Neue Interimslösungen für Asyl-Erstaufnahme

Erstveröffentlicht: 
19.02.2015

Die Erstaufnahme von Flüchtlingen in Sachsen wird zunehmend nach dem Prinzip eines Verschiebebahnhofs geregelt. Der Zustrom wird immer größer, der Abfluss stockt wegen Verzögerungen bei der Antragsaufnahme und -bearbeitung. Die Folge ist ein Platzmangel, der durch Notlösungen behoben wird. Einige Unterkünfte können nur befristet genutzt werden. Deshalb entstehen ständige neue Interimslösungen, während alte verschwinden. Treffen kann es grundsätzlich jede Kommune, in der der Freistaat geeignete Immobilien besitzt - wie jetzt Meißen und Kamenz.

 

Räumung in Meißen und Schneeberg

 

Die Landesdirektion Sachsen schließt bis zum Wochenende zwei Notunterkünfte für neu ankommende Flüchtlinge und schafft im Gegenzug zwei neue Interimslösungen. Wie Sprecher Ingolf Ulrich MDR SACHSEN bestätigte, ist die vorübergehend genutzte Mehrzweckhalle der sächsischen Verwaltungsfachhochschule in Meißen seit Donnerstagvormittag geräumt. Die 40 verbliebenen Flüchtlinge wurden nach Chemnitz verlegt. Zuvor hatte der Landkreis Meißen 50 Asylbewerber aus der Notunterkunft übernommen. Die Familien mit Kindern kamen in Einrichtungen in Perba, Weinböhla, Großenhain, Radeburg und Gröditz unter. Die Turnhalle in der ehemaligen Jägerkaserne in Schneeberg wird laut Landesdirektion am Freitag geräumt und kann ab kommender Woche wieder für den Vereinssport genutzt werden.

 

Neue Notnägel in Meißen und Kamenz

 

Wegen des anhaltenden Platzmangels bei der Asyl-Erstaufnahme werden jedoch wieder zwei neue Notunterkünfte eingerichtet. Eine davon ist Ulrich zufolge wieder in Meißen und soll bis zu 160 Flüchtlinge beherbergen. Der am Stadtrand gelegene Plattenbau habe zuletzt leer gestanden und sei von der Landespolizei für Übungen wie Zugriffe und Festnahmen genutzt worden. Das Gebäude gehört ebenso dem Freistaat wie die zweite neue Notunterkunft in Kamenz. Hier muss der Polizeisportverein seine Trainingshalle für bis zu 200 Asylbewerber räumen. 

 

Sportverein geschockt

 

Die Vereinsmitglieder reagierten bestürzt und verärgert auf die plötzliche Ausquartierung. Zugleich forderten sie in einer öffentlich ausgehängten Mitteilung Solidarität mit den künftig in ihrer alten Trainingsstätte untergebrachten Flüchtlingen. Der Aufruf stieß jedoch nicht überall auf Widerhall. Der Kamenzer Pegida-Ableger rief per Facebook zu einer Demonstration vor der Halle am Freitag auf. Davon distanzierte sich PSV-Präsident Thomas Santruschek deutlich. Mit dieser Aktion wolle der Verein nichts zu tun haben. Die Stadt Kamenz erklärte inzwischen, dem PSV schnellstmöglich eine neue Heimstatt anbieten zu wollen. Auch ein Gespräch mit Innenminister Markus Ulbig ist geplant. 

 

Eins, zwei drei - und fertig!

 

Wie schon bei anderen Interimslösungen erfolgte auch diesmal die Ankündigung sehr kurzfristig. Die Landräte der Kreise Meißen und Bautzen sowie die Oberbürgermeister von Kamenz und Meißen wurden am Mittwoch von der Landesdirektion informiert, den Anwohnern in der Umgebung der neuen Notunterkünfte am Donnerstag Informationsblätter in die Briefkästen gesteckt. Ab Freitag werden die neuen Interimslösungen für die Erstaufnahme bereits belegt. Wie lange sie Bestand haben werden, ist Ulrich zufolge offen. Er betonte aber, es handele sich nicht um dauerhafte Lösungen. Diese sollen bis Ende 2017 neben Chemnitz in Leipzig und Dresden entstehen.

Die vorgesehene Gesamtkapazität von 2.100 Plätzen ist allerdings von der Hoffnung getragen, dass der Flüchtlingsstrom wieder nachlässt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge schneller bearbeitet sowie abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben werden. Bis dahin müsse Sachsen bei der Erstaufnahme Flüchtlinge auch weiterhin teilweise in Notunterkünften unterbringen, sagte Ulbig den Landräten bei einem Treffen am Mittwoch. 

 

Übersicht für reguläre und provisorische Erstaufnahmeeinrichtungen

 

Erstaufnahme von Asylbewerbern in Sachsen, Stand: 19.02.2015 (Quelle: Landesdirektion Sachsen)
Einrichtung Kapazität
(in Personen)
Belegung
(in Personen)
Besonderheiten
Zentrale Erstaufnahme in Chemnitz, Adalbert-Stifter-Weg 820 783
(überbelegt)
50 Plätze in Containeranlage derzeit wegen
Brandschaden nicht nutzbar
Zentrale Erstaufnahme - Außenstelle in Schneeberg

 

840

 

827

 

Ursprünglich geplante Kapazität: 700

 

Hotelkapazitäten in Chemnitz

 

366

 

349

 

 

Hotelkapazitäten in Böhlen

 

106

 

106

 

Mietvertrag endet am 30.04.2015

Haus in Görlitz 130

 

136
(überbelegt)

Ehemaliges Haus der Bereitschaftspolizei, zuletzt leerstehend

 

ALT: Turnhalle Schneeberg

255 226 Wird am 20.02.2015 geräumt.
ALT: Mehrzweckhalle Meißen 200

 

39
(seit 19.02. 10 Uhr: 0)

Am 19.02.2015 geräumt.
NEU: Haus in Meißen 160 0 Früheres Institut für Landtechnik, zuletzt für Polizeiübungen genutzt.
Wird ab 20.02.2015 belegt.
NEU: Sporthalle Kamenz 200 0 Sporthalle in Landesbesitz, bisher an PSV Kamenz vermietet.
Wird ab 20.02.2015 belegt.
Haus in Chemnitz, Altendorfer Straße 120 120 Ehemaliges Freigängerhaus der früheren JVA Chemnitz, zuvor leerstehend, längere Nutzung nicht ausgeschlossen
Sporthalle in Chemnitz-Ebersdorf 90 39 Zuvor ungenutzte alte Sporthalle der Bereistschaftspolizei
 

 

 

Gesamt bis 19.02:
2.927

Gesamt ab 20.02.:
2.832

Gesamt bis 19:02. 10 Uhr:
2.625