Helmut Röthemeyer, 1983 ranghöchster Experte bei der Gorleben-Erkundung, meldet sich in der Debatte um geschönte Expertisen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zu Wort. In der Intervention der Kohlregierung gegenüber der Fachbehörde sieht der heute pensionierte Wissenschaftler keine politische Einflussnahme, er hätte darin nur "didaktische Hinweise" gesehen.
Dem Hamburger Magazin Stern sagte er: "Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wieso ich heute als Gorleben-Gegner gelten soll." Die Behörde habe nicht wegen der Zweifel an Gorleben, sondern mit Blick auf das nukleare Ausbauprogramm vorgeschlagen, weitere Standorte zu untersuchen.
Die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI), die die Debatte um Gorleben nach Akteneinsicht angestoßen hat, reagiert unterdessen mit großer Verwunderung. "Die Zweifel an der Eignung Gorlebens lassen sich in allen Entwürfen nachlesen." Selbst in der offiziellen Schlussfassung, in der die Empfehlung gestrichen wurde, andere Standorte außer Gorleben zu untersuchen, werden die Unsicherheiten angesprochen.
"Die geologischen Bedenken werden hier durch den Zeitzeugen Röthemeyer Kohl-konform gewendet," kritisiert die BI. Offensichtlich sei ihm jetzt unangenehm, dass er noch im April so freimütig über die politische Einflussnahme sprach, zu dem Zeitpunkt war nicht absehbar, dass die Offenlegung der Akten folgen würde.
Als Gorleben-Gegner sei Röthemeyer allerdings nie in Erscheinung getreten. Röthemeyer hatte im Gespräch mit der Berliner Tageszeitung am 18.4.2009 über die Einflussnahme bei der Zusammenfassung des "Zwischenberichts überbisherige Ergebnisse der Standortuntersuchung in Gorleben" berichtet.
Zu einem Treffen mit den Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover, auf dem der Sachverhalt und die Empfehlung, die Standortsuche zu erweitern, besprochen werden sollten, erschienen unerwartet aber auch Vertreter des Bundeskanzleramtes und der Bonner Ministerien für Forschung und Technologie und des Inneren - ein Bundesumweltministerium existierte vor dem Reaktorbrand in Tschernobyl nicht.
Die Ministeriumsvertreter forderten die PTB zur Änderung ihres Gutachtens auf. "Es gab nichts Schriftliches, keine schriftliche Weisung, aber wir mussten das Gespräch klar als Weisung auffassen", sagt der Röthemeyer im April, er erinnere sich heute mit Schrecken an das Gespräch mit Ministeriumsvertretern, das der Änderung des Gutachtens vorausging.
Röthemeyer wurde mit den Worten zitiert: "Ich habe ansonsten nie wieder ein solches Gespräch geführt in meinem ganzen Leben."
Dem zusammenfassenden Gutachten von 1983 ging die Erkundung des Salzstocks durch Eine Vielzahl von Bohrungen voraus, die aber nicht das erhoffte Ergebnis brachten. Röthemeyers Kollegen stellten u.a. fest, dass das von einer eiszeitlichen Rinne durchzogene Gestein über dem Salzstock nicht ausreichend ist, "Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre zurückzuhalten".
"Röthemeyer gegen Röthemeyer - der Wissenschaftler und Zeitzeuge kämpft mit dem loyalen Beamten - trotz seines Dementis ist Kohlregierung nicht aus dem Schneider", schließt die BI.
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