Tausende bei Aktionen gegen Neonazi-Aufmarsch / Bündnis kritisiert: Blockaden von den Behörden durch Desinformation vereitelt
Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in Magdeburg gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestiert. In der gesamten Stadt beteiligten sich nach Angaben der Polizei rund 10.000 Menschen unter anderem an einer »Meile der Demokratie«. Antifaschisten hatten zudem versucht, mit Blockaden die rund 600 Rechtsradikalen zu stoppen.
Dies wurde allerdings von der Polizei weitgehend unterbunden. »Die Desinformationspolitik der Polizei in Magdeburg ist ein weiteres Mal aufgegangen«, kritisierte ein Bündnis von Vertretern aus Vereinen, Initiativen, Jugendverbänden, Gewerkschaften und Parteien am Samstag. Während friedliche Gegendemonstranten am Vormittag noch versucht hätten, eine mögliche Naziroute im Süden der Stadt zu blockieren, habe sich erst am Mittag herausgestellt, dass die Neonazis im Osten der Stadt demonstrieren würden. »Durch die Sperrung sämtlicher Brücken über die Elbe wurde ein Protest in Sicht- und Hörweite vereitelt«, so das Bündnis.
Zudem habe die Polizei versucht, »mit Fehlinformationen« Kritiker des Neonazisaufmarsches an der Teilnahme an den Protesten zu behindern. So habe die Polizei Menschen, »die zum Meilenstein der Demokratie am Bahnhof Herrenkrug wollten« mitgeteilt, »dass dieser nicht mehr existiere. Gleichwohl warteten dort die Anwesenden angesichts der eintreffenden Nazis auf Verstärkung«, kritisierte das Bündnis.
Dieses hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gemacht, »eine größere Öffentlichkeit für die Diskussion um die Legitimität von friedlichen Blockaden und zivilem Ungehorsam gegen Naziaufmärsche« zu schaffen. Unterstützt wird das Bündnis unter anderem durch Linke, Grüne und Sozialdemokraten.
Einem Sprecher der Polizei zufolge wurden am Samstag dennoch an einigen Stellen Schienen blockiert. Die Rede war auch von Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Bis zum Nachmittag wurden 33 Ingewahrsamnahmen von Antifaschisten bekannt, 7 Personen wurden wieder frei gelassen.
Die Landesvorsitzende der Linken in Sachsen-Anhalt, Birke Bull, fragte im Sozialen Netzwerk Facebook: Warum müsse in Magdeburg »nach erfolgreicher friedlicher Gleisblockade mit aller Macht den Nazis einen neuen öffentlichen Raum zur Verfügung stellen für ihre menschenverachtenden Parolen?«
Die Neonazis versuchen seit Jahren, den Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs für ihre Propaganda zu missbrauchen. Der Luftangriff britischer Bomber am Abend des 16. Januar 1945 hatte große Teile der historischen Innenstadt Magdeburgs in Schutt und Asche gelegt. Insgesamt waren am Kriegsende rund 60 Prozent der Stadt an der Elbe völlig zerstört. Agenturen/nd