Die Erstaufnahme von Flüchtlingen in Sachsen wird zunehmend nach dem Prinzip eines Verschiebebahnhofs geregelt. Der Zustrom wird immer größer, der Abfluss stockt wegen Verzögerungen bei der Antragsaufnahme und -bearbeitung. Die Folge ist ein Platzmangel, der durch Notlösungen behoben wird. Einige Unterkünfte können nur befristet genutzt werden. Deshalb entstehen ständige neue Interimslösungen, während alte verschwinden. Treffen kann es grundsätzlich jede Kommune, in der der Freistaat geeignete Immobilien besitzt - wie jetzt Meißen und Kamenz.
Räumung in Meißen und Schneeberg
Die Landesdirektion Sachsen schließt bis zum Wochenende zwei Notunterkünfte für neu ankommende Flüchtlinge und schafft im Gegenzug zwei neue Interimslösungen. Wie Sprecher Ingolf Ulrich MDR SACHSEN bestätigte, ist die vorübergehend genutzte Mehrzweckhalle der sächsischen Verwaltungsfachhochschule in Meißen seit Donnerstagvormittag geräumt. Die 40 verbliebenen Flüchtlinge wurden nach Chemnitz verlegt. Zuvor hatte der Landkreis Meißen 50 Asylbewerber aus der Notunterkunft übernommen. Die Familien mit Kindern kamen in Einrichtungen in Perba, Weinböhla, Großenhain, Radeburg und Gröditz unter. Die Turnhalle in der ehemaligen Jägerkaserne in Schneeberg wird laut Landesdirektion am Freitag geräumt und kann ab kommender Woche wieder für den Vereinssport genutzt werden.
Neue Notnägel in Meißen und Kamenz
Wegen des anhaltenden Platzmangels bei der Asyl-Erstaufnahme werden jedoch wieder zwei neue Notunterkünfte eingerichtet. Eine davon ist Ulrich zufolge wieder in Meißen und soll bis zu 160 Flüchtlinge beherbergen. Der am Stadtrand gelegene Plattenbau habe zuletzt leer gestanden und sei von der Landespolizei für Übungen wie Zugriffe und Festnahmen genutzt worden. Das Gebäude gehört ebenso dem Freistaat wie die zweite neue Notunterkunft in Kamenz. Hier muss der Polizeisportverein seine Trainingshalle für bis zu 200 Asylbewerber räumen.
Sportverein geschockt
Die Vereinsmitglieder reagierten bestürzt und verärgert auf die plötzliche Ausquartierung. Zugleich forderten sie in einer öffentlich ausgehängten Mitteilung Solidarität mit den künftig in ihrer alten Trainingsstätte untergebrachten Flüchtlingen. Der Aufruf stieß jedoch nicht überall auf Widerhall. Der Kamenzer Pegida-Ableger rief per Facebook zu einer Demonstration vor der Halle am Freitag auf. Davon distanzierte sich PSV-Präsident Thomas Santruschek deutlich. Mit dieser Aktion wolle der Verein nichts zu tun haben. Die Stadt Kamenz erklärte inzwischen, dem PSV schnellstmöglich eine neue Heimstatt anbieten zu wollen. Auch ein Gespräch mit Innenminister Markus Ulbig ist geplant.
Eins, zwei drei - und fertig!
Wie schon bei anderen
Interimslösungen erfolgte auch diesmal die Ankündigung sehr kurzfristig.
Die Landräte der Kreise Meißen und Bautzen sowie die Oberbürgermeister
von Kamenz und Meißen wurden am Mittwoch von der Landesdirektion
informiert, den Anwohnern in der Umgebung der neuen Notunterkünfte am
Donnerstag Informationsblätter in die Briefkästen gesteckt. Ab Freitag
werden die neuen Interimslösungen für die Erstaufnahme bereits belegt.
Wie lange sie Bestand haben werden, ist Ulrich zufolge offen. Er betonte
aber, es handele sich nicht um dauerhafte Lösungen. Diese sollen bis
Ende 2017 neben Chemnitz in Leipzig und Dresden entstehen.
Die
vorgesehene Gesamtkapazität von 2.100 Plätzen ist allerdings von der
Hoffnung getragen, dass der Flüchtlingsstrom wieder nachlässt, das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge schneller
bearbeitet sowie abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben werden.
Bis dahin müsse Sachsen bei der Erstaufnahme Flüchtlinge auch weiterhin
teilweise in Notunterkünften unterbringen, sagte Ulbig den Landräten bei
einem Treffen am Mittwoch.
Übersicht für reguläre und provisorische Erstaufnahmeeinrichtungen
Einrichtung | Kapazität (in Personen) |
Belegung (in Personen) |
Besonderheiten |
---|---|---|---|
Zentrale Erstaufnahme in Chemnitz, Adalbert-Stifter-Weg | 820 | 783 (überbelegt) |
50 Plätze in Containeranlage derzeit wegen Brandschaden nicht nutzbar |
Zentrale Erstaufnahme - Außenstelle in Schneeberg |
840 |
827 |
Ursprünglich geplante Kapazität: 700 |
Hotelkapazitäten in Chemnitz |
366 |
349 |
|
Hotelkapazitäten in Böhlen |
106 |
106 |
Mietvertrag endet am 30.04.2015 |
Haus in Görlitz | 130 |
136 |
Ehemaliges Haus der Bereitschaftspolizei, zuletzt leerstehend |
ALT: Turnhalle Schneeberg |
255 | 226 | Wird am 20.02.2015 geräumt. |
ALT: Mehrzweckhalle Meißen | 200 |
39 |
Am 19.02.2015 geräumt. |
NEU: Haus in Meißen | 160 | 0 | Früheres Institut für Landtechnik, zuletzt für Polizeiübungen genutzt. Wird ab 20.02.2015 belegt. |
NEU: Sporthalle Kamenz | 200 | 0 | Sporthalle in Landesbesitz, bisher an PSV Kamenz vermietet. Wird ab 20.02.2015 belegt. |
Haus in Chemnitz, Altendorfer Straße | 120 | 120 | Ehemaliges Freigängerhaus der früheren JVA Chemnitz, zuvor leerstehend, längere Nutzung nicht ausgeschlossen |
Sporthalle in Chemnitz-Ebersdorf | 90 | 39 | Zuvor ungenutzte alte Sporthalle der Bereistschaftspolizei |
Gesamt bis 19.02: |
Gesamt bis 19:02. 10 Uhr:
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