Wir leben in Zeiten des Abbaus von Freiheiten aus kapitalistischen Interessen. Die ewige und umfassende Verwertung von Daten und die rücksichtslose Ausnutzung technischer Möglichkeiten zur Absicherung fraglicher Privilegien liegen mehr im Trend denn je. Wir rufen zur breiten Beteiligung an der Demonstration „Freiheit stirbt mit Sicherheit“ am 14. Dezember in Freiburg auf. Los geht’s um 14 Uhr auf dem Rathausplatz.
Die Zeiten der Bürgerrechtsbewegungen scheinen im Westen der Vergangenheit anzugehören. Nur ausnahmsweise wird aufgemuckt gegen die Datenerfassung, Geheimdienstskandale, Abkommen wie die zu ACTA oder der Vorratsdatenspeicherung.
Doch eine schlagkräftige Bewegung für eine libertäre Perspektive muss erst noch aufgebaut werden. Nach wie vor halten wir es für notwendig eine zivil-gesellschaftliche und außerparlamentarische Opposition aufzubauen, um dieser Ideologie der Scheinfreiheit zu trotzen. Allem Anschein nach wird sich jedoch in weiten Teilen der Bevölkerung gelassen auf eine transparente, saubere, gläserne Gesellschaftsform voller Vertrauen in Staat und Kapital eingerichtet.
Dabei sind die Grenzen des Wachstums und die Legitimität der ständigen Gewalt im Sinne der Obrigkeit hinlänglich in Frage gestellt worden.
* Die Grenzen werden erweitert nicht eingerissen
Die Freiheit im Kapitalismus bedeutet offenbar umfassende Überwachung im Inneren, sowie Spionage, Krieg und Abschottung nach Außen. Keine Ausnahmen lassen sich erkennen: Ein Staat bleibt ein Staat und die Abschottung wird bei der grenzenlosen Wachstumsideologie nicht Außen vor gelassen.
So werden zum Beispiel in der EU Antworten gefunden, auf die stetigen „Flüchtlingsströme", welche die ausbeuterische Außenpolitik Europas erst hervorruft. Eine der Antworten nennt sich Dublin II und wird nicht wie erhofft mit vereinzelten Protesten der Refugee-Bewegung in Hamburg oder Calais abgeschafft. Die EG-Verordnung Nr. 343 aus dem Jahr 2003 zur „Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist“ erschwert vor allem eins: Die Freizügigkeit der Menschen. Er wird zum Sinnbild einer rassistisch motivierten Asylpolitik wie sie die Bundesrepublik vor gut 20 Jahren als Vorreiter durch eine faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl implementiert hat.
Das europäische Mittel der Wahl zur Durchsetzung der Grenzen ihres Wirtschaftsraums bleibt auch nach den erneuten humanitären Katastrophen im Mittelmeer die Grenzschutzagentur Frontex. "Die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ ist eine seit 2004 operierende Behörde, deren Ziel die Bündelung militärischer und polizeilicher Kompetenzen ist, um nach effektiven Risikoanalysen die „Flüchtlingsströme“ zu lenken. Teils in Lager, teils in den Tod. Erst vor kurzem beschloss die EU die Ausweitung der Kompetenzen der extrem gewaltbetonten Frontex-Behörde - und das auch im Angesicht von tausenden Toten vor den Grenzen der Festung Europa allein im Jahr 2013.
* Der Kampf gegen Links im Name des Rechtes
Wer sich bewegt gegen diese offenkundigen Ungerechtigkeiten wird erfasst. Die Überwachungsarchitekturen richten sich primär gegen die Kritikerinnen und Kritiker des Staates, die bekanntlich links stehen. Obwohl sich nicht gerade Zeiten des Aufstandes abzeichnen, sind Monat für Monat Razzien gegen alternative Projekte, unabhängige Journalistinnen und Journalisten sowie vermeintliche kriminelle Vereinigungen und Einzelpersonen zu verzeichnen. In den letzten Jahren flogen gar Spitzel auf, die in Heidelberg, Brüssel, London und anderswo „linke Szenen“ nicht nur infiltrierten, sondern erwiesenermaßen Straftaten planten und als Rädelsführerinnen und Rädelsführer die Kriminalisierung dieser sogenannten Staatsfeinde vorantrieben.
