Demonstration »United Neighbours« zieht gegen Zwangsräumung und Mietpreissteigerung durch die Stadt
Am Samstag protestierten über 1000 Menschen gegen den Umgang mit Wohnungslosen in der Stadt.
Von Peter Nowak
»Hände weg von meinen Nachbarn« stand auf dem selbst gemalten Schild, dass eine ältere Frau auf der von Aktivisten und Flüchtlingen organisierten Demo »United Neighbours - Bleiberecht und Wohnraum für alle!« am Samstag gen Himmel streckt. »Ich wohne hier in der Ohlauer Straße seit Jahren und die Flüchtlinge sind meine Nachbarn und sollen es auch bleiben«, erklärte sie ihr Motto, mit dem sie sich mit den jetzigen Bewohnern der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule solidarisierte. In unmittelbarer Nähe des Gebäudes startete am Samstagnachmittag gegen 15 Uhr die Demonstration. Laut Veranstaltern waren rund 1500 Menschen dem Aufruf von Refugee Strike Berlin, Bündnis Zwangsräumung Verhindern sowie politischen Gruppen und Einzelpersonen gefolgt. »Wir wollen damit deutlich machen, dass der Kampf der Mieter und der Flüchtlinge zusammengehört«, erklärte Johannes vom Vorbereitungskreis gegenüber »nd«.
Eine Nachbarschaftsinitiative sorgte sogar mit einem eigenen Schlachtruf für Stimmung. »Ohlauer Olala«, rief sie unter Beifall. Solidarität werden die noch in der Schule lebenden Flüchtlinge in den nächsten Wochen brauchen. Vor einigen Tagen haben Vertreter des Bezirks Kreuzberg-Friedrichshain erklärt, dass die Flüchtlinge das Gebäude in der nächsten Zeit verlassen müssen. Ein Bewohner gab auf der Demonstration die Antwort: »Wir lassen uns nicht in Heime stecken und werden gegen jeden Räumungsversuch erneut Widerstand leisten«. Die Demonstration zog dann zur in der letzten Woche geräumten Cuvry-Brache am Spree-Ufer, wo sich in den letzten Monaten zahlreiche wohnungslose Menschen ein Domizil gesucht hatten. »Der Platz war unsere Lücke im System. Sie gab uns die Möglichkeit, dass nicht nur Leute mit dem nötigen Geld und deutschem Pass die Stadt für sich nutzen und in dieser überleben können«, erklärte eine ehemalige Bewohnerin.
Die Demonstration endete am Oranienplatz, wo im Oktober 2012 der Flüchtlingsprotest in Berlin begonnen hatte. Dort beklagten mehrere ehemalige Bewohner der Zeltstadt, dass der Senat die Vereinbarungen, die zur Räumung des Platzes führten, weiterhin ignoriert. Erst in den letzten Tagen bekamen Geflüchtete, die in Unterkünften in Charlottenburg lebten, die Aufforderung, in der nächsten Woche Berlin zu verlassen. »Dies bedeute erneut Obdachlosigkeit, soziale Ausgrenzung und in vielen Fällen Abschiebung«, sagte ein Redner. Mieteraktivisten von »Kotti und Co.« sowie des Bündnisses »Zwangsräumung verhindern« machten in ihren Redebeiträgen noch einmal deutlich, dass sie mit dem Kampf der Geflüchteten solidarisch sind. »Wir kämpfen gemeinsam gegen jede Ausgrenzung«.
»Ich hätte mir eine Wiederbesetzung des Platzes gewünscht. Nur so können wir den Druck auf den Senat erhöhen, die Vereinbarungen mit den Flüchtlingen doch noch einzuhalten«, meinte eine Teilnehmerin. Eine Gruppe von Gewerkschaftern verteilte eine Solidaritätserklärung mit den Geflüchteten und forderte den Berliner DGB auf, sich an der Organisierung von Solidaritätsdemonstrationen zu beteiligen und den Flüchtlingen Räume zur Verfügung zu stellen. Seit Donnerstagnachmittag hält sich eine Gruppe von ca. 20 Geflüchteten im Berliner DGB-Haus am Wittenbergplatz auf.