Einer der Mörder in der Pogromnacht war Burschenschafter und scheint auf einer Erinnerungsstafel der „Suevia“ auf. Innsbruck will sie jetzt ergänzen.
Von Peter Nindler
Innsbruck – Richard Berger, Wilhelm Bauer und Richard Graubart – in der Nacht von 9. auf 10. November 1938 in Innsbruck löschte der Nazi-Mob ihr Leben aus. Dutzende der 130 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde in der Landeshauptstadt wurden schwer verletzt, Josef Adler erlag zwei Monate später seinen Verletzungen. Mit dem Novemberpogrom vor 75 Jahren begann die systematische Verfolgung und Ermordung der Juden. Gemessen an der Einwohnerzahl gab es in Innsbruck neben Wien die meisten Opfer. Die herumziehenden SS-Schergen verwüsteten Wohnungen, plünderten jüdische Geschäfte und zerstörten die Synagoge. Das Pogrom war die geplante Racheaktion nach dem Tod des deutschen Botschaftssekretärs Ernst Eduard vom Rath, der in Paris dem Schussattentat von Herschel Grynszpan zum Opfer fiel.
Im berührenden Doku-Drama „Zersplitterte Nacht“ (Metropol Kino) erzählt der Innsbrucker Filmemacher Hermann Weiskopf die Geschichte des Vorsitzenden der Kultusgemeinde Richard Berger. Er schildert seine Ermordung und nennt seine Mörder, die ihm den Schädel einschlugen: SS-Studentensturmführer Gerhard Lausegger sowie Robert Duy und Walter Hopfgartner. Der Blick richtet sich vor allem auf Lausegger, der nach dem Krieg nach Argentinien flüchten konnte.
Lausegger war Sprecher der deutschnationalen und schlagenden Burschenschaft „Suevia“ in Innsbruck. Sein Name prangt heute noch auf einer Erinnerungstafel für die Toten der „Suevia“ am Innsbrucker Westfriedhof. Das kritisieren Kultusgemeinde und Opferverbände seit Jahren. Jetzt soll Lauseggers Name mit einem Zusatz versehen werden. „Man soll wissen, was Lausegger getan hat“, kündigt Innsbrucks BM Christine Oppitz-Plörer an. „Wir werden eine geeignete Form finden, der Auftrag wurde bereits erteilt.“ Dies sei auch Ausdruck des offenen Umgangs der seit eineinhalb Jahren amtierenden Stadtregierung mit der Vergangenheit Innsbrucks, so Oppitz-Plörer. „Nach der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle oder der Aberkennung von Sozialehrenzeichen ist dies der nächste Schritt.“
Die Vorsitzende der Kultusgemeinde Esther Fritsch begrüßt dies. „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass es hier eine umstrittene und gedankenlose Ehrentafel gibt. Ich bin froh, dass jetzt etwas passiert.“ Für den Politologen Reinhold Gärtner ist der geplante Zusatz auf der „Suevia“-Tafel nach der Errichtung des Pogromdenkmals am Landhausplatz ein weiteres wichtiges Zeichen des Erinnerns an die Ereignisse vor 75 Jahren.