Die Überwachungsmaßnahmen und Repressionsschläge werden zur „präventiven Aufstandsbekämpfung“ und zur Einschüchterung genutzt. Zudem verstoßen sie gegen längst erkämpft geglaubte Freiheitsrechte - von §129-Verfahren in Dresden über Razzien und DNA-Entnahmen in Mannheim zu ständigen Anquatschversuchen im Murgtal.
Besonders in Deutschland spielen die Geheimdienste noch immer eine sehr fragliche Rolle, was den Schutz der Grundrechte betrifft und machen aktiv eine Politik gegen Links. Die Verstrickung mit den Faschistinnen und Faschisten des NSU, der deutschen Sektion des KKK, der Netzwerke „Blood&Honour" und den Hammerskins werfen mehr Fragen als Antworten auf. Festzustehen scheint: Eine Bekämpfung des rechten Terrors ist den Behörden kein ernsthaftes Anliegen. Im Zweifel werden staatliche Kompetenzen noch genutzt um den Nazis das Morden zu erleichtern.
Im großen Rahmen basteln die Schreibtischtäterinnen und Schreibtischtäter noch immer am Bild der „Euro-Anarchistinnen und -Anarchisten“, die Ordnung und Sicherheit gefährden. Alles soll erfasst werden, doch die Propaganda von Geheimdiensten und exekutiven Behörden - so zum Beispiel der irwitzige Hufeisen-Diskurs - richtet sich gegen die Emanzipation und ermöglicht den Fortbestand und Ausbau rechtsradikaler Strukturen. Die internationale Kooperation der Polizeibehörden wächst stetig und vom Aufschwung der neuen Rechten will kein Mensch etwas hören.
Ideologisch zusammenführen lassen sich diese rechtsmotivierten Ansätze, die die EU-Sicherheitspolitik dominieren im Stockholm Programm. Der von 2010 bis 2014 verfolgte Repressionsbaukasten besteht aus Richtlinien für eine gemeinsame Innen- und Sicherheitspolitik der Mitgliedstaaten der EU und lässt sich keinen falls auf einen Kampf gegen Links beschränken...
* Es geht uns alle an!
Statt den technologischen Fortschritt für gesellschaftlichen Fortschritt zu nutzen wird der wirtschaftliche und ideologische Krieg bei den Behörden und in der virtuellen Welt fortgeführt. Hier gilt Rücksichtslosigkeit und das Gesetz des Stärkeren. Dies wurde zuletzt durch die Spitzeleien und gegenseitige Überwachung mutmaßlicher „befreundeter Staaten“ durch NSA und GCHQ bekannt - ist aber kein Spezifikum angelsächsischer Gattung. Die internationale Ebene der „großen Politik“ wird vielmehr von Schein und Spektakel dominiert - echte Freundschaften kann es auf dieser Ebene nicht geben, nur subtilere Formen der Kriegsführung und die Diplomatie des Truges.
Die Enthüllungen der Whistleblowerinnen und Whistleblower Manning, Snowden und weiterer couragierter „Staatsverräterinnen und Staatsverräter“ bringen täglich neue Erkenntnisse ans Licht. Die Königreiche der „Freien und Mutigen“ stehen entblößt vor den Trümmern ihrer Lügen. Der Schein bricht, wenn der Idiot aufhört, dem Schatten in der Höhle seine Aufmerksamkeit zu schenken.
Bereits vor Jahren - und noch zu Zeiten der hoch ehrwürdigen Datenschützerin Leutheuser-Schnarrenberger - bewegte sich so einiges bei den Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern. So wurde zum Beispiel die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland über Jahre hinweg scharf kritisiert und bisher - trotz entsprechender Anforderungen aus Brüssel - nicht eingeführt. Nur zivilgesellschaftlicher Widerstand verhinderte in einigen Bundesländern die Verschärfung von Versammlungsgesetzen und auch das Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen (ACTA) rief noch im Jahr 2012 zehntausende auf den Plan.
Doch Aufdeckungen zur Verlogenheit der Staaten, zum wahrlichen Ausmaß der Überwachung, sowie Widerstand gegen die Aufweichung von Datenschutz und gegen die Aushebelung von Menschenrechten bleiben die Ausnahme. Vielmehr wird der rechtliche Rahmen an die Bedürfnisse von Wirtschaft und Kontrollorganen angepasst. So ist zum Beispiel im Vorzeige-Überwachungsstaat UK neben einer umfassenden Überwachung des öffentlichen Raumes auch das Herausgeben von Verschlüsselungspasswörtern bei polizeilichen Ermittlungen Pflicht.
Die vernetzten Überwachungsarchitekturen und der schauderliche Ausbau zivil-militärischer Zusammenarbeit sollte uns nicht kalt lassen. Nichts rechtfertigt die Fortsetzung eines vertraulichen Verhältnisses zu Staaten, die eine Kultur von Angst und Misstrauen untereinander und in ihrem Innern befördern. Es geht nicht um Angies Handy - es geht um alles!
* Green City - City of Surveillance
Vom großen Rahmen zurück ins kleine hübsche Freiburg im Grießbrei. Auch hier findet eine autoritäre Entwicklung statt, nur ist der Deckmantel ein anderer. Seit die grünen Spießerinnen und Spießer an Seiten der klerikalen Demokratinnen und Demokraten am Ruder sind, hat sich so einiges getan.
Zu nennen wäre die flächendeckende privatwirtschaftliche Videoüberwachung durch die VAG, die selbstredend zur polizeilichen Aufklärung herangezogen werden kann. Die Transformation des öffentlichen Raumes und die Vertreibung von sogenannten „Randgruppen“ sind ganz im Sinne der „Green-Business-People“, welche die Gentrification als Fortschritt mit grünem Anstrich gewinnbringend verkaufen. Die Stadt soll ruhiger und sauberer werden. Nicht nur Kampagnen der Kotzbrocken von der „Nachtruhe“-Initiative werden gestützt, alles aus dem Rahmen fallende alternative, laute und bunte wird kriminalisiert - vom Straßenfest zum 1. Mai im Grün bis hin zur DownTown-Streetparty im Bermudadreieck.
Immer wieder taten sich die lokalen Behörden durch das Verbieten von Versammlungen und Protesten sowie das Niederknüppeln legitimer Protestaktionen hervor. Zwar flogen auch immer wieder korrupte Beamtinnen und Beamte bei den Polizeibehörden auf, deren Gewaltexzesse gegenüber Asylsuchenden, Demonstrantinnen und Demonstranten und angehörigen der Punkerinnen und Punker und Obdachlosen-Szenen bleiben jedoch grundsätzlich ohne Konsequenzen. Kein Wunder bei einer Provinzjustiz, die ihre Zeit mit der Verhinderung der Verfolgung von Faschisten vertut wie derzeit im zweiten Prozess gegen den gescheiterten Mörder-Nazi Stech.
Doch der strukturelle Sheriff-Kult Baden-Württembergs scheint der übergroßen rechts-Koalition nicht zu genügen. Am 26. November beschloss der Gemeinderat mit 25 zu 24 Stimmen die Einführung eines Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD). Die drohende Verwirklichung dieser privatisierten Stadtpolizei veranschaulicht die postdemokratische Geisteshaltung des Lokalparlamentes und wird nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Diese freiheitsfeindlichen Maßnahmen werden – welch Überraschung - durch die neue „Grün-Rote“ Landesregierung gestützt und gefördert. Seit Kretschmann in Stuttgart regiert wird der Ausbau der Polizeieffizienz vorangetrieben, anstatt die Rechtslastigkeit der Baden-Württembergischen Justiz und Exekutive endlich umfassend und gründlich untersuchen zu lassen. Neue Polizeigesetze werden entworfen - und zwar keine, die die flächendeckende Einführung von Totschlägern bei der Streifenpolizei rückgängig machen werden...
Ob im großen oder im kleinen - wir werden nicht länger zusehen, wie die Herrschenden sich Rathäuser für 100 Millionen Euro bauen, während Ausgrenzung und rechte Gewalt gefördert und Freiheiten abgebaut werden.
Eine Aufklärung vergangener und gegenwärtiger Verstrickungen mit dem Naziterror wird hier nicht betrieben. Vielmehr erscheint der von der CDU über Jahrzehnte kultivierte Autoritarismus als Standard-Beilage der unvermeidbaren Arroganz der Macht – egal wer regiert!
Den rechten Terror wollt ihr nicht aufklären!
Unsere Freiheiten wollt ihr mit Füßen treten!
Wir sagen euch den Kampf an; in Brüssel, in Berlin, in Stuttgart, in Freiburg und überall!
Für Freiheit und Solidarität statt Ausbau kapitalistischer „Sicherheitsarchitekturen“!
Enough is Enough!