zahl der Plätze soll von derzeit 3000
auf 5000 aufgestockt werden, und es sollen weitere Standorte her.
Derzeit gibt es nur eine "echte" Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz
sowie einen Außenstandort in Schneeberg. Da beide Unterkünfte aber wegen
rapide steigender Zahlen seit Monaten aus allen Nähten platzen, werden
längst überall im Land extrem kurzfristige Zwischenlösungen präsentiert,
wo es dann - Stichwort Freital - nicht selten zu Verwerfungen kommt.
Deshalb wird es jetzt nicht nur die zwei weiteren, bereits bekannten
Erstaufnahmeeinrichtungen in Dresden und Leipzig geben, sondern auch
Containersiedlungen und andere flexible Lösungen.
Konkret soll laut Ulbig eine Kernkapazität mit insgesamt 2380 Plätzen
entstehen, mit jeweils 700 Plätzen in Chemnitz, Leipzig und Dresden
sowie 280 in Schneeberg. Auf der zweiten Ebene soll es weitere rund 2000
variable Plätze geben, einen Containerstandort mit 500 in Dresden ab
Anfang 2016 sowie zwei weitere mit ebenfalls rund 500 Plätzen, über
deren genauen Standort sich Ulbig in Schweigen hüllt. Die Frage werde
erst nach der Sommerpause entschieden, lautet die Auskunft. Hinzu kommen
430 Plätze in der Leipziger Friederikenstraße noch in diesem Sommer.
Auf einer dritten Ebene sollen weitere 600 Plätze entstehen,
"kurzfristige Interimskapazitäten" nennt der Minister sie. Dabei kann es
sich erneut um Hotels handeln, im äußersten Extremfall auch um Zelte -
wie unlängst in Chemnitz. In jedem Fall aber sollen sowohl die neuen
Unterkünfte in Containern wie auch die kurzfristigen Lösungen in der
Nähe der zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen liegen - also irgendwo in
oder bei Dresden, Leipzig oder Chemnitz.
Mit all dem will Ulbig zwei Ziele erreichen. Zum einen reagiert der
Freistaat schlicht auf steigende Asylbewerberzahlen. Zum anderen will er
mit Hilfe der erweiterten Kapazitäten eine Art Puffer in den vom Land
geführten Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen, um die Problemverlagerung
in die Kommunen zu stoppen. Denn bisher ist es gängige Praxis, dass
Asylbewerber bereits nach wenigen Wochen in die kommunalen Einrichtungen
gehen - lange bevor entschieden wird, ob sie überhaupt in Deutschland
bleiben dürfen. Das soll sich in Zukunft ändern. Asylbewerber sollen
dann bis zur Entscheidung rund drei Monate lang in den erweiterten
Landeseinrichtungen bleiben. Anschließend sollen jene, die kein
Bleiberecht haben, ohne den Umweg über die Kommunen in ihre Heimatländer
zurückgeschickt werden. "Die Akzeptanz von Asyl in der Gesellschaft
lebt von zügigen Asylverfahren", sagte Ulbig. Hier setze das neue
Konzept ein "richtiges Signal".
Neben der Aufstockung der Kapazitäten will die Staatsregierung auch
zusätzliche Stellen in der Zentralen Ausländerbehörde schaffen, um dem
bürokratischen Aufwand gewachsen zu sein. Diese wird um 89 Mitarbeiter
aufgestockt, aktuell gibt es dort 77 Beschäftigte. 50 der neuen Stellen
entstehen zusätzlich, bei den restlichen 39 handelt es sich um
Abordnungen oder Umsetzungen aus Ministerien. Erst kürzlich war bekannt
geworden, dass Leipzig ab 1. August 18 zusätzliche Mitarbeiter für
Flüchtlinge einstellen will. Dabei handelt es sich um Vollzeitstellen,
von denen aber alle bis auf eine vorerst bis zum 31. Juli 2017 befristet
sind